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Acclimatiſation 131
im Süden. Nur die Juden ſtellen eine privilegirte Naſſe dar, welche überall acclimatiſations=
fähig ift. Der Ausfall beruht bei dem Menſchen wie auch bei den Hausthieren namentlich auf
der Verminderung der Nachkommenſchaft: es werden weniger Kinder geboren als Menſchen
ſterben, und ſo iſt bald nah wenigen Generationen der ganze Stamm vernichtet, wenn er nicht
durch ſtete Einwanderung von außen her aufgefriſht wird. Auders ſcheint es ſih auf der
ſüdl, Erdhälſte zu verhalten, indem z. B, der Europäer in Neuholland niht minder productiv
iſt als in Europa ſelbſt, Doch ſind die ſtatiſt. Nachweiſe hierüber noh nicht zahlrei ge-
nug, um ſichere Schlüſſe zu geſtatten. Wenn daher der Menſch kosmopolitiſch iſt, eben weil
er aus einer Menge von Urraſſen beſteht, welhe von Anbeginn an exiſtirt haben, ſo ſind es.
die Raſſen durchaus nicht, indem ihr Verbreitungsbezirk ein ziemlich auf daſſelbe Breitenklima
beſchränkter bleibt. Selbſt bei einer außerordentlich künſtlichen Pflege, welche den Menſchen
ſoviel als möglich der Einwirkung der Außenwelt entzieht und in ſolchen Verhältniſſen beläßt,
die denen ſeines urſprünglichen Vaterlandes nahe kommen, kann ih der europ. Menſch aus
gemäßigten Klimaten auf die Dauer in heißen Tropengegenden nicht acclimatifiven.. Dagegen
kommen die Miſchlinge und Baſtarde, die mit den eingeborenen Völkern erzielt werden, an
einzelnen Orten wenigſtens (Mexico, Braſilien, Neuſpanien) ſehr gut fort, was aber natürlich
die Exiſtenz einer im Lande ſchon vorhandenen, eingeborenen Menſchenraſſe vorausſeßt.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß für die Hausthiere daſſelbe Geſetz der leichteren Einge-
wöhnung in kältere Klimate gilt wie für die einzelnen Menfchenraffen, daß viele Sausthiere
duch den Menſchen über die meiſten Theile der bewohnten Erde verbreitet worden; aber es
liegen nirgends Beweiſe vor, durh welche man die Herkunft unſerer Hausthiere aus bedeutend
wärmern Klimaten erweiſen könnte. Die älteſten Bewohner der Steinperiode in Europa, welche
zum Theil noh Zeitgenoſſen der ausgeſtorbenen Höhlenbären und Mammuthe waren, hatten
ſchon einige Hausthiere, namentlich Hund, Schwein und Rind, welche einfach dem Lande ſelbſt
entſtammten, und deren wilde Raſſen noch in den foſſilen Urältern vorhanden ſind. Erſt ſpäter
ſcheinen namentli<h aus Centralaſien und dem Umkreiſe des Mittelmeers die übrigen Haus-
thiere, wie Pferd, Schaf, Ziege ır. |. w., eingeführt worden zu ſein. Unter der ſchützenden Hand
des Menſchen, unter ſeiner Zucht und Pflege ſind nun dieſe Thiere allerdings an vielen Orten
inſoweit heimiſch geworden, daß ſie zwar dort cxiſtiren, aber doh auh nur mit der Beihülfe
des Menſchen ſich erhalten können. Nur ſolche Localitäten, welche dem urſprünglichen Klima
analog ſind, geſtatten auch, daß das dorthin verpflanzte Hausthier fi, ohne den Menfchen er-
halten kann, wie dies z. B. in den Pampas Südamerikas mit dem Pferde und dem Nindvich
der Fall iſt, Natürlich führt die A. Veränderungen des acclimatiſirten Thiers mit fich, fowol
im Aeußern wie in den Lebensgewohnheiten, die häufig num ftufenweife plaßgreifen. Die nu-
biſche Gans brütet in ihrer Heimat um Neujahr. Zſt ſie nad) Europa übergepflanzt, ſo wählt
ſie dieſelbe Zeit im erſten Jahre, rüct aber dann allmählich mit der Jahreszeit vor, bis fie
wie unſere heimiſchen Gänſe im April brütet. Zn ähnlicher Weife durchläuft der neuholl.
Ihwarze Schwan ſehs Monate, um ſeine Legezeit von dem Srühjahr der Antipoden in dag
Srühjahr unferer Erdhälfte zu verlegen. Mit dem Menfchen und den Hausthieren zugleich
wandern und acclimatiſiren fi, eine Menge von Thieren, die hauptſächlih auf Koſten der
menſchlichen Oekonomie exiſtiren, wie Mäuſe und Ratten, Sperlinge und Krähen, und das
ſhmaroßende Ungeziefer, welhes auf ſeinem Wohnthiere feſtſizt. Im ganzen ſind indeß die
Eroberungen, welche der Menſch über das Zhierreich gemacht hat, noch verhältnißmäßig ſehr
gering, da wir in Europa höchſtens funfzig Arten Hausthiere beſizen, von denen nur vier,
worunter namentlich der Truthahn, aus andern Welttheilen ſtammen, während die übrigen alle
dem Umkreiſe des Mittelmeeres angehören, namentlih ſobald man denſelben nah Norden und
Oſten hin etwas weit faßt, ſodaß er die Hochebenen Centralaſiens in ſi ſchließt.
Bei den Pflanzen find hinſichtlich der A. die Neſultate gewiß weit bedeutender als die bei
den Thieren erlangten. Wenn auh eine Menge von unſern Nutzpflanzen aus demſelben Kreiſe
gezogen worden, welcher uns die Hausthiere geliefert hat, ſo haben wir doch an der Kartoffel,
dem Taba, dem Kaffee, der Baumwolle und fo manchen andern, jet überall eingefiihrten
Pflanzen eine Reihe von Beweiſen, daß dieſes Feld noh großen Erfolgen ofen ſtehe, während
zugleich der Kreis der nußbaren Arten bei weitem niht ſo beſhränkt ift als bei den Thieren,
deren größte Mehrzahl der menſchlichen Oekonomie feindlich und ſchädlich entgegenſteht.
In neueſter Zeit hat man vielfältig und faſt in allen Ländern Geſellſchaften und Ber-
eine für A. gegründet, welche wiſſenſchaftlich die Sache zu erörtern und durch praktiſche Ver=
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