168 Actie und Actiengeſellſchaft
daß ein jeder von ihnen dem gemeinſamen Geſchäfte ſeine Thätigkeit widmet und den Gläu-
bigern nicht blos mit ſeiner Einlage, ſondern auch mit ſeinem ſonſtigen Vermögen haftet. Dex-
artige Geſellſchaften laſſen ſi begreifliherweiſe nur unter Bekannten und Vertrauten begriin-
den, Nicht immer aber werden Speculanten im Kreiſe der ihnen nahe ſtehenden Perſonen die
zur Ausführung ſelbſt vielverheißender Projecte nöthigen Mittel vorfinden, namentlich wenn
es fih um Unternehmungen von größtem Umfange handelt, die eine ‘hervorragende Function
in dem Wirthſchaſtsleben des Staats und Volks erfüllen ſollen. Die Anlegung und der nuben-
bringende Betrieb z. B, von Eiſenbahnen und Kanälen, die Gründung von Zettelbanken, die
Stiftung von mächtigen Compagnien zur Ausbeutung von verliehenen Monopolien ı. f. w.
erheiſchen ſo bedeutende Kapitalien und nehmen ſo mannichfaltige Thätigkeiten in Ausſ\icht, daß
die Beſchaffung der Fonds und die ſpätere Bewältigung der erforderlichen Arbeiten weit über
die Kräfte von nım wenigen Geld- und Gefchäftsleuten hinausgeht. Es ftellt fich hier die
Nothwendigkeit heraus, das Intereſſe an ſolchen Ausführungen in weitere Kreiſe zu verbreiten
und Vereine zu bilden, deren Mitgliedſchaft ſhon dur die Erlegung von beſtimmten kleinern
Summen erworben werden kann, ohne daß die Einzahlenden noh auf andere Weiſe für das
gemeinſchaftliche Unternehmen thätig zu ſein und über den Betrag ihrer Einlagen hinaus auf-
zukommen brauchen. Dieſer Grundgedanke wurde, nachdem ihn bereits der Bergbau bei der
Bildung von Öewerkfchaften (f.d.), wiervol befchränkt, verwerthet hatte, zunächſt im 17, Jahrh.
durch die Engländer und Holländer weiter gepflegt, und damit eine Concentration und zugleich
wieder eine Vermehrung des Kapitals erzielt, welche zu ftaunenswerthen Ergebniffen geführt
hat, Die großen Geſellſchaften, welche durch Ausbeutung des.oft- und weftind. Handels nicht
nur ihre Mitglieder bereicherten, ſondern ſelbſt ausgedehnte Befisungen erwarben und als
überſeciſhe Souveräne geboten, waren auf ſolche THeilbeiträge gegründet, und ihr Beiſpiel
reizte namentlih das 18. Jahrh. zur Nachahmung. Die Actie (franz. action, engl. share),
wie man die Urkunde über den einzelnen Beitrag nannte, wurde der Schlüſſel zu den Geld-
foffern der Reichen ſowol als zu dem Sparfäftchen des Armen. Sie ließ die Heinen Beträge
ſofort wuchern, die bis dahin erſt nah langem Hinzufparen und Abrunden verwendbar ge-
weſen waren, Sie legte es klar zu Tage, daß das Volk in ſeiner Geſammtheit reicher iſt als
die Fürſten der Börſe. Sie erzeugte und befriedigte bisher ungeahnte Bedürfniſſe, ermunterte
zur Sparſamkeit, befruchtete den Unternehmungsgeiſt, ermöglichte allen Ständen die Theil-
nahme am Großhandel und an der Großinduſtrie und ſteigerte faſt über Nacht den National-
reihthum. Nur zu bald trat indeſſen auch die Kehrſeite des Actienweſens hervor. Es verleitete
oft zur urtheilsloſen Unterſtüßung rein ſhwindelhaſter und ſelbſt betrügeriſher Plane, nährte
die Agiotage und ein entſittlihendes Börſenſpiel und verſchuldete den Ruin von Familien. Im
Anfange des 18. Jahrh. bra ſogar über Frankreich durch die Betheiligung der Regierung
an den Law’ſchen Speculationen (\. Law) eine furhtbare ökonomiſche Kriſis herein, die Staat
und Geſellſchaft erſchütterte, In dem ſtaatlih und geſellſchaftlich zerſplitterten Deutſchland
konnte das einen ſhon ſehr entwidelten Vereinigungstrieb vorausſezende Actienweſen lange
Zeit niht Fuß faſſen. Die afrik. Handelsgeſellſchaft des Großen Kurſürſten und die See-
handlungsgeſellſhaft Friedrich's d. Gr. blieben vereinzelt und ſind außerdem vorzugsweiſe als
Kegierungsanftalten anzuſehen, Erſt das 19. Jahrh. we>te das allgemeine Verſtändniß für
Actienunternehmungen auch in Deutſchland. Dieſelben haben hier, wie anderwärts, den mate-
riellen Aufjehwung wejentlic) gefördert, zugleich aber ebenfalls Uebelftände und Berlegenheiten
herbeigeführt. Das ſ{hwankende Verhalten der Regierungen und das Zaudern der Geſetz-=
gebung vermehrte nur noch die Verwirrung, und die volkswirthſchaftlih fo wichtige Inſtitution
lag eine Zeit lang unter dem Banne der Nechtsunſicherheit. Endlich, nach theilweifer Abklä-
rung der Meinungen, iſt das Allgemeine Deutſche Handelsgefetsbuch mit dem Verſuche einer
einheitlihen Beurtheilung und Regelung der einſhlagenden Verhältniſſe hervorgetreten.
Um eine Aetiengefellfchaft zu gründen, pflegen einige Perſonen zuſammenzutreten,
die den Plan (Brofpect) für das Unternehmen und ein Berfaffungsftatut (den Gefellfchafts-
vertrag) entwerfen. Der Proſpect verbreitet ſich über den Zwed und die Käthlichkeit des Unter-
nehmens, entwi>elt die beſte Art der Ausführung, berechnet die Höhe des erforderlichen Grund-
fapitals und veranſchlagt den zu hoffenden Gewinn. Fiir den Gefelffchaftsvertrag ift die Be-
ſtimmung weſentlich, daß zur Befchaffung des Grundfapitals eine feſtgeſetzte Anzahl von Actien
ausgegeben werden jollen, welche als entſprechende Bruchtheile jenes Kapital vepräfentiren.
Hierin liegt ſchon die gemeinverſtändlihe Andeutung dev Abſicht, die Einzahlenden nur bis
zum Betrage ihrer Einlagen zu verpflichten und etwaigen Gläubigern gegenüber lediglich das
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