WOHNHÄUSER VON SCHÜLERN SCHINKELS
WOHNHÄUSER VON SCHÜLERN SCHINKELS
Mammonstraße 8—10
In dem gleichen Nachlaß stößt man auf zwei Haus-
zeichnungen, die auch aus dem Jahre 1820 stammen
müssen und unmittelbar unter den Augen Schinkels
entstanden sind: die Häuser in der Mammonstraße 8
bis 10. In den Akten des Stadtarchivs ist zu den Imme-
diatbauten von 1821 der Neu- und Ausbau von fünf
Hintergebäuden, die äußerlich drei Fassaden bilden,
erwähnt. Demgegenüber stellen die Akten der Oberbau-
deputation den Neubau von vier Häusern am 21. Juni
1821 fest, ein Kostennachweis liegt nicht bei. Trotzdem
ist an dem Neu- und Ausbau nicht zu zweifeln; wie der
Augenschein lehrt, ist das Haus Nummer 11 nur aus-
gebaut und mit einer neuen Giebelstube versehen
worden, die Doppelhäuser Nummer 8, sowie Nummer 9
und 10 weisen eine fortlaufende Schauseite entsprechend
Zillers vorhandenen Entwürfen auf. Da in den Etats
der folgenden Jahre, wie es sonst bei anderen auf längere
Zeit verteilten Bauten üblich ist, der Mammonstraße
nicht mehr Erwähnung getan wird, so müssen die Ent-
würfe frühestens von 1820 stammen, 1821 aber tat-
sächlich ausgeführt sein. Die ursprünglich an ihrer
Stelle vorhandenen Gebäude waren Fachwerkbauten
Friedrich Wilhelms I. Die Gebäude aus der Zeit des
Soldatenkönigs haben wir uns nach dem Vorbilde der
noch, seit 1720 etwa, stehenden Nummern 12 und 13
der Mammonstraße als zweigeschossige Fachwerkbauten
mit Mansarddach zu denken. Sie müssen ziemlich ver-
fallen gewesen sein, ebenso wie das Eckhaus Breite
Straße 8/Mammonstraße 7, das bereits 1819 wegen
Baufälligkeit abgebrochen werden sollte, obwohl es
noch nicht hundert Jahre stand. Der König Friedrich
Wilhelm III. wünschte eine monumentalere Gestaltung
der Straßen am Lustgarten, daher ließ er 1822 auch vier
unschöne Hintergebäude zwischen Lustgarten- und
Stafettenreitergasse an der Priesterstraße umbauen.
In der Mammonstraße zeichnete sich die Nordseite
durch friderizianische Fassaden von 1753, 1756, 1781,
1785, 1790 aus. Die Südseite sollte nunmehr ein Gegen-
stück dazu bilden. Das Doppelhaus Mammonstraße 8
weist eine Breite von acht Achsen auf. Der später
angesetzte Balkon vor dem vierten Fenster von rechts,
dem fünften demnach von links, stört erheblich die
Ebenmäßigkeit der Wirkung. Über dem glatten sechs-
fenstrigen Kellersockel erhebt sich das Untergeschoß,
das an den Ecken ungequaderte glatte Vorsprünge zeigt.
Die Mitte zwischen den Haustüren in den Vorsprüngen
nehmen sechs einfach in die waagerecht gequaderte
Rustika eingeschnittene Fenster ein, über denen die
Quaderung aus der waagerechten in eine lotrechte
Fugung übergeht. Das oben und unten gegliederte
Hauptgurtgesims greift auf die Vorsprünge über und
bildet mit der Wandfläche oberhalb der Tür eine Art
Türsturz. Das Obergeschoß erhält eine bescheidene
Gliederung durch einen Friesstreifen, der auf dem
Gesimse sockelartig zu stehen scheint. Darüber sind die
acht oberen Fenster angeordnet. Ihre gegliederten
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Rahmen erheben sich über den heraustretenden Sohl-
bänken. Die Krönung bildet das bekannte Schinkelsche
nur wenig überhöhte Verdachungsgesims. Das Dach
ist ganz ähnlich wie an Kanal 21-22 sacht geneigt und
ist mit seinen Ziegeln oben sichtbar. Man hat also im
wesentlichen die Gliederung des Happe-Röhrichtschen
Hauses, wenn auch in einfacherer Form angewandt.
Reicher wirkt die Gliederung des Nebenhauses 9/10.
An dieser Stelle ist eine noch stärkere Wirkung der
Fenstergestaltung jenes Musterbaus zu verspüren. Das
Doppelhaus Nummer 9/10, ungleich aufgeteilt, sollte
eine starke Umrahmung seiner neun Achsen erhalten.
Die beiden Haustüren sind dem gesamten System so
eingefügt, daß sie drei Fenster in der Mitte einschließen
und rechts, beziehungsweise links neben sich je zwei
Fenster haben; sie unterbrechen an diesen Stellen den
niedrigen Sockel des Gebäudes, der sieben längliche
rechteckige Kellerfenster aufzeigt. Zehn dorische Wand-
pfeiler gliedern den Unterstock, die Fenster bleiben ohne
Rahmen im glatten Verputz der Wand. Über den Pfei-
lern läuft ohne Querbalken ein breiter bandartiger Fries
mit stark gegliedertem Hauptgesims über die ganze Schau-
seite hinweg. Er ist Träger der eigenartigen Fenster-
umbauten, die zwischen den zehn oberen Pfeilern her-
vortreten. Ein Sockel mit Untersatz leitet zur Sohlbank
des Fensters; ihr Gesims greift rechts und links so auf
die Wandfläche über, daß auf ihm dorische Wandpfeiler
angebracht werden konnten. Sie stützen einen mit
einem gegliederten Dreiecksgiebel gekrönten Haupt-
balken. Unter dem Dache verläuft ein dreigeteiltes
Kranzgesims, das aber von den Pfeilerkapitälen unter-
brochen wird (Abb. 65).
An den drei oberen Fenstern des Hauses Nummer 9 ist
der alte Zustand aller Fenster mit der ehemaligen
Sprossenteilung in acht Fächer, dem Querbalken in der
Mitte der Mittelstütze, erhalten. Und diese Mittel-
stütze läuft von unten nach oben durch in Gestalt einer
Holzsäule mit einfachem kelchähnlichen Knauf. Da-
mit ist eine dreifache Stützung der Fensterverdachung
erzielt. Durch die Fensterumbauten und die Pfeiler
wird hier an diesem bewußt komponierten Gegenstück
zum Nebenbau trotz der beiden Waagerechten an den
Gesimsen die Senkrechte so stark betont, daß sie in
angenehmem Gegensatz zu der daneben befindlichen
waagerechten Gliederung tritt. In beiden Gebäuden
dürfen wir ein unter der Leitung Schinkels und nach
seinem Vorgang entwickeltes System eindrucksvoller
Gestaltung von Straßenfronten sehen, die den Ver-
gleich mit dem friderizianischen Hause Mammon-
straße 5 wohl aufnehmen und aushalten konnten.
Haus in der Schockstraße 30/31.
Die Art der Formgebung von Mammonstraße 8
kehrt an anderen Häusern wieder, wohl am schönsten
am Hause Schockstraße 30/31. Die Nachweisung der
1834 auszuführenden Bauten in den Immediatbauakten
des Magistrats bezeichnet die alten Häuser im Eigentum