328 Bamberger, Krankheiten des Magens.
der Nahrungsmittel und ihre allmähliche Zersetzung mit Gasentwicklung be-
dingt, für welche die Verminderung des natürlichen Tonus der Muskelhaut
alsHauptursache zu betrachten ist. Auch hier kann die Erweiterung bloss auf
den Magen beschränkt sein oder zugleich einen mehr oder weniger grossen
Abschnitt des Darms treffen! Die hohen Grade der Magenerweiterung die
nicht selten bei Krankheiten des Rückenmarks und Gehirns, bei Typhus,
Cholera, Puerperalfieber und andern besonders dyserasischen Krankheiten
vorkommen sind bekannt. Bei der Peritonitis ist überdies der locale para-
Iysirende Einfluss des Exsudates auf die unterliegende Museularis zu berück-
sichtigen. Alle Erkrankungen der Magenhäute können unter Umständen,
indem sie mehr oder weniger den Tonus der Magenwände vermindern, von
Erweiterung der Magenhöhle begleitet sein. Endlich ist auch die Hypochon-
trie und Hysterie als eine sehr häufige Quelle dieses Zustandes besonders
za erwähnen.
$. 132. Die physikalischen Erscheinungen der Magenerweiterung wur-
den bereits bei der Stenose des Pylorus besprochen, die functionellen sind
nach dem Grade der Krankheit und besonders nach der Beschaffenheit der
Schleimhaut sehr verschieden. Mässige Erweiterungen rufen häufig keine
wesentlichen Symtome hervor, in manchen Fällen zeigt sich eine krankhaft
vermehrte Esslust, eine wahre Polyphagie, indessen ist es schwer zu ent-
scheiden, in wie ferne diess als Folge und Sympiom der Krankheit zu be-
trachten sei. Häufiger scheint sie eben der Krankheit als Ursache zu Grunde
zu liegen und durch üble Gewohnheit erworben zu sein. —- Bei höheren
Graden der Krankheit, bei gleichzeitigem Mitergriffensein der Schleimhaut
stellen sich die Symptome der gestörten Verdauung, Erbrechen, Abnahme
der Ernährung und der Körperkräfte ein. Das Erbrechen ist eines der wich-
tigsten Symptome, kann aber unter Umständen auch ganz fehlen. Es er-
folgt zwar meist nur in grösseren Intervallen, fördert aber dann häufig enorme
Quantitäten zu Tage, deren Beschaffenheit sich nach den anderweitig vor-
handenen krankhaften Veränderungen des Magens richtet. Nicht selten ist
übelriechendes Aufstossen, gewöhnlich Stuhlverstopfung vorhanden. Endlich
kömmt es zu einem vollkommen paralytischen Zustande des Magens, der
sich selbst auf die stärksten Reize nicht mehr zusammenzieht, das Erbre-
chen hört auf, die Verdauung liest vollkommen darnieder und die Kranken
gehen marastisch oder hydropisch zu Grunde. Ruptur des Magens dürfte
wohl nur bei vorhandenen Complicationen vorkommen können.
$. 133. Bei gehöriger Berücksichtigung der oben angegebenen physika-
lischen Erscheinungen kann die Magenerweiterung weder verkannt, noch
mit irgend einem anderen Krankheitsprocess verwechselt werden. Fälle, wo
man den ausgedehnten Magen mit Bauchwassersucht verwechselt oder so-
gar punktirt hat, wovon Bonet und Chaussier Beispiele anführen, dürften
sich wohl heut zu Tage wo der physikalischen Untersuchungsmethode, der ihr
mit.Recht gebührende Platz am Krankenbette eingeräumt ist, kaum mehr er-
eignen können. Ebenso wenig läst sich die Krankheit mit abgesackten Ex-
sudaten oder mit Echinococcussäcken verwechseln. Auch von der, durch
Gas oder Fäcalmassen bedingten Auftreibung und Ausdehnung des Ouerkolon
lässt sie sich leicht unterscheiden, da bei dieser die charakteristische Form
des Magens, der rasche Wechsel des Pereussionsschalls bei der Lagever-
änderung, nach Speissengenuss und Erbrechen, so wie die übrigen functio-
nellen Erscheinungen der Magenerweiterung fehlen. In zweifelhaften Fällen
kann man sich übrigens durch das Einspritzen von Elüssigkeit mittelst eines