| MEiSterhafe
Est No-
Ruhr. 391
Inhalte durchzogene oder fetzig zerstörte und missfärbige submucöse Zell-
stoff blosgelegt, auf welchem inselförmig zerstreut aufsitzend noch einzelne
Ueberresie der Schleimhaut erscheinen die selbst von noch nicht ge-
schmolzenen Exsudalmassen bedeckt, oder theilweise von Follicularge-
schwüren zerstört sind. Auf diese Weise entsteht das unregelmässige,
meist über eine grössere Fläche ausgedehnte dysenierische Geschwür,
das oft genug zu den furchtbarsten Verwüstungen des Darmkanals und
zu Perforation desselben führt. Der meist collabirte, manchmal in seinen
Häuten geschrumpfte Darm, dessen Peritonäalhaut sich häufig entfärbt,
glanzlos, injieirt oder selbst von einem eilrig oder jauchig zerfliessenden
Exsudate bedeckt zeigt, enthält nun eine im höchsten Grade stinkende,
grünlich, bräunlich oder blutig gefärbte jauchige Flüssigkeit.
Trat nicht der Tod schon früher ein, oder erfolgte er nicht durch
die Aushreitung, besonders aber die Verjauchung der Geschwüre, so kön-
nen die dysenterischen Geschwüre heilen, indem das blosgelegte submucöse
Gewebe sich allmählig in ein serös-fibröses Narbengewebe umwandelt,
das bei ausgedehnten Geschwürflächen manchmal durch seine Schrum-
pfung eine Verengerung des Darmrohrs herkeiführt. Nicht selten aber
werden, nachdem das dysenterische Exsudat mit grössern oder geringern
Substanzverlusten der Schleimhaut abgestossen wurde, die übriggebliebenen
Reste der Schleimhaut der Sitz einer chronischen ceatarrhalischen Entzün-
dung oder der Verschwärung ihrer Follikel und es wird die Krankheit
dadurch zu einem lenteseirenden Darmeatarrhe oder einer Darmphthise,
diese heilt nun mit Schrumpfung des Darmrohrs, Substanzverlusten und
dunkler Pigmentirung der übriggebliebenen Schleimhaut, oder es werden
durch sie Abscesse und Fistelgänge zwischen den Darmhäulen, umschrie-
bene Entzündungen des Peritonäum, Perforationen des Darms, Zellgewebs-
entzündungen und Vereiterungen besonders um das Coecum und Reetum
mit den verschiedensten Ausgängen bedingt.
$. 97. B. Die Follicularverschwärung. Ihr Sitz ist eben-
falls der Diekdarnı und zwar besonders der unterste Theil desselben:
Colon descendens und Rectum, von wo sie nach aufwärts zu gewöhnlich an
Intensität abnimmt. Nur selten zeigen sich auch die solitären Drüsen des
Dünndarms ergriffen. Die Krankheit besteht in einer Entzündung der
Dickdarmfollikel*), die anfangs als stecknadelkopf- oder hirsekorngrosse
von einem Gefässkranze umgebene, über ‘die Schleimhautfläche hervor-
springende Knölchen erscheinen, die eine glasartig durchsichtige Flüssig-
keit enthalten. Bald trübt sich dieser Inhalt und nimmt ein puriformes
Ansehen an, endlich durchbricht der Eiterherd die Schleimhaut, entleert
seinen Inhalt auf deren Fläche nnd hinterlässt ein Geschwür, das die
runde Form des allmählig vollkommen vereiterten Follikels hat, dessen
Ränder von einem schlaffen, abgehobenen, blassen oder schiefergrauen
Schleimhautrande, und dessen Basis von dem blassen, blutig - suffundirten
oder dunkelpigmentirten Zellgewebe gebildet werden. Indem das Ge-
schwür sich allmählig durch Zerstörung der Schleimhaut und durch Zu-
*) Wedl (Pathol. Histolog. pag. 260) bezweifelt, dass der Sitz dieser Entzündungen
wirklich die Darmfollikel seien und scheint denselben mehr in der Schleimhaut im
Allgemeinen zu suchen. — Wir müssen gestehen, dass wir die allmähligen
Uebergänge von kaum bemerkbarer Vergrösserung und Inhaltstrübung der Dick-
darmdrüsen bis zur Geschwürsbildung in den Mittelgliedern so häufig zu beobach-
ten Gelegenheit hatten, dass wir uns nicht entschliessen können, ohne weitere Be-
weise jene Ansicht zu theilen.