86 Bamberger, Krankheiten der Mund- und Rachenhöhle.
durchgreifend beantworten. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass in
den leichteren Formen und besonders bei der idiopathischen Parotitis vor-
zugsweise das umhüllende und interstitielle Zellgewebe nebst den kleinen
umgebenden Drüsen der Sitz der Entzündung sei, während das eigentliche
Drüsengewebe wenig oder vielleicht gar nicht leidet. Natürlich gelangen
solche, fast stets günstig verlaufende Fälle nur durch einen besonderen
Zufall zur anatomischen Untersuchung. Ebenso gewiss ist es hingegen,
dass in den schwereren, besonders metastatischen Fällen die ganze Drüse
in ihrer Totalilät auf die angegebene Weise von den Producien der Ent-
zündung durchtränkt und mehr oder weniger entarlet bis ganz zerstört
ist. Dass es zwischen diesen Extremen eine Menge Zwischenstufen geben
mag, lässt sich a priori und nach dem verschiedenen Intensitätsgrade der
Krankheit vermuthen.
FORMEN UND URSACHEN DER KRANKHEIT.
$. 135. D) Die idiopathische Parotitis (Parotitis polymorpha,
epidemica, psyclica, Ziegenpeter, Bauernwetzel, Mumps) ist eine ziemlich
häufige, selbstständige Krankheitsform, die theils sporadisch, theils in epi-
demischer oder endemischer Verbreitung erscheint. In den sporadischen
Fällen scheint meist Verkältung die Ursache der Krankheit zu sein, viel
seltener liegen ihr Verwundungen und mechanische Einwirkungen zu Grunde.
Was die epidemische Form betrifft, um deren Geschichte Eisenmann
sich besondere Verdienste erworben, so sind die hier zu Grunde liegen-
den Ursachen, wie bei allen epidemischen Krankheitsformen uns unbe-
kannt, doch dürften auch hier atmosphärische Einflüsse mit Wahrschein-
lichkeit als Grund anzusehen sein. Manche dieser Epidemieen erscheinen
gleichzeitig oder in naher zeitlicher und örtlicher Beziehung zu exanthe-
matischen, catarrhalischen und typhösen Epidemieen, und man hat desshalb
von einer calarrhalischen, erysipelatösen, rheumatischen u. s. w. Form der
Parotitis gesprochen, eine Anschauungsweise die der jetzt herrschenden
fremd ist, obwohl aus jenem Umstande vielleicht auf eine gewisse Aehn-
lichkeit in der ursächlichen Begründung jener Processe und der Parotilis
geschlossen werden kann. Die eben erwähnte Beziehung und wohl auch
Verwechslungen mit der metastatischen Form mögen Veranlassung gege-
ben haben, die Parotitis als Ausdruck und Localisation eines tiefer liegen-
den, durch epidemische Verhältnisse bedingten Allgemeinleidens anzuse-
hen. Selbst in der jüngsten Zeit betrachten Rilliet und Barthez, von
welchen der erstere eine der ausgedehntesten Epidemieen der Krankheit
in Genf beobachtete, die Parotitis als eine allgemeine Krankheit, verwandt
mit den exanthematischen Fiebern, weil sie wie diese epidemisch auftritt,
nur einmal im Leben befällt, contagiös ist und Metastasen macht. Das
Gewicht dieser überdiess zum Theil problematischen und unerwiesenen
Gründe ist jedoch keineswegs gross genug um in der Krankheit etwas
anderes als eine unter Umständen durch allgemeine oder Witterungsein-
flüsse bedingte locale Entzündung zu sehen.
Die sporadische sowohl als die epidemische Parotitis kömmt vor-
zugsweise im jugendlichen und Mannesalter vor, bejahrte Personen und
kleine Kinder werden seltener von ihr befallen, ebenso ist ihr das männ-
liche Geschlecht häufiger als das weibliche unterworfen, jedoch zeigen
manche Epidemieen in diesen Beziehungen Abweichungen. Die von man-
chen aufgestellte Behauptung der Contagiosität beruht wohl auf der ge-
wöhnlichen Begriffsverwechslung zwischen Contagium und Epidemie.
Die Krankheit erscheint am häufigsten im Frühjahr und Herbste, bei
nasskalter, veränderlicher Witterung. In feuchten, neblichen und Küsten-
gege
der