390 ‚Bamber ger, Krankheiten des Darmeanals,
PATHOLOGISCHE ANATOMIE.
S. 95. Beide Processe sind durch Rokitansky’s meisterhafte
Beschreibung allgemein bekannt. Indem hier nur die wesentlichsten Mo-
mente übersichtlich in Erinnerung gebracht werden sollen, muss bezüglich
der detaillirten Beschreibung auf dessen Handbuch verwiesen werden.
$., 96. A. DieDysenterie. Ihr Sitz ist ale. meist aus-
schliesslich der Dickdarm. Nach Rokitansky nimmt der Process von
der Vaivula Coeei nach abwärts an Intensität stetig zu, dagegen bemerkt
Virchow mit Recht, dass es besonders die Flexuren (hepatica, lienalis,
sigmoidea, Rectum) seien, in welchen die Erkrankung am intensivsten
hervortritt. In Ostindien ist nach Annesley mehr das Coecum, in Al-
gier nach Cambay mehr das Rectum uud S. Romanum ergriffen. Das
Exsudat erscheint hier vorzugsweise zuerst (und.oft auch allein) an den
in die Darmhöhle vorragenden Schleimhautfalten. Nur ausnahmsweise
breitet sich der Process über grössere oder kleinere Strecken des Dünn-
darms aus, in welchem seine Intensität dann stets eine geringere ist. —
Das dysenterische Exsudat, welchem nach Rokitansky Rölhung und
Schwellung der Schleimhaut, kleienförmige Abschilferung des Epitheliums,
manchmal auch bläschenförmige Erhebungen desselben, besonders an den
Schleimhautfalten als leichtester Grad vorangehen, zeigt sich als ein schmu-
tzig weisses, graugelbliches, grauröthliches, . von Darmcontentis und Blut
srünlich, bräunlich gelfärbies Stratum, welches nach der Dauer und Inten-
sität des Processes von einem zarten Anfluge bis zu Liniendicke wechselt
und die Oberfläche der Schleimhaut in grösserer Ausdehnung und zusam-
menhängenden Massen, die eine körnige oder schuppige Oberfläche zei-
gen, oder nur an einzelnen Stellen besonders auf der Höhe der in den
Darm hineinragenden Falten bedeckt. Es ist meist leicht abstreifbar, sel-
tener festhaftend, und zeigt sich aus abgestossenen Epithelien, amorpher
Masse, Schleim-, Eiter - und Bluikugeln "Zusammengeseizt. Die unter dem-
selben gelegene "Schleimhaut ist geröthet, blutreich, erweicht, leicht zu
einem rölhlichen Brei abstreifbar, und bildet bei stärkerer seröser Infltra-
tion des submucösen Zellgewebes warzenähnliche oder bucklige Hervor-
ragungen, die der innern Oberfläche des Darms ein unebenes, drusiges
oder hügeliges Ansehen verleihen. -In der Höhle des schlaffen, erweiterten,
in seinen Häuten durch seröse Infiltration des submucösen Stratums- und
der Muskelhaut verdickien Darms findet sich eine faule, blutige oder
eitrige, je nach dem Ueberwiegen eines dieser Bestandiheile verschieden
gefärbte Flüssigkeit. Gleichzeitig finden sich die solitaeren Darmfollikel ge-
schwellt und vorragend, oder bereits in Geschwürsbildung begriffen. Nimmt
der Process nicht den ganzen Dickdarm ein, so findet sich die Schleim-
haut in seiner Umgebung gewöhnlich im Zustande des Catarrhs.
Im weiteren Verlaufe wird das Exsudat entweder in kleineren (den
Darmeontenlis sich beimischenden) Partikeln, manchmal selbst in Form
srösserer membranöser oder röhriger Massen abgestossen und die Schleim-
haut kehrt allmählig zu ihrer normalen Beschaffenheit zurück — oder es
zerlliesst eitrig, oder jauchig, und die Schleimhaut, manchmal auch die
übrigen Membranen unterliegen ebenfalls dem Processe der Zerstörung.
Die Schleimhaut wird in einen dunkelrothen bis schwarzbraunen, oder
schmutzig-graugrünen Schorf verwandelt, oder sie zeigt sich zu einer
schwarzen, wie verkohlten Masse entartet, sie wird als solehe manchmal
in Form röhriger Lappen abgestossen, dadurch der von einer blutig serö-
sen oder jauchigen Flüssigkeit inältrirte, von Blutgefässen mit verkohltem