Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
60 Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen. 
scheint dieselbe nach den Untersuchungen von Schuchardt gegen Su- 
blimat zu wirken. Wie es scheint, entsteht aber bei der Berührung des 
Magnesiahydrats mit dem Quecksilberchlorid eine rasche Umwandlung der 
Stoffe, so dass Chlormagnesium, welches wie Bittersalz wirkt, und schwar- 
zes Quecksilberoxydul, welches wenig einwirken kann, aus dem chemi- 
schen Processe hervorgehen. Kann man bei Vergiftungen durch Sublimat 
zu der caleinirten Magnesia seine Zuflucht nehmen, so reicht man die- 
selbe mit Wasser verrührt in fractionirten Dosen und in kürzern oder 
längern Zeitintervallen und fährt mit der Darreichung des Antidotes so 
lange fort, bis die Intoxikationserscheinungen vollkommen oder zum gröss- 
ten Theile erloschen sind. 
Ob die schwach caleinirte Magnesia mit Wasser verrührt auch gegen 
andere Metallgifte sich wirksam erweist, ist meines Wissens auf Grund 
von Experimenten bis jetzt nicht fesigestellt. Darf man indessen den che- 
mischen Theorien vertrauen, so dürfte das Magnesiahydrat auch bei vielen 
andern Metallgiften anwendbar sein. 
$. 106. 3. Oxysulphuretum ferri ec. Magnesia. Dieses Präpa- 
rat wurde von Duflos zuerst empfohlen und von Friedrich *) auf Grund 
von Experimenten an Thieren als ein gutes chemisches Antidot gegen Cyan- 
quecksilber erkannt. Man bereitet dasselbe, indem 6 Theile Salmiakgeist von 
0,97 specifischem Gewicht mit Schwefelwasserstoffgas gesättigt und darnach 
aufs Neue mit 4 Theilen derselben Ammoniakflüssigkeit versetzt werden. 
Diese ganze Flüssigkeit wird alsdann in eine geräumige Flasche gebracht 
und mit der sechsfachen Menge destillirten Wassers verdünnt, worauf 8 Theile 
aufgelöstes schwefelsaures Eisenoxydul zugegeben werden. Ist diess ge- 
schehen, so wird die Flasche mit Wasser ganz aufgefüllt und umgeschültelt, 
wobei sich das Schwefeleisen wohl ausscheidet und auf dem Boden der 
Flasche niederschlägt. Ist der Absatz vollendet, so wird die überstehende 
Flüssigkeit mit dem Heber abgenommen und der Niederschlag mit kochen- 
dem Wasser behandelt, wobei durch Decantiren das Aussüssen geschieht. 
Ist das Schwefeleisen von fremdartigen Bestandtheilen befreit, so wird das- 
selbe in luftdichtschliessenden Flaschen aufbewahrt, um davon bei Ver- 
siftungsfällen Gebrauch zu machen. Um das magnesiahaltige Präparat zu 
bereiten, mengt man kurz vor dem Gebrauche das Schwefeleisen mit 2 
Theilen gebrannter Magnesia, die mit Wasser zu einem homogenen Brei 
wohl abgerührt wird. Bringt man letzteres Präparat, welches Magnesia 
und Schwefeleisen enthält, in gehöriger Menge mit Cyanquecksilber zu- 
sammen, so entsteht Schwefelquecksilber und Magnesium-Eiseneyanür, 
welche Stoffe von dem Körper ohne sonderlichen Schaden ertragen wer- 
den. Da nun auch das Antidot für sich unzenweise ohne Schaden in die 
ersten Wege eingeführt werden kann und nach den Versuchen von Fried- 
rich das in die ersten Wege gebrachte Cyanquecksilber rasch zersetzt, 
so ist es gerechtfertigt, von dem Antidote bei vorkommender Cyanqueck- 
silber- Vergiftung Gebrauch zu machen. Leider dürfte der Benutzung des 
Antidotes entgegenstehen, dass es kaum vorräthig zu finden ist und dass 
seine Anfertigung zu viel Zeit erheischt, um davon bei vorkommender 
Vergiftung rechtzeitig Gebrauch machen zu können. 
4. Unterchlorigsaure Magnesia mit freier Magnesia. 
Dieses Präparat wurde von Duflos als chemisches Antidot des Phosphors 
empfohlen und von Bechert”*) zu Polzin bei experimenteller Prüfung an 
  
*) Preuss. medic. Vereinszeitung 1847. Nr. 27—29. 
**) Archiv der Pharmacie. 67. Bd. S. 273. 
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