Full text: Potsdam ([Band 1])

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DIE ST. NIKOLAIKIRCHE 
Abbruch der Kirchenruine als dringend notwendig, weil 
dadurch 2 500 000 Steine billig für das Theater gewonnen 
würden, die Arbeit wurde sogleich ins Werk gesetzt. 
Somit war etwa gegen die Mitte des Jahres 1796 die 
Frage nach der Wiederherstellung der Kirche unter 
Benutzung des alten Mauerwerks gegenstandslos ge- 
worden, der Weg für einen völligen Neubau war frei. 
Ein Entwurf Friedrich Gillys fällt in dieses Jahr. Die 
Zeichnung ist nicht bekannt, jedoch ein Kupferstich da- 
nach befindet sich im Märkischen Museum zu Berlin und 
ist bezeichnet: Friedrich Gilly inv. 1796, Schinkel del. 
1801, Wachsmann sculps. (Katalog der Akademie- 
ausstellung 1801, Nummer 454 «Kirche».) Aus dem 
Entwurfe Gillys ist ohne weiteres nicht zu erkennen, 
daß es sich um einen Ersatzbau für die St. Nikolaikirche 
Potsdams handelt. Die in der Umgebung der Kirche 
dargestellten, mäßig hohen Dreistockhäuser sind nämlich 
nur schematisch angedeutet. A. Oncken brachte daher 
den Stich vermutungsweise mit dem Bau der Werder- 
schen Kirche zu Berlin in Verbindung. 
Es läßt sich aber nachweisen, daß es sich hier tat- 
sächlich um die St. Nikolaikirche handelt. Abgesehen 
davon, daß die Angabe Templum Flammis Destructum 
und die Jahreszahl 1797 für Potsdam zutreffen, gibt 
es einen aquarellierten Entwurf aus dem Besitz der 
Architektenfamilie Krüger (früher Besitz Dönhoff, jetzt 
Kania), der mit dem Stich nach Gilly vollkommen 
übereinstimmt (Abb. 3). Es ist wohl sicher, daß er auf den 
Sohn des bekannten Potsdamer Baumeisters, des Ober- 
baurats Andreas Ludwig Krüger, Karl Krüger, zurück- 
geht, der ein Gilly-Schüler war. Wir haben in dem Blatt 
eine Übungsarbeit des werdenden jugendlichen Archi- 
tekten zu sehen. Auch auf dieser Darstellung sind die 
Häuser des Alten Marktes schematisch behandelt, aber 
vor dem Gebäude steht der, wenn auch ins Klassizisti- 
sche etwas hineinstilisierte, so doch deutlich als solcher 
erkennbare Obelisk Knobelsdorffs. Das hinten quer 
gebaute Gebäude, wie man es nach Gilly ansehen konnte, 
erscheint auf Krügers Zeichnung in größerem Maßstab, 
mehr als ein Seitenrisalit mit großem Bogenfenster im 
Halbkreis, hinter dem der Rest des Baus eben nicht 
mehr zu sehen ist. Den vorderen Querbau hätte man 
sich als eine Halle ohne Fenster, die von innen ihr Licht 
empfängt, zu denken, in der Mitte würde ein Gewölbe- 
system auf Pfeilern und eine Flachkuppel mit Oberlicht 
anzunehmen sein, an das sich nach hinten der Altar- 
raum anschließt. Allerdings könnte man auch an 
einen pantheonähnlichen Innenraum denken, wie das 
A. Oncken in Anlehnung an ein von Gilly in anderen 
Skizzen angewandtes Motiv bei einem Badehaus 
(Tafel 56a—c) annimmt, indessen scheint die Seiten- 
beleuchtung durch das Halbkreisfenster dagegen zu 
sprechen. Wie dem auch sei — beim Fehlen des Grund- 
risses ist eine endgültige Entscheidung nicht möglich —, 
Gilly beabsichtigte, für die verschwundene Nikolaikirche 
einen großartigen Ersatz zu schaffen unter Aufgabe einer 
Turmanfügung, und es wird sich zeigen, daß sein Schüler 
Schinkel im Jahre 1826 bei dem sechsten seiner Erst- 
entwürfe für die Nikolaikirche auf das unvergeßliche 
Vorbild seines Lehrmeisters, das er einst selbst für den 
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Stich Wachsmanns 1801 gezeichnet hatte, unmittelbar 
zurückgriff. Ebensowenig wie jene erwähnten Pläne 
Boumanns gedieh nun der Gillysche zur Ausführung, 
ja, es kann bezweifelt werden, ob er je dem König zu 
Gesicht kam. 
Das Jahr 1797 brachte die schwere Erkrankung 
Friedrich Wilhelms II.; die Wiederherstellung der 
sogenannten Brandhäuser war eben erst begonnen, die 
Königshauptwache wurde durch Andreas Ludwig Krü- 
ger beendet, und schon erwuchsen neue, sehr erhebliche 
Kosten durch das Absinken von acht Bürgerhäusern von 
Dreistockhöhe an der Ostseite des Wilhelmplatzes in- 
folge Nachgebens der alten Pfahlroste auf dem sumpfigen 
Untergrunde. Dazu trat der Ausbau der Flügel am 
Marmorpalais, deren Säulenschmuck, der Kostenerspar- 
nis wegen, der Kolonnade Knobelsdorffs in Sanssouci 
entnommen wurde. Kein Wunder, wenn für die kirch- 
lichen Bedürfnisse kein Geld da war. Etwa zwei Monate 
nach dem Tode Friedrich Wilhelms II., am 19. Januar 
1798, wandten sich der Magistrat der Stadt und die 
Vorsteher der Nikolaigemeinde mit einem Bittgesuch an 
den neuen König, Friedrich Wilhelm III., er möge die 
Kirche wieder aufbauen lassen. Der Herrscher gab den 
Bittstellern aus Berlin unter dem 21. Januar zu er- 
kennen, daß, so geneigt er auch sei, auf den Wieder- 
aufbau der durch Brand zerstörten Nikolaikirche Be- 
dacht zu nehmen, dennoch solches für jetzt nicht ge- 
schehen könne und sich daher die Stadtverordneten bis 
zum Eintritt günstigerer Umstände und bis es die 
Beschaffenheit der Fonds gestatten würde, gedulden 
müßten. Das vom Kirchenbrand verschonte große 
Portal wurde im Jahre 1811 abgebrochen; der leere 
Platz erhielt eine Rasenfläche, die zwei sich kreuzende 
Wege durchschnitten (vgl. Abb. 4). 
Im August 1816 lebte der Plan für eine eigene Kirche 
der Haupt-Stadtgemeinde wieder auf. Der Anstoß kam 
aus den Kreisen der Bürgerschaft. Der damalige Kauf- 
mann und Stadtrat August Friedrich Iden, Linden- 
straße 18, richtete am 12. August des Jahres ein Schrei- 
ben an den Superintendenten Stöwe: Dem Vernehmen 
nach habe der König eine ansehnliche Summe zu Neu- 
bauten der Stadt bewilligt, jetzt wäre wohl der Zeit- 
punkt, um die Erbauung einer Kirche... in Vorschlag 
zu bringen, ein Platz würde sich ohne große Schwierig- 
keiten jetzt leicht dazu finden; wie bekannt, seien die 
Häuser in der Waisen- zwischen der Brandenburger 
und der Pflug (Charlotten) -straße dem Einsturz nahe. 
Darauf erfolgte am 31. Oktober 1816 ein Gesuch der 
Prediger, Kirchenvorsteher, Stadtverordneten und Ge- 
meinde der Haupt-Stadtkirche. Der König antwortete 
am 8. November, er habe mit Wohlgefallen ersehen, daß 
ihnen der Neubau der abgebrannten Haupt-Stadtkirche 
am Herzen liege und werde ihren Wünschen, soweit es 
die Notwendigkeit mit Rücksicht auf die öffentlichen 
Mittel erheische, zu entsprechen bedacht sein. 
Alle Hoffnungen aber wurden niedergeschlagen durch 
eine Kabinettsorder vom 13. Februar 1819, die anord- 
nete, daß dem Wiederaufbau der Kirche nicht statt- 
gegeben werden könne, sondern einfach die bisherigen 
Zustände bis zum Erlaß einer anderweiten Pfarrord- 
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