Full text: Potsdam ([Band 1])

  
DIE ST. NIKOLAIKIRCHE 
nische, deren Kuppel ursprünglich Kassetten erhalten 
sollte, mit einer Bilderfolge aus dem Leben Jesu war 
schon von Schinkel selbst während der Ausführung des 
Unterbaus 1831—37 zu Gunsten der Darstellung des 
erhöhten Herrn mit Evangelisten und Aposteln aufge- 
geben worden. Die Christusgestalt ist 1849 von den 
Malern Holbein und Ossowsky geändert und 1912 noch- 
mals übermalt worden. Schinkel hatte zur Ausschmük- 
kung der hohen Innenwand der Trommel Nischen vor- 
geschlagen, in ihnen sollten Sitzbilder aus Stuck, ver- 
mutlich die Glaubenshelden des Alten Bundes, ange- 
bracht werden. Die Zwischenräume scheint er sich mit 
Reliefs oder Gemälden aus der alten Heilsgeschichte 
ausgefüllt gedacht zu haben. An diese Überlieferung hat 
man sich 1849 getreulich gehalten, dreizehn Männer des 
Alten Bundes und einen als Übergang zum Neuen, Jo- 
hannes den Täufer, erblicken wir da über den Fenstern 
der Kuppeltrommel. Die Zwischenbilder indessen sind 
weggelassen. 
Schon Schinkel hatte für die Zwickel Propheten in 
Malerei vorgesehen (Abb. 27); diese wurden 1849 von 
Holbein, Stürmer, Eich und Schulz ohne Berücksichtigung 
der Schinkelschen Andeutungen nach eigenen Entwürfen 
ausgeführt. Die von Schinkel in den großen Tonnen ge- 
planten von zwei Gurtbögen eingeschlossenen drei Rei- 
hen echter Kassetten wurden durch vier Reihen gemalter 
ersetzt. Hierbei brachte man nach innen zu nur einen 
Gurtbogen an. Auf diesen Gurten erblickte man als ein- 
schneidende Neuerung je sieben von Elster auf Gold- 
grund gemalte Rundbilder; sie stellen die sieben klein- 
asiatischen in der Offenbarung genannten Gemeinden, 
ferner sieben Märtyrer, sieben Kirchenväter und sieben 
Reformatoren dar. 
Allgemein war die Hoffnung verbreitet, daß sich nach 
Aufsetzung der Kuppel die Akustik bessern werde. Das 
war aber nicht ganz der Fall, die Klagen wollten nicht 
verstummen. Erst 1860 trat man einer Lösung näher. 
Der brauchbarste Vorschlag, der auch bis heute noch die 
Grundlage für alle Verbesserungen geblieben ist, wurde 
unterm 20. Februar 1860 vom Bauinspektor Röder der 
Behörde unterbreitet. Röder sah vor, die Kuppel mit 
einem Netz oder, wenn das nicht angängig sei, mit einem 
Segel zu unterziehen. Für die Tonnengewölbe sollten 
plastische Kassetten schallbrechend wirken. An den 
glatten Wölbungsflächen seien farbige oder vergoldete 
Verzierungen anzubringen, die, wenn auch vorspringend, 
den ästhetischen Eindruck nicht stören würden. Dazu 
müsse eine Verlängerung des Schalldeckels der Kanzel 
treten. Man behalf sich aber mit dem Legen von Stroh- 
decken und dem Anbringen von Vorhängen zwischen 
den Säulen (1863—66). Auf eine Eingabe des Gemeinde- 
kirchenrats an den König veranlaßte im Jahre 1882 das 
Kultusministerium die Regierung, in den unteren Kreis 
der Kuppelrundung ein Hanfnetz einspannen zu lassen, 
ein Verfahren, das sich bereits in der Berliner Thomas- 
kirche bewährt hatte. Bei der Erneuerung von 1912 
wurden noch die beiden anderen Vorschläge Röders 
Wirklichkeit; die Verlängerung des Schalldeckels der 
Kanzel und plastische Kassetten brachten eine weitere 
Verbesserung. Noch heute aber besteht die Forderung 
Schinkels zu Recht, daß die Hauptsache für eine gute 
Wirkung gehörige Artikulation, nicht zu schnelles 
Sprechen und eine Mittellage im Ton des Redners sei. 
QUELLEN 
Zeichnungen und Bilder 
Schinkelmuseum 
l. M. XXIV b, 36. Entwurf zu einer Kirche mit Kuppel, Achteck, 
oben Sechzehneck. h. 33, br. 41 cm. 
2. M. XXIV b, 37. Entwurf zu einer Kirche mit Kuppel, Sech- 
zehneck. h. 33, br. 41 cm. 
3. M. XX b, 69. Entwurf zu einer Kirche mit zwei Türmen und 
Vorhalle. h. 32, br. 40 cm. 
4. M.XXIV b,1. Die Kirche St. Philippe du Roule in Paris. 1826. 
h. 28, br. 65 em. 
. M. XXI a, 40. Entwurf I. Giebelansicht, Durchschnitt nach 
der Richtung A B. Grundriß und Durchschnitt nach der 
Richtung C D. h. 51, br. 31 cm. 
6. M. XXIV b, 2. Entwurf II. Basilika mit zwei Säulenstellungen 
übereinander und mit gerader Decke, sich am meisten der 
Kirche St. Philippe du Roule anschließend. Grundriß,. Situa- 
tionsplan, Vorder- und Seitenansicht, Quer- und Längendurch- 
schnitt. 1826, Oktober. h. 28, br. 66 cm. 
7. M. XXIV b, 3. Entwurf III. Basilika mit zwei Säulenstellungen 
übereinander und mit gerader Decke, sich am meisten dem 
ersten Entwurfe anschließend. Grundriß, Vorder- und Seiten- 
ansicht; Quer- und Längendurchschnitte und eine perspekti- 
vische Ansicht nebst Umgebung. 1826, Oktober. h. 51, br. 68 cm. 
8. M. XXIV b, 4. Entwurf IV. Basilika mit gerader Decke, durch 
Bögen auf gekuppelten Säulen gestützt. Grundriß, vordere und 
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Seitenfassade, zwei Querdurchschnitte, ein Längendurchschnitt 
und perspektivische Ansicht des Innern. 1826, Oktober. h. 53, 
br. 68 cm. 
9. M. XXIV b, 5. Entwurf V. Basilika wie der erste Entwurf, 
nur mit größerer Breite, so daß der Grundriß ein Quadrat bildet. 
Grundriß, Vorder- und Seitenansicht und Querdurchschnitt. 
1826, Oktober. h. 25, br. 69 cm. 
10. M. XXIV b, 6. Entwurf VI, der späteren Ausführung ent- 
sprechend. Zwei sich kreuzende Tonnengewölbe, der mittlere 
viereckige Raum durch ein flaches Kuppelgewölbe gedeckt nebst 
Vorschlag zu der Trommel auf einer Klappe. Grundriß, vordere 
Ansicht, Seitenansicht und Längendurchschnitt. 1826, Oktober. 
h. 46, br. 63 cm. 
11. M. XXIV a, 7. Halber unterer und halber oberer Grundriß zu 
dem ersten Entwurf 1829. h. 62, br. 97 cm. 
12. M. XXIV a, 8. Halbe Vorderansicht und halber Durchschnitt 
der Vorhalle nebst zwei halben Querschnitten 1829. h. 62, 
br. 95cm: 
13. M. XXIV a, 9. Seitenansicht. 1829. h. 62, br. 100 em. 
14. M. XXIV a, 10. Längendurchschnitt. 1829. h. 61, br. 100 cm. 
15. M. XXIV a, 11. Abänderung des vorstehenden Entwurfs durch 
Zugabe von zwei Türmen. Teil des Längendurchschnitts durch 
den einen Turm, halber Querschnitt gleich hinter dem Turm 
und zwei Grundrisse der Turmpartie. 1829. h. 47, br. 59 em. 
 
	        
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