Konservierung der Lebensmittel. 269
Die kunstgerechte Konservierung eines Lebensmittels hat die Hauptaufgabe,
die naturgegebenen Gefahren einer Verderbnis infolge physikalischer oder bio-
logisch-mykologischer Faktoren durch geeignete Mittel abzuwenden. Sekundär
verfolgt sie das Ziel, einen bestimmten erwünschten Zustand, z. B. den der
Frische, möglichst lange beizubehalten.
zügen eine uralte konservierende Zubereitungsmethode dar. Nach Studien von
Netolitzky war die auch in unseren Tagen noch in Ägypten beliebte Fischdauer-
ware „molüha‘, die durch Gärung von Fischfleisch hergestellt wurde, schon vor
zwei- bis dreitausend Jahren bekannt. Bei den Römern bildeten das ‚Garum‘ und
die ,„Muria‘‘ geschätzte und begehrte Fischkonserven. Eine Urkunde aus der Zeit des
norwegischen Königs Hakon V. aus dem Jahre 1316 nenntschon den Stockfisch. Von
DenisPapin (1647—1712) sind uns die ersten Angaben einer Haltbarmachung von
Fleisch durch Erhitzen bei Luftabschluß übermittelt worden. Als Vater einer Kon-
servenindustrie im modernen Sinne ist jedoch erst der Franzose Francois Appert
(1750—1841) anzusehen, der im Jahre 1809 die noch heute im allgemeinen gültigen
Prinzipien der Konservierungstechnik, die sich des Wärmefaktors bedient, auf-
stellte und selbst in der Praxis erprobt hat. In Deutschland begann man um das
Jahr 1845 zunächst in Lübeck und Frankfurt a.M. die in Frankreich gesammelten
Erfahrungen durch Einrichtung gewerbsmäßiger Konservierungsbetriebe zu ver-
werten. In Braunschweig, dessen Konserven schließlich Weltruf erlangt haben, rich-
teten zuerst G.Grahe (1863) und A. W. Querner die ersten größeren Fabriken
zum Konservieren von Spargel ein. Weitere entwicklungsgeschichtliche Daten sind
die Einführung des Autoklaven (1873) — den übrigens Appert bereits in England
neben Blanchierkesseln kennengelernt hatte — und der modernen Hilfsmaschine, wie
der Konservenlötmaschine und, vor allem von Falzdosen- und Verschlußmaschinen
durch R. Karges (1875), die einen wesentlichen Aufschwung der Konservenindustrie
zur Folge hatte. Von den durch das Vordringen des Appertschen Verfahrens etwas
in den Hintergrund gedrängten übrigen Konservierungsmethoden gewann mit Aus-
gang des 19. Jah hunderts eine zweite, gleichsam physikalisch-chemische Methode,
die der Trocknung, wieder eine zunehmende Bedeutung für die industrielle Verwer-
tung; die auf diesem Wege erzielten Trockenkonserven (Getrocknetes Gemüse, Obst)
bezeichnet man auch als ‚Präserven‘“.
Neuerdings tritt außerdem ein drittes System physikalischer Natur, die Kon-
servierung von Lebensmitteln unter Anwendung von Kälte, mit Hilfe moderner
Kältemaschinen mit den beiden eben genannten Methoden erfolgreich in Wett-
bewerb; neben der Haltbarmachung von Fleisch und Fisch hat letzthin das Pro-
blem einer Erweiterung auf Gemüse und Obst, ausgehend von Amerika, einen ge-
waltigen Impuls erhalten. Siehe Birdseye-Verfahren Seite 147.
Konservierung und Frischerhaltung durch Luftverdünnung.
In den letzten Jahren wurden die Apparate vonWeck und Rex, bei denen der
Vorgang des Kochens mit dem des Konservierens vereinigt ist, durch ein neues Ver-
fahren abgelöst: Mit Hilfe einer auf verschiedene Art betriebenen Luftpumpe wird
die Luft soviel als möglich herausgezogen. Als Vorteil gelte, daß das Einkochver-
fahren nicht mehr so langwierig ist, daß dem Einkochgut, insbesondere dem Obst,
das natürliche Aroma erhalten bleibt und ein größerer Abbau und Verlust von Nähr-
stoffen vermieden wird. Im Hygienischen Staatsinstitut Hamburg sind Versuche
angestellt worden, welche darauf hinausliefen, festzustellen, ob bei dieser einfachen
Art des Konservierens wirklich aber auch eine sichere Haltbarkeit erzielt wird. Es
standen fünf verschiedene Apparate zur Verfügung, die im Prinzip alle gleich waren
und nur in der Handhabung Verschiedenheiten zeigten (Beco-Verfahren, Saxonia-
Apparate, Hermetisationsverfahren, Zelboverfahren usw.). Jedes dieser Verfahren
hat seine Vorteile und Nachteile. In der Frage der Abtötung vegetativer Formen,
die aus der Luft hineingelangen konnten, wurde folgendes festgestellt: Alle fünf
Apparate waren nicht völlig geeignet, ein Einkochgut auf einwandfreie Beschaffen-
heit herzustellen, so daß es den Ansprüchen genügte, welche die Hausfrau stellen
muß. Es konnte auch nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, daß die einge-
machten Lebensmittel steril in die Gläser gelangen und steril verschlossen werden.
Wohl lassen sich durch die fünf Verfahren Lebensmittel einkochen, die infolge eines
hohen Zucker- oder Säuregehaltes schon gegen Bakterien oder Schädigung durch
Pilze gesichert sind. Insbesondere das Saxonia- und Zelbo-Verfahren wurden bei