Stuhlverstopfung. 229
häufigen nächtlichen Pollutionen;; endlich will man selbst Ieterus durch
Compression der Gallengänge beobachtet haben. Meist leidet die Ernäh-
rung in merklicher Weise und die Kranken bekommen allmählig ein fah-
les oder gelbliches Colorit, in Folge dessen sie nicht selten für leberkrank
gehalten werden. Wird die Verstopfung nicht gehoben, so tritt endlich
eine neue Reihe von Erscheinungen ein: bei völliger Verschliessung kömmt
es zum Erbrechen, endlich zum Kothbrechen und zu, allen Symptomen der
aufgehobenen ‚Durchgängigkeit des Darmes — oder die angesammelten
Fäcalmassen bedingen Entzündungen, Geschwürsbildungen , selbst Perfora-
tionen des Darmes mit allen weiteren Folgen. Es möge hier genügen,
auf die Möglichkeit dieser Conseculivzuslände aufmerksam zu machen,
die ihre weitere Besprechung bei der Stenose des Darms, den Kothge-
schwülsten und der Typhlitis stercoralis finden werden. Uebrigens darf
nieht unerwähnt: bleiben, dass in manchen, obwohl seltenen Fällen eine
allmählige Gewöhnung des Darmes an den Reiz eintritt, und unter übri-
gens günstigen Umständen selbsi sehr bedeutende Fäcalansammlungen bei
enorm erweiterrem Darmkanale manchmal ohne besondere Beschwerde
durch lange Zeit bestehen, wie in einem merkwürdigen, von Renauldin
mitgetheilten Falle, wo durch das ganze Leben des Jahrs nur 4—6 Stuhl-
entleerungen erfolgten.
$. 154. Die objeetive Untersuchung gibt häufig sowohl bei den
leichteren als hartnäckigeren Fällen der Stuhlverstopfung nur negalive
Resultate, nicht selten aber geben sich die angesammelten Fäcalmassen
durch die Resultate der Palpation und Percussion zu erkennen. (Siehe
Kothgeschwülste.) Befinden sich dieselben im Reelum, so ist die Unter-
suchung desselben mittelst des Fingers oder eines Darmrohres noihwen-
dig. Geringere Fäcalansammlungen können sich übrigens der Erkenntniss
leicht entziehen, obwohl die durch sie bedingte Verstopfung eine sehr
hartnäckige sein kann. Oft sind nur die physikalischen Erscheinungen
der Ausdehnung des Darmes durch Luft vorhanden.
Sind zugleich andere krankhafte Zustände zugegen, SO können diese
dureh andauernde Stuhlverstopfung, so wie durch die schwierige, mit hef-
ligem Drängen verbundene Entleerung bedeutende Verschlimmerungen erT-
leiden und dabei gefährliche Folgen entstehen. So ruft längere Versto-
pfung gewöhnlich bedeutende Verschlimmerung der Symptome einer be-
stehenden Krankheit des Gehirnes, des Herzens, der Lunge, der Leber
oder des Magens, auch mancher Nervenleiden hervor, —: bei hefligem
Drängen können Zerreissungen von Aneurysmasäcken, Lungen-, Gebär-
mutter- und Hämorrhoidalblutungen entstehen.
AUSGÄNGE, PROGNOSE,
$. 155. Hat die Stuhlverstopfung einige Zeit bestanden — und diess
kann je nach der Verschiedenheit der Ursache einige Tage oder selbst
mehrere Wochen der Fall sein, ja man findet in der älteren und neueren
Literatur sogar Fälle von 4—7 monatlicher Dauer (für deren Authentieität
wir übrigens nicht unbedingt einstehen wollen) — so treten, wenn nicht
früher Kunsthilfe angewendet wurde, verstärkte Conlraclionen des Darmes
als Ausdruck der Reaction der Muskelhaut gegen die passive Ausdehnung,
die sie erfährt, ein, und es wird auf diese Weise das Hinderniss über-
wunden, oder die Fäcalmassen üben einen, zu verstärkter, wässrig-schlei-
miger Secretion führenden Reiz auf die Schleimhaut aus, durch welche
die festen Massen verflüssigt, der Darm schlüpfrig gemacht und so die
Verstopfung durch eine oft mehrlägige Diarrhöe beseitigt wird. Uebrigens
darf man nicht vergessen, dass eine derarlige, durch Reizung der Schleim-