Full text: A bis Arad (Band 1)

   
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und den Krämern; auf denſelben Bänken, auf welchen die Goldſchmiede, Tuchhändler und 
Gewürzkrämer ſaßen, welche von den Handelsſtädten ins Parlament geſandt waren, ſaßen 
ebenfalls diejenigen Mitglieder, welche in jedem andern Lande Edle genannt fein würden, erb- 
liche Grundherren, berechtigt, Gericht zu halten und den Waffenrod zu tragen, ſowie befähigt, 
ihre achtbare Abkunft duch Jahrhunderte hindurch zu verfolgen. Einige von dieſen waren 
jüngere Söhne und Brüder großer Lords, andere konnten ſich ſogar rühmen, aus königl. Blute 
entfproffen zu fein. Endlich bewarb fich der ältefte Sohn des Earls. von Bedford um einen 
Stk im Haufe der Gemeinen, und dieſem Beiſpiele folgten andere. Wenn die Erben der 
Granden des Reichs einmal in dieſem Hauſe ſaßen, fo war es natürlich, daß ſie ebenſo eifrige 
Vertheidiger der Privilegien deſſelben wurden als irgendeiner der Bürgersleute, unter welche 
ſie gemifcht waren. So war unſere Demokratie von früher Zeit her die ariſtokratiſchſte und 
unſere Ariſtokratie die demofratifchfte in der Welt, cine Eigenthümlichkeit, welche bis auf den 
heutigen Tag gedauert und viele wichtige fittliche und polit. Folgen gehabt hat.» Bal. Gneift, 
«A. und Ritterſchaſt in England » (Berl. 1853) und deſſen «Das heutige engl. Verfaffungs- 
und Verwaltungsrecht » (Bd. 1 u. 2, Berl. 1857—60). 
Ganz anders war die Entwickelung der Adelsverhältniſſe auf dem Feſtlande, mit Ausnahme 
etwa der Niederlande und Italiens, wo der A. auch, zum Theil infolge der- allgemeinen natio- 
nalen Schi>ſale dieſer Länder, den andern Klaſſen des Volks immerfort näher blieb. Am 
Ihroffften dagegen ſonderte er ſih vom Bürgerthum ab in Frankreich, etwas weniger anfangs 
in Deutſchland, bis das franz. Beiſpiel auch hier Eingang und bald nur zur eifrige Nachahmung 
fand. In Frankreich war der Verlauf der Geſchichte gerade der umgekehrte von dem in Eng- 
land: die anfänglich zu faſt völliger Selbſtändigkeit erwachſene und dadurch in Uebermuth und 
Despotismus verfallene Ariſtokratie ward von dem Königthum mehr und mehr unterdrüct, 
zum Theil mit Hülfe der andern Klaſſen, namentlich der Städte, welche in dem Königthum 
ihren natürlichen Schut gegen die Bedrückungen des A. erkannten. Eine Zeit lang hatte es 
den Anſchein, als ob A, und Bürgerthum gemeinſchaftlich in einer allgemeinen Vertretung 
(den états généraux) die Rechte des Landes gegen das Uebergewicht der königl. Prärogative 
vertheidigen wollten. Allein das Königthum verſtand es, dur Theilen zu herrſchen: es wußte 
den A. an ſich zu ziehen, ihn aus einem ſelbſtändigen, mitten im Volke ſtehenden Grundbeſitz= 
adel (was der engl. ſtets war und blieb) zu einem gefügigen, vom Volke losgetrennten Hofadel 
zu machen. Dabei hielt der A. alle die drücenden Privatvorrechte feſt, welche ihn, zumal der 
fleinen ländlichen Bevölkerung gegenüber, als ein dem Volke \remdartiges, feindliches Gefell- 
ſchaftselement erſcheinen ließen; ja er ſchien, wie Tocqueville in ſeinem trefflichen Buche 
«L'ancien régime et la révolution» \hlagend nahweiſt, die Ausbeutung dieſer privatrecht- 
lichen Vorzüge in demſelben Maße zu ſteigern und zu verſchärfen, in welchem ſeine polit. Be- 
deutung verringert und er aus der Theilnahme an der Verwaltung, auch der localen, von de 
immermehr umſichgreifenden königl. Gewalt verdrängt ward. Treffend bemerkt Tocqueville 
in jenem Werke: «In England hatte die Ariſtokratie die ſchwerſten Staatslaſten auf {ih ge- 
nommen, damit man ihr erlaube, den Staat zu regieren; in Frankreich hat ſie bis zulett (d. h. 
bis zur Revolution) ihre Steuerfreiheit feſtgehalten, um ſich für den Mangel eines geregelten 
polit. Einfluſſes zu entſchädigen.» Ebenſo verhielt es fich mit der geſellſchaftlihen Stellung 
des A. in Frankreich, Wie er ſich nah oben, vor dem Kömgthum, knechtiſch beugte und mit 
lächerlicher Eitelkeit in den niedrigſten Dienſten um die Perſon des allmächtigen Selbſtherrſchers 
wetteiferte, ſo war er nach unten, gegen das Volk (die von ihm ſogenannte roture oder canaille), 
brutal anmaßend, übermüthig, verahtungsvoll. Der Grundſatz des Raſſenunterſchieds, wo- 
nach der A. von anderm, edlerm Blute iſt als das Volk, ward hier in feiner ganzen Schroff- 
heit ausgebildet, proclamirt und bethätigt. Heirathen zwiſchen Adelichen und Bürgerlichen, 
wennfchon durchs Gefet nicht verboten, galten doch für Misheirathen (mésalliances). Nur 
zu Maitreſſen waren bürgerliche Mädchen und Frauen gut genug für Adeliche, und mußten es 
ſich zur Ehre ſchätzen, deſſen gewürdigt zu werden, wie ſeinerſeits der A. ſich eine Ehre daraus 
machte, ſeine Frauen und Töchter zu gleichem Gebrauch den regierenden Herren darzubieten, 
nah dem in dieſen Kreiſen geltenden Spruch: «Le sang des rois ne souille pas.» 
In Deutſchland erhob ſich auf den Trümmern der Gemeinfreihett und einer ſtarken Neichs- 
einheit, welche beide ungefähr gleichzeitig und aus den gleichen Urfachen zu Grunde gingen, 
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die Uebermacht und der Uebermuth des A. Im Reformationszeitalter fehen wir fo ziemlich die 
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legten Spuren einer edlern, gemeinnüßig=polit. Tendenz des A. in Bezug auf das Ganze in 
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