Adergeräthe 157
hinreichend unterrichtet werden. Dann verſteht er um fo raſcher die einzelnen Grundſätze des
Ackerbaues, Wieſenbaues, Garten-, Obft- und Weinbaues, der Viehzucht und der allgemeinen
Thierarzneikunde, welche die Baſis des Fachunterrichts in allen A. bilden. Wichtig ſind außer-
den noch folgende Nebenzweige: Feldmeßkunſt, Zeichnen, Buchhalten, landwirthſchaftliche Ge-
ſekunde. Der Curſus auf der A. ſollte niemals kürzer als drei Jahre ſein. Zum Director einer
A. muß ſtets ein praktiſcher, aber zugleich auh gründlich wiſſenſchaftlich gebildeter Landwirth
gewählt werden, deſſen Leben nnd Wirken Bürgſchaft gibt für ſeine Moralität und Humanität.
Er leitet. das Ganze und ertheilt zugleich in einzelnen theoretiſchen Hauptfächern Unterricht.
Ein Lehrer wird außer ihm zu Unterricht und Beaufſichtigung faſt immer genügen. Die Be-
aufſichtigung muß ſtets in ausreichendem Maße ſtattfinden, da die Zöglinge ſämmtlich im Alter
von 16—20 Jahren ſtehen ſollen; weder in einem niedern noch in einem höhern Alter ift die
Aufnahme räthlih. Ebenſo wird es ſelten taugen, die Zahl der Schüler über 12 zu erhöhen,
ſchon weil dieſe dann nicht alle hinreichend praktiſh beſchäftigt werden können. Davon, daß
dies geſchieht, hängt aber ein weſentlicher Erfolg der A. ab. Denn die Schüler ſollen ſo wenig
als möglich für ihren Unterhalt daſelbſt entrichten, dagegen den größten Theil des Aufwandes
durch ihre eigene Arbeit vergüten. Darum ift auch die Einrichtung zu treffen, daß fie im
dritten Jahre, wo ſie ſchon volllommen eingeſchult ſind, aus\ſchließlih praktiſch beſchäftigt wer-
den. In vielen A. verpflichtet ſich der Schüler zu einem unentgeltlichen Jahresdienſ nad)
Ablauf des Curſus. Das Verdienſt der Gründung der erſten A. (1804) gebührt Fellenberg
in Hofwyl. Seine Mufterfchule, welche unter Wehrli's tadelloſer Leitung über 30 Jahre blühte
und faſt 3000 Zöglinge bildete, rief zuerſt in Würtemberg Nachahmung hervor. Zugleich mit
der Akademie entſtand in Hohenheim eine A. für Bauern, welche ſo große Erfolge hatte, daß
die Regierung ſich veranlaßt ſah, alsbald noh zwei andere, in Ellwangen und Ochſenhauſen,
zu gründen. Seitdem iſt die Frage der A. eine der wichtigſten im ganzen Gebiete der Land-
wirthſchaft geworden. In allen europ. Staaten hat man deren gegründet, oder beabſichtigt
doch ihre Gründung, und ihr in die Augen fallender großer Nutzen. erwirbt ihnen täglich neue
Anhänger. Gegenwärtig beſitzt Deutſchland, ungerechnet die Spinnerei-, Schäfer=, Seiden-
und Wieſenbauſchulen, über 50 A., davon Preußen allein 23. Nächſt Deutſchland hat Ruß-
land die meiſten A. Bgl. Schinz, «Ueber die Errichtung Tandwirthfchaftlicher Schulen »
(Aarau 1845); Scheidler, « Die Lebensfrage der europ. Civiliſation » (Jena 1839); Löbe,
«Die landwirthſchaftlihen Lehranſtalten Europas» (Stuttg. 1849); Weidenhammer, « Zwe
und Organiſation der landwirthſchaftlichen Lehranſtalten » (Düſſeld. 1863).
Adergeräthe nennt man diejenigen Werkzeuge, welche zur mechan. Bearbeitung des Bo-
dens (f. Aderbau) gebraucht werden. Die Eonftruction und die Handhabung der A. iſt
darum von ſo großer Wichtigkeit, weil vorzugsweiſe von der Art und Güte derſelben die Voll-
kommenheit der Bodenbearbeitung abhängig iſt. Jeder Landwirth, welcher einen wahrhaft
rationellen Betrieb im Auge hat, muß es ſich daher angelegen ſein laſſen, zur Erreichung ſei-
ner Zwe>e möglichſt vollkommene Inſtrumente zu verwenden. Dies iſt ihm in unſerer Zeit
leicht gemacht. Während vorden das landwirthſchaftliche Gerätheweſen auf dem Continent,
troß einigen höchſt anerkennenswerthen Ausnahmen und Beſtrebungen (Thaer, Fellenberg,
Dombasle, Chateauvieux, Schönleutner, Jordan u. a.), fich in wahrhaft beflagenswerthen
Zuſtande befand, hat ſeit 1851 ein außerordentliher Umſchwung darin ſtattgefunden. Dieſen
bewirkte zunächſt die erſte Weltausſtellung in London mit ihrer überraſchenden Fülle an agri-
colen Mechanismen jeder Art, die, in England eher nöthig als anderswo, daſelbſt auh Kapital,
Hülfsmittel und geſchi>te Werkleute zu ihrer Erzeugung vorfanden. Seitdem iſt die Fabri-
lation von A. und landwirthſchaftlihen Maſchinen überhaupt in Deutſchland und Frankreich
zu ſtaunenswerthem Aufſhwung gelangt, und es haben ſich bereits die verbeſſerten Conſtruc-
tionen bis in die niedern Schichten der a>erbauenden Bevölkerung verbreitet. Die Briten
ſtehen an der Spibe dieſer Bewegung, aber mindeſtens ihnen gleich find die Nordanterifaner,
die mit überaus praktiſchem Sinne und vielem Glü> ſich des ganzen Gebiets raſh bemächtigt
und uns ſon viele der vorzüglichſten A>erbaumaſchinen geliefert haben. Auch Frankreich
ſchreitet in Englands Fußtapfen raſh voran, während in Deutſchland der rechte Geiſt in diefer
Angelegenheit erſt ganz allmählich erwachen zu wollen ſcheint, ſodaß deſſen Fabriken von A.
ſih noh nicht mit denjenigen der genannten Länder meſſen können. Die älteſte darunter war
diejenige von Dr. Wilhelm Hamm in Leipzig, gegründet 1850, verbunden mit einer Ausitel-
lung von Aderbaugerätgen und landwirthſchaftlihen Maſchinen jeder Art, welche nicht ge=
ringen Einfluß auf die Entwickelung des Gewerbes überhaupt gehabt hat. Gegenwärtig iſt