Colik. 207
Colik [Colique vegetale]). Unter diesen verschiedenen Namen wurden
von einer grossen Anzahl von Schriftstellern Formen der Colik beschrie-
' ben, die nicht nur an den oben genannten, sondern auch an verschiede-
nen andern Orten in grösserer Verbreitung beobachtet wurden. Als Ur-
sachen derselben wurden bald klimatische und endemische Verhältnisse,
bald die Beschaffenheit des Wassers, der Nahrungsmittel und verschie-
dener Getränke (Aepfelmost, Aepfelwein, saure, gegohrene und geistige
Getränke) betrachtet. Segond hält die Colique vegetale für eine Neu-
. ralgie des Sympathieus.—Es ist nicht zu verkennen, dass hier ohne wei-
tere Sichtung Coliken der verschiedensten Art und Begründung zusam-
mengeworfen und ohne tieferes Eingehen als Eigenthümlichkeit gewisser
Gegenden beschrieben worden sind. Manche derselben mögen in der
That auf plötzlichen, heissen Klimaten eigenthümlichen Uebergängen der
Temperatur, auf dem übermässigen Genusse saurer oder geistiger Getränke
beruhen, wie aus den Angaben von Larrey, Thomson, Zuier, Mus-
grave, Marquand, Valleix und anderer glaubwürdiger Beobachter,
die in Fällen dieser Art die Anwesenheit von Bleiintoxikation entschieden
in Abrede stellen, erhellt, und es ist wahrscheinlich zu weit gegangen, wenn
Tanquerel und nach ihm der Verfasser des Artikels Colik in Schmidts
Enceyclopädie die colique vegetale und endemique durchaus mit der Blei-
colik identifieiren wollen. Hingegen ist nicht zu läugnen, dass eine grosse,
und vielleicht sogar die überwiegende Anzahl der als vegetabilische oder
endemische Colik beschriebenen Formen ausschliesslich der Bleiintoxika-
tion angehört. Die häufigen und an manchen Orten fast fabrikmässig be-
triebenen Verfälschungen von Wein und andern Getränken mit Bleiprä-
‚, paraten, so wie von Seite der Aerzte die mangelhafte Kenntniss der
Symptome der Bleicolik und der chemischen Untersuchungsmethoden zur
Entdeckung solcher Verfälschungen, der precäre Zustand der Gesundheits-
polizei an vielen Orten lassen die leichte Möglichkeit solcher Uebersehun-
gen hinlänglich begreifen. So herrschte 1775 zu La Rochelie eine heftige
Colik, als deren Ursache Senaec die schlechte Verzinnung des Küchen-
geräthes vermuthete. Im 18. Jahrhunderte herrschten Kolikepidemieen, die
durch Verfälschung der Weine mit Bleiglätte und Bleiweiss entstanden.
G. Backer bewies, dass die unter dem Namen Golik von Devonshire
bekannte Krankheit durch Verfälschung des dort häufig genossenen Aepfel-
weines und Aefelmostes mit Blei entstehe, dass die CGolik von Madrid
durch Bleipräparate bedingt sei, wurde schon im vorigen Jahrhunderte
von Luzuriaga und Hernandez behauptet (Schweich) u. s. w. In
der That stimmen auch, wie Tanquerel mit Recht bemerkt, die Beschrei-
bungen der Mehrzahl dieser endemischen Coliken fast vollständig mit der
Symptomatologie der Bleicolik überein.
$. 118. 9. Die Kupfereolik. Sie ist weit seltener als die Bleicolik
und entsteht meist durch die Anwendung kupferner, schlecht verzinnter
Küchengeräthe, wobei sich reines und kohlensaures, essigsaures, oxalsau-
res, vorzüglich aber fettsaures Kupferoxyd bildet. Auch manche Zucker-
bäckerwaaren und in Essig eingelegte Gurken werden nicht selten durch
Kupfersalze grün gefärbt. Ebenso entsteht sie durch Kupferdämpfe und
das Einathmen oder Verschlucken feiner Kupferpartikeln bei Handwerkern,
die mit diesem Metalle zu thun haben. Der Schmerz hat fast denselben
Charakter, wie bei der Bleicolik, er zeigt paroyxsmenweise Verstärkungen,
ohne in der Zwischenzeit gänzlich aufzuhören, nimmt meist die Nabelge-
gend ein, strahlt aber auch über den ganzen Unterleib aus. Dieser ist
meist etwas aufgetrieben und gespannt, gegen Druck schmerzhaft. Im Ge-