Symptomatologie. 513
der Leber eomprimirt oder unwegsam gemacht werden, bedingen eine
mechanische Stase in allen die Pfortader zusammensetzenden Venen bis in
ihre Capillarität. Hieraus erklären sich viele Erscheinungen, die sowohl
in diagnostischer Beziehung als zur Beurtheilung des Leichenbefundes von
grosser Wichtigkeit sind. Durch diese mechanische Stase wird zunächst
eine Blutüberfüllung und Anschwellung der Milz bedingt, die manchmal
einen so bedeutenden Grad erreicht, dass diese bis zum Sechsfachen ihres
Normalvolumens und sogar noch mehr vergrössert erscheint. Ihr Paren-
chym wird dabei gewöhnlich dichter und fester, seltner erscheint es auf-
gelockert und von breiiger Consistenz. Das Peritonäum in seiner ganzen
Ausdehnung oder stellenweise zeigt häufig eine reiche Injection seiner Ge-
fässe, und wird hierdurch zu allgemeinen und partiellen, acuten oder
chronischen Entzündungen, die zur Ablagerung eines verschieden gestal-
teten, flüssigen »oder festen Exsudats mit seinen weitern Metamorphosen,
zu Trübungen, Verdichtungen und Verwachsungen des Bauchfells führen,
geneigt. Dieselbe Hyperämie macht sich auf der Schleimhautfläche des
Intestinaltractus, in seiner ganzen Ausdehnung oder auf einzelne Theile
desselben beschränkt, geltend, sie führt zur Verdieckung, Wulstung und
blenorrhoischen Seeretion desselben, manchmal zu haemorrhagischen Ero-
sionen und Blutextravasaten in das Gewebe der Schleimhaut und zu
Haemorrhagieen in die Höhle des Magens und Darmkanals, durch welche
nieht selten enorme Quantiläten Blutes durch Erbrechen und Stuhl ent-
leert werden. Es können somit Blutungen bei Leberkrankheiten eben so
wohl aus dem eben angegebenen als aus dem früher erwähnten Grunde
(durch Blutdissolution) enisiehen und es ist im concreten Falle beinahe
niemals schwierig zu bestimmen, welches von beiden der Fall sei. Die
Erweiterung und Siase in den Venen des plexus haemorrhoidalis führt
zur Entstehung von Haemorrhoidalknoten und allen damit in Verbindung
stehenden Störungen und Veränderungen, besonders zu Blutungen, Ent-
zündungen des. Zeligewebs um den Mastdarm, Blenorrhoe des Reetum.
Die Störungen, die durch diese mechanische Stase bedingt sind,
werden häufig dadurch beseitigt oder vermindert, dass durch Ausdehnung
jener Venenäste, die die Communication zwischen Pfortader und unterer
Hohlvene vermitteln, ein Theil des sich anstauenden Blutes der letzteren
zugeführt wird. In seltenen Fällen, wo die Umbilicalvene nicht obliterirt
ist, kömmt es zur Entstehung eines an den Bauchdecken sichtbaren Col-
lateralkreislaufes in Form des sogenannten Medusenhauptes. — Die Er-
weiterung der oberflächlichen Bauchdeckenvenen hingegen, die eine Ver-
bindung zwischen der aus der Vena cruralis stammenden Vena epigast-
riea und der Vena mammaria oder den Intercostalvenen vermitteln, zeigt
sich nur da, wo durch die Leberkrankheit starker Asciles und durch
diesen Druck auf die untere Hohlvene entsteht. Die Bedeutung dieses
Symptoms für Leberkrankheiten ist daher nur eine mittelbare. (Die ge-
naueren Verhältnisse des venösen Collateralkreislaufs siehe vei der in-
terstitiellen Leberentzündung.)
Genügen diese Mitlel nicht, den Kreislauf hinreichend herzustellen
und die Siase zu vermindern, so kömmt es zur Transsudation einer nicht
‚entzündlichen serösalbuminösen Flüssigkeit in den Bauchfellsack (Aseites)
von oft enormer Quantität — einem der wichtigsten Symptome bei Leber-
krankheiten. Ein solcher bloss auf die Bauchhöhle beschränkter Flüssigkeits-
ergussist steis von wichtiger diagnostischer Bedeutung, da er ausser bei Leber-
krankheiten nur noch bei wenigen andern Veränderungen (Krebs, Tuber-
eulose, chronische Entzündung des Bauchfells) vorkömmt. Ausser diesen,
durch locale Verhältnisse bedingten, kömmt es aber bei Leberkrankheiten