Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Syphiloiden. 583 
wo möglich zur Heilung zu bringen suchen, damit das Kind nicht wähs 
rend der Geburt angesteckt werde. Indess darf man keine reizende und 
ätzende Topica anwenden, sondern nur milde, als Aq. Caleis, salurnina, 
oder ein Dec. Chin. mit etwas Zine. sulph. und Opium verselzt. Stark- 
ätzende Mittel provoeiren leicht Abortus. 
Syphiloiden. 
$. 354. Hierher rechnen wir gewisse endemische Krankheitsfor- 
men, die in den verschiedensten Ländern, namentlich Küstenländern, 
vorkommen und, durch ihre Aehnlichkeit mit der genuinen Syphilis 
unserer Tage auf denselben Ursprung und dasselbe Wesen hindeuten. 
Sie unterscheiden sich von der letzteren durch ihre grössere Ansteck- 
ungsfähigkeit, aber nicht sowohl mittels des Beischlafs, als vielmehr 
durch andere körperliche Berührung, Gebrauch derselben Utensilien, 
derselben Leibwäsche, Betten u. s. w. Dadurch, so wie durch manche 
ihrer Symptome, entsprechen sie theilweise mehr der Lepra, und 
manche Aerzte halten sie deswegen auch für Reste oder Reflexe des 
alten Aussatzes. 
URSPRUNG. 
$. 355. Gehen wir auf die Geschichte der Syphiloiden oder der 
endemischen Syphilisformen näher ein, so finden wir, dass sie meist durch 
Einschleppung des syphilitischen Contagiums unter einer, von Syphilis bis 
dahin wenig oder gar nicht berührten, Bevölkerung entstanden sind. So 
z. B. gibt das Volk in Schottland den Soldaten Cromwells Schuld, die 
sog. Sibbens in jene Gegend 'verpflanzt zu haben. Ueber den Ursprung 
der Radesyge gehen nach Weigel verschiedene Sagen. Sie soll in 
Calmar-Laen durch Soldaten zu Karls XII. Zeiten, in Oestergothland 
von Soldaten nach dem pommerschen Kriege (1762) eingeführt sein. Die 
holsteinische Marschkrankheit ist nach Struve und Dührssen 
zuerst 1785 bis 87 vorgekommen, wo bei Eindeichung des Kronprinzen- 
koogs syphilitische Osifriesen oder mit der Radesyge behaflete Norweger 
sie eingeschleppt. Das auf dem österreichischen Küstengebiet des adria- 
tischen Meeres einheimische Scherlievo wird, nach Michahelles, von 
österreichischen und hessischen Soldaten, die 1790 dort durchzogen, her- 
geleitet. Das beim kurischen Landvolk vorkommende Syphiloid — die 
kurländische oder französishe Seuche — leiten die letlischen 
Bauern von einem Kommando russischer Reiterei her, das 1800 sechs 
Monate im Lande stationirte und die Weiber mit Syphilis infieirt habe. — 
Albers, der die Seuche hauptsächlich in Ostpreussen und Litthauen 
beobachtete, spricht die Vermuthung aus, sie sei als ein Vermächtniss 
des russischen Heeres zu betrachten, das 1756 die dorligen Gegenden 
besetzte. — V. Deurs, der das Syphiloid in Jütland beobachtet hat, 
was vom Volke selbst als venerische oder schlimme Krankheit bezeichnet 
wird, sagt: in Vensyssel gehe die Sage, gestrandete russische Matrosen 
hätten sie dahingebracht. — Das in Kanada vor bald 70 Jahren zum 
Vorschein gekommene Syphiloid, was sich über Tausende von Menschen 
verbreitete, wurde von den Einwohnern die englische oder auch 
deutsche Krankheit genannt, weil sie von englischen und deutschen 
Truppen dahin verpflanzt sein sollte. Kurz, fast überall wird der erste 
Ursprung der endemischen Syphilis von Einschleppung und Ansteckung 
durch fremde Soldaten oder Matrosen hergeleitet, und die Uebereinstim- 
mung in diesen Angaben, wenn sie auch nicht genügend dokumenlirt sind, 
  
  
  
  
  
  
 
	        
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