Mercurielle Entzündung. 31
der diphtheritischen an sich trägt. Diess geschieht manchmal so schnell,
dass das vorausgehende catarrhalische Stadium leicht übersehen werden
kann. Die Schleimhaut erscheint nun entweder stellenweise oder in gros-
ser Ausdehnung von einer dicken, weiss- oder graugelblichen oder gelb-
lichgrünen, manchmal auch hie und da durch Blut bräunlich gefärbten,
zähen oder schmierigen Exsudatmasse und zwar besonders am Zahnflei-
sche, der innern Wangen- und Lippenfläche, der Zunge, bedeckt. Meist
beginnt die Exsudation an der Zunge und selbst in jenen Fällen, wo die
ganze übrige Schleimhaut nicht das Stadium der catarrhalischen Entzün-
dung überschreitet, überziehen sich doch die, an den Seitenrändern der
Zunge, durch die Zähne bedingten facetlirten Eindrücke mit einem leichten
eroupösen Exsudate. Die unter dem Exsudale befindliche Schleimhaut ist
in hohem Grade hyperämisch, angeschwollen, leicht blutend, ihr Epite-
lium manchmal in Bläschenform erhoben. Auch die übrige nicht von Ex-
sudat bedeckte Sclileimhaut, namentlich der vordern Partie der Mundhöhle
befindet sich in demselben Zustande der Hyperämie, Anschwellung und
Auflockerung. Die lividen, leicht blutenden Zahnfleischränder stehen noch
mehr von den Zähnen ab, als im ersten Stadium, die Zähne und ihre Zwi-
schenräume sind von einem gelblichgrauen, schmierigen Ueberzuge fast
ganz bedeckt, die letzteren nehmen baid eine bräunliche oder schwärzliche
Farbe an und sitzen so locker in den Alveolen, dass man sie ohne Mühe
mit den Fingern herausziehen kann, der üble Geruch und die Salivation
haben zugenommen, die mit einem dicken, theils aus Exsudat, theils aus
Schleim bestehenden Ueberzuge bedeckte Zunge ist oft so sehr ange-
schwollen, dass sie um ein Beträchtliches an Breite, Dicke und Länge zu-
genommen hat, die ganze Mundhöhle ausfüllt, und an den Seitentheilen
tiefe Eindrücke von den Zähnen annimmt, die später leicht in Geschwüre
übergehen. Oft ragt ein beträchtlicher Theil derselben aus der Mundhöhle
hervor, der Ueberzug derselben verirocknet bald zu einer bräunlichen,
dicken, rissigen Kruste, und aus den offenen Mundwinkeln fliesst ununter-
brochen das zähe, wässrige Secret der Mundhöhle über das Kinn herab.
Das Schlingen, Kauen und selbst das Sprechen sind nun fast gänzlich un-
möglich, der Schmerz bei jeder Bewegung der Zunge, beim Versuche zu
schlingen, bei jeder Berührung und selbst beim Contacte der mildesten
Flüssigkeiten ausserordentlich heftig, manchmal treten selbst suffocative
Anfälle ein, die Entzündung pflanzt sich auf die Eustachische Ohrtrompete
fort und das Gehör leidet. Die Parotiden, die Submaxillardrüsen und oft
die Halsdrüsen sind angeschwollen und schmerzhaft und selbst das Ge-
sicht manchmal aufgedunsen. — Nebst diesen örtlichen Erscheinungen
sind häufig, vorzüglich im Beginne der Krankheit Fieberaufregungen vor-
handen, nicht selten aber, besonders im weitern Verlaufe zeigt der Puls
irotz der Schwere des Leidens die gewöhnliche Frequenz. Gewöhnlich
klagen die Kranken über Kopfschmerz und Brechneigung, der Stuhl ist
verstopft, seltener sind Diarrhöen vorhanden, der Schlaf ist gestört oder
ganz unmöglich, das Gesicht ist blass und drückt ein tiefes Leiden aus,
die Hinfälligkeit hat einen hohen Grad erreicht.
Oft bilden sich durch Schmelzung des auf die Oberfläche der Schleim-
haut abgelagerten, oder in ihr Gewebe infiltrirten Exsudats Geschwüre
(mercurielle Geschwüre), am häufigsten an solchen Stellen, die einem Drucke
von Seite der Zähne ausgesetzt waren, an den Rändern und an der Ober-
fläche der Zungenspitze, an der innern Wangenfläche und den Lippen,
manchmal am Zahnfleische. Sie haben unregelmässige, leicht blutende
Ränder, einen schmutziggrauen oder graugelblichen speckartigen Grund,