DIE ST. NIKOLAIKIRCHE
DIE AUSSTATTUNG
Wandmalerei und Anstrich.
Die erste Erwähnung der Ausmalung im Innern findet
sich in einem Brief von Schinkel an Persius am 19. Ok-
tober 1834, nachdem mündliche Verhandlungen voraus-
gegangen waren:
«Von der Dekoration des Innern der Kirche nach unserer
Verabredung bitte ich niemand etwas merken zu lassen,
auch morgen nicht davon zu sprechen, ich bin übrigens
mit dem Entwurfe zur Nische bald fertig. »
Die Guaschzeichnung aus Schinkels Nachlaß ist im
Schinkelmuseum erhalten und 1834 bezeichnet (Abb. 30).
Am 6. November sandte der Meister die nunmehr fertige
Entwurfsskizze unmittelbar an den König:
«Euerer Majestät lege ich hierbei alleruntertänigst einen
Entwurf für das Innere der Kirche vor, wonach durch die
ganze Kirche die höchste Einfachheit gehalten ist und nur
eine Hauptwirkung auf die Altarnische gelegt wurde. Diese
nımmt hiernach in drei Regionen die Bilder von Christus,
den vier Evangelisten und den zwölf Aposteln auf goldenem
Grunde in sich auf, welche von oben herab in abnehmender
Größe gehalten sind. Um das Gold der Altarnische nicht
ısoliert stehen zu lassen, sind die übrigen gewölbten Flächen
der Kirche auch mit wenigen Goldlinien verziert worden. »
Eine beigefügte Bleistiftnotiz von Albrechts Hand gibt
die erfolgte Entscheidung des Königs: «Das Kruzifix des
Altars wie im Dom von Berlin (also Bronze). Die Marmor-
figur (Christus am Kreuz auf der Weltkugel stehend)
fällt weg. Alles Übrige ist genehmigt.» Der Entwurf und
das Begleitschreiben gingen nach der üblichen Ordnung
vom Könige zunächst an den Geheimen Kabinettsrat
und für ihn war am gleichen 6. November die kurze
Nachricht Schinkels an Persius bestimmt, die den Auf-
takt zum Beginn der Innenausschmückung darstellt:
«Die inneren Anordnungen müssen jetzt beginnen », der Ka-
binettsrat möge dem Könige Eingabe und Zeichnung zur
baldigen Einholung einer Willensmeinung vorlegen, der
Kronprinz sei mit der Anordnung nach Einsicht in die
Zeichnung ganz einverstanden gewesen. Am 28. Dezem-
ber 1834 wurde der Vertrag mit dem Maler Rosendahl
abgeschlossen. Nach der Zeichnung Schinkels waren zu
liefern: Eine sitzende Figur des Heilands in der Kuppel
der Apsis (400 Taler), die beiden Engel ihm zur Seite
(zusammen 400 Taler), sechs Engelgestalten im Hinter-
grunde (200 Taler), die vier Evangelisten (800 Taler),
die zwölf Apostel (1200 Taler).
betrug demnach 3000 Taler. Die Malerei sollte in
Wachsfarben an Ort und Stelle ausgeführt werden. Die
Kartons dazu (800 Taler) hatte der Maler unter beson-
derer Leitung Schinkels anzufertigen.
Im Schinkelmuseum (Mappe XXIa 46) befindet sich
der erste Entwurf Schinkels für die Figur des thronenden
Heilands in der Halbkuppel der Apsis, die Gestalt in
starker Bewegung der Arme und der Kopf mit seitlicher
Wendung (Abb. 29). In einem zweiten Entwurf (Stadt-
museum Potsdam) nur für den Kopf gibt der Meister ihn
dann in einereindrucksvollen Vorderansicht mit leuchten-
Die Gesamtsumme
den, bannenden Augen und flatterndem braunen Haar
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(Abb. 31). Ein dritter, erst neuerdings aus dem Persius-
nachlaßin das Potsdamer Stadtmuseum gelangter, war für
die Ausführung bestimmt; er ist etwas im Ausdruck ge-
mäßigt. Der Heiland hält die Unterarme ähnlich dem
Christus Thorwaldsens waagerecht einladend. Das Haupt
ist von lichtbraunem, geordnetem Lockenhaar umgeben.
Bei der Erneuerung 1849 änderte der Berliner Akademie-
professor Holbein den Kopf in einem starren «altchrist-
lichen» Stil um, und 1912 nahm man eine nochmalige
Änderung der Kopf- und Brustpartie vor. Die Palm-
bäume zwischen den Evangelisten hat Ossowsky 1849
hinzugefügt.
Mit welcher Sorgfalt bei der Farbengebung in allen
Einzelheiten vom Meister verfahren wurde, lehrt Schin-
kels Schreiben an Persius vom 10. Dezember 1834:
«Bei dieser Gelegenheit sende ich Ihnen die korrigierte
Zeichnung zu den unteren Fenstern der St. Nikolaikirche.
Die sondernden [Linien] müssen irgendeine starke dezi-
dierte Farbe in den hier mit Rot angedeuteten kleinen Schei-
ben enthalten. Diejenigen Teile, welche ich mit blassem
Violett angelegt hatte, dürften wirklich in irgend [welchen]
blassen Farben, und zwar verschieden in jedem Fenster aus-
geführt werden, damit die Sternform in der Mitte sich, ganz
weiß, heraushebe, jedoch ist, um recht viel Licht zu gewin-
nen, jene blasse Farbe nur wenig vom Weißen zu unter-
scheiden angenommen worden. Jedenfalls dürfte ein Stück
des Fensters zur Probe ausgeführt werden, um danach das
Ganze bestimmen zu können.»
Die Fortschritte im Frühjahr 1835 erkennen wir un-
term 11. April des Jahres aus einem Brief von Persius an
Schinkel: «Um die feste Rüstung für die Malerei der
Altarnische in den Etagen nach der Region der Bilder
zweckmäßig erreichen zu können, bedarf es der Höhen-
maße der letzteren, weshalb ich Sie gehorsamst gebeten
haben wollte, dieselben gütigst hierneben einzutragen
und das Blatt an mich zurückgehen zu lassen. »
Am Seitenrande dieses Briefes links befindet sich eine
Skizze der Altarnische mit Maßen und der handschrift-
lichen Bemerkung Schinkels darunter:
«Bei den Evangelisten ist 10 Fuß 7 Zoll Höhe mit den
Wolken, worauf sie sitzen, aber ohne die Heiligenscheine
gemessen. Bei den Aposteln ist 8 Fuß 7 Zoll von der Linie,
worauf sie stehen, mit deren Diele bis zum Kopfgipfel
ebenfalls ohne Heiligenscheine. »
Ein Zettel Schinkels an Persius vom 28. April 1835
besagt dann zur Frage des äußeren Anstrichs:
«Eine schöne helle Sandsteinfarbe in mehreren Nüancen
nach den verschiedenen Quadern der Mauer würde Jeden-
falls am zweckmäßigsien sein, ich freue mich, bei meiner
nächstens erfolgenden Anwesenheit in Potsdam den Bau so
weit vorgerückt sehen zu können...
Die Farbenproben
können dann an Ort und Stelle gewählt werden. »
Der Maler Scheel kündigte am 3. Juni an, daß seine
Proben in der Potsdamer Kirche (also wohl für den In-
nenanstrich) fertig seien. Am 4. Juni, dem nächsten Tage,
beabsichtigte Schinkel, nach Potsdam zu kommen, um
die nötigen Bestimmungen zu treffen.