Full text: Erläuterungen zu den Eisenbeton-Bestimmungen 1932

    
194 A. 823: Zu: ZU. 2. 
Die Durchbiegungen (, hängen aber nicht nur von 0, und 
T;; ab, sondern auch von 0, und Tyz, sowie vor allem von den 
waagerechten Schubspannungen zz,. Die Plattenlehre der dritten 
Entwicklungsstufe behandelt daher den zweiachsigen Spannungs- 
zustand der Abb. 43a. 
B. Das Wesen und die Wirkung der Drillungsmomente*), 
a) Die Biegungsspannungen 0 (Abb. 44). Schneidet man zwei 
Streifen I und II parallel l, heraus, so muß bei gleichmäßig verteilter Be- 
lastung Streifen II sich stärker als I durchbiegen, weil naturgemäß die 
Durchbiegung von der Plattenmitte nach den Rändern zu mehr und mehr 
abnimmt. Daher ist auch die Neigung der Biegelinie im Schnitt i—t 
tg wg > tg oı 
und die Normalspannung % =M,:W größer als 0 =M,:W. Wäre 
zwischen I und II ein Zwischenraum, so könnten beide Streifen reibungslos 
aneinander vorbeigleiten. Denken wir uns dagegen beide Streifen an- 
einandergekittet, so muß diese Kittfuge durch Schubspannungen be- 
ansprucht werden. Hieraus folgt, daß der Unterschied zwischen den 
Biegungsspannungen 0} und 0 als Ursache dieser im Vergleich zur Balken- 
lehre neuen Art von Schubspannungen, der sogenannten „Drillungs- 
spannungen“ Tyy angesehen werden kann. Daher ist es wohl verständ- 
lich, daß sich diese Spannungen über den Plattenquerschnitt 
nach demselben linearen Gesetze verteilen werden (s. Abb. 43a), 
wie nach Navier die Biegungsspannungen @ des Balkens, daß 
sie also ihren Größtwert an der Unter- und Oberfläche der Platten an- 
nehmen, in der neutralen Faserschicht zu Null werden und oberhalb und 
unterhalb derselben verschiedenes Vorzeichen haben. 
b) Die Verformung im Grundriß. In Abb. 43a sind außer den 
auch beim Balken vorhandenen bekannten Spannungen 0, und z,, im 
*) Der Zweck der vorstehenden Erläuterungen dieses für den Eisen- 
betonbau bedeutsamen Abschnittes ist nicht nur die Erläuterung der 
Marcusschen Näherungsformeln, sondern vor allem auch die Darlegung 
und Veranschaulichung der Grundbegriffe, die jeder sich zu eigen machen 
muß, der die neuzeitliche Plattenlehre anwenden will. Zum Einarbeiten 
seien die Lehrbücher von A. Föppl, Techn. Mechanik Bd. III und V 
(Leipzig, Teubner) empfohlen. Über die Eisenbetonplatten gibt die in 
Fußnote 26 der „Bestimmungen“ angeführte Schrift von Marcus Auf- 
schluß (126 Seiten, 65 Abb.), wo auch folgende Abschnitte ausführlich 
behandelt sind: Berechnung der an einer oder mehreren Rechteckseiten 
frei aufliegenden oder eingespannten, sowie der durchlaufenden Platte; 
Ermittlung der Auflagerkräfte und Eckverankerungen und der Einfluß von 
Einzellasten. Auch sei hinsichtlich der praktischen Anwendung verwiesen 
auf Löser, Bemessungsverfahren, Zahlentafeln und Zahlenbeispiele zu den 
Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Eisenbeton vom April 1932, 
4. Aufl., S. ızo bis 129. Berlin 1932, Wilh. Ernst & Sohn. 
  
  
    
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