640 Bamberger, Krankheiten der Leber.
Ist die Umbiliealvene nicht obliterirt, so kömmi es zur Entstehung eines
Collateralkreislaufs in Form des Medusenhauptes, sonst zeigen sich nur
die oberflächlichen Bauchyenen nach dem Grad des Ascites mehr oder we-
niger erweitert. Icierus sak ich bisher bei dieser Förm in der Mehrzahl
der Fälle, in zwei Fällen hatte derselbe sogar den höchsten Grad erreicht.
(Melasicterus.) Der Verlauf der Krankheit ist gewöhnlich ein sehr lang-
samer, mehrere Monate dauernder, sie beginnt meist mit unbestiimmten Be-
schwerden, dumpfem Schmerz in der Lebergegend, deraber auch vollkommen
fehlen kann, allmählig entwickelt sieh Ieterus und Aseites. Der Verlauf
ist gewöhnlich vollkommen fieberlos. Manchmal treten intereurrirende,
umschriebene oder allgemeine Entzündungen des Bauchfells hinzu. Wei-
terhin schwilli gewöhnlich die ganze untere Körperhälfte oedematös an,
das Volumen der Leber wird allmählig kleiner, die Kranken magern in
hohem Grade ab und sterben im marastischen Zustande, durch allgemeinen
Hydrops, durch intercurrirende Entzündungen und Complicationen, oder unter
den Erscheinungen der Cholaemie.
Auch die gelappte Leber, wenn sie zu hohen Graden entwickelt ist,
gibt dieselben Erscheinungen, geringere Grade derselben hingegen, geben
sich gewöhnlich durch gar keine Symptome kund.
Aus der Berücksichtigung der angeführten Symplome und desKrank-
heitsverlaufes, erhelli dass beide mit den bei der Lebereirthose vorkom-
menden fast vollkommen identisch sind. Die differentielle Diagnose zwi-
schen beiden gehört auch in der That zu den grössten Schwierigkeiten,
ja sie ist häufig unmöglich, Ein wichtiges differentielles Moment ist die
Berücksichtigung der aetiologischen Verhältnisse — des Missbrauchs der
Spirituosa für die Cirrhose, etwa vorhandene Geschwülste an der untern
Leberfläche, Entzündungen, Vereiterungen u. s. f. im Bauchraum für die
letztere. Die physicalische Untersuchung der Leber liefert einen weitern
Anhaltspunkt: bei der adhaesiven Pfortaderentzündur g erreicht die Leber
niemals die Grösse und Härte, wie bei der interstitiellen Leberentzündung
im ersten Stadium. Im weiteren Verlaufe schrumpfen allerdings beide,
hat man aber Gelegenheit den Kranken längere Zeit zu beobachten, so
kann man aus einer ziemlich raschen und weit gediehenen Verkleinerung
stets mil mehr Wahrscheinlichkeit aufLebereirrhose schliessen.
2) Die suppurative Pfortaderentzündung zeigt dieselbe Aehnlichkeit
mit der suppurativen Leberentzündung, wie die adhaesive Form mit der
Cirrhose. Da in der That bei der suppurativen Form dieserKrankheit sich
häufig Abscesse in derLeber bilden, so ist es sehr schwer, die Symptome
die der einen oder der andern angehören, von einander zu trennen. —
Das Volumen der Leber erscheint bei dieser Form fast steis srösser, doch
scheint diess meist von der gleichzeitigen Abscessbildung in der Leber ab-
zuhängen. Die vergrösserte Leber ist sowohl spontan, als beim Druck in
‚verschiedenem Grade schmerzhaft. Der von Schönlein als diagnostisch
wichtig angesehene Schmerz zwischen Schwertknorpel und Nabel scheint
wohl nur ansnahmsweise vorzukommen und eben durch die Eigenthümlich-
keiten des Schönlein’schen Falles (abgesacktes Exsudai zwischen einer
Dünndarmschlinge und dem Colon iransversum) bedingt gewesen zu sein.
Wenigstens fehlte er in mehreren Beobachtungen von Waller und von
mir selbst. Dagegen wurden in diesen Fällen Schmerzen im Epigastrium,
in der Lumbal- und Sacralgegend beobachtet. Dass es möglich sei, die
durch Erweiterung des Pfortaderstammes bedingte Gesehwulst durch die
Palpalion zu entdecken, möchte ich bezweifeln. leterus ist sewöhnlich
vorhanden, doch ist er selten so intensiv, wie bei der vorhergehenden