den Beſtrebungen eines Theils der Reichsritterſchaft für Herſtellung einer zeitgemäßen, ing-
beſondere die verſchiedenen Stände und ihre Sonderintereſſen einander mehr annähernden
Keichsverfaffung, in den Einzelſtaaten in dem von dem A., gemeinſam mit dem Bitrgerthum,
durch das Organ der Landtage theilweiſe mit großer Hingebung und Opferfreudigkeit unter-
nommenen Kampfe für polit. und Glaubensfreiheit. Später hört dies mehr und mehr auf.
Der A., in den prot. Ländern durch die Aufhebung der geiſtlichen Pfründen um die Mittel
der Verſorgung ſeiner jüngern Söhne gebracht, faft allerwärts durd) die Herabdrüdung der
Stände in Abhängigkeit von der fürftl. Gewalt und in Unbedeutendheit in diefer feiner bis-
herigen, wenigſtens zum Theil volksthümlichen Wirkſamkeit beſchränkt, ſucht für jenes erſtere
wie für dieſes lettere Erſaß und Entſchädigung im Hofdienſt, drängt ſich ſeitdem immer leb-
hafter an die Höfe, welche ohnehin von eben dieſer Zeit an wie an Macht ſo meiſt auch an
äußerm Glanz einen Zuwachs erhalten, und nimmt allmählich alle Hofämter in Beſitz, während
noh im 16. Jahrh. Bürgerliche bisweilen ſolche, ſelbſt von den höchſten, bekleideten. Er ſon-
dert ſein Intereſſe mehr und mehr von dem der niedern Volksklaſſen ab, ſett es wol gar dieſem
\hroff gegenüber, wie denn z. B. die meiſten Prätentionen des A., auf den Landtagen und
ſonſt, hinſichtlich der Steuerfreiheit, der Geſchloſſenheit des adelichen Standes und der Aus-
\hließung Bürgerlicher von dem großen Grundbeſitz u. dgl. m., aus dieſen ſpätern Zeiten datiren.
Auch der Grundſatz der Ebenbürtigkeit tritt in ſeiner vollen Strenge ſelbſt beim hohen A. erſt
im 17. Sahrh. auf. Die traurigen Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs ſteigerten, indem fie
die Kraft des Bürgerthums vollends brachen, den Uebermuth und die Abſonderungsluſt des A.
noch mehr. Statt ſeinen verarmten Gutsunterthanen aufzuhelfen, benußte er zum großen
Theil ihre Noth und Ohnmacht, um ihnen neue oder höhere Laſten aufzulegen. Statt die all-
gemeinen Laſten zu theilen, ſuchte er dieſelben möglichſt von ſih abzuwälzen, indem er für feine
Güter Steuerfreiheit beanſpruchte, obſchon das frühere Aequivalent dafür, die Ritterdienſte
des A., aufgehört hatten. Statt durch eigene Bewirthſchaftung ſeiner Güter deren zerrütteten
Zuſtand zu beſſern, dadurh auch der kleinen ländlihen Bevölkerung ein gutes Beiſpiel zu
geben und förderlich zu ſein, zog er meiſtens vor, ſich an den Höfen oder auf Reiſen ins Aus-
land vollends zu ruiniren, und brachte von hier wie von dort immer exelufivere, unvolfsthim-
fichere Sitten und Anſichten mit. Beſonders gefiel ev fich in der Nahäffung feiner franz.
Staudesgenoffen, fowol was die Leichtfertigkeit in Behandlung der Heiligften Lebensverhäftnifie
als was die Verachtung der andern Klaſſen und die maßloſeſte Einbildung von einer fpecififch
höhern Natur und Beſtimmung des A. anbelangte.
Das Streben des deutſchen wie des franz. A. ging unabläſſig dahin, einerſeits für ſeine
Perſonen und Güter eine Ausnahmeſtellung und Befreiungen von dem für die andern Klaſſen
gültigen gemeinen Recht, andererſeits über die in ſeinem Bereich lebenden Bevölkerungen, die
Hinterſaſſen auf ſeinen Gütern, eine möglichſt ausgedehnte Gewalt zu erlangen, Rechte, die
eigentlih entweder dem Staate oder den Gemeinden zugekommen wären, an ſih zu ziehen.
Für ſeine Perſonen und Familien Steuerfreiheit, Freiheit von der Conſcription, beſonderer
Gerichtsſtand, Bevorzugungen im Hof-, Civil- und Militärdienſt, ſodann allerhand geſellſchaft-
liche Auszeichnungen (wie: Recht der Haustrauung, der unbeſchränkten Zahl von Pathen bei
Taufen u. \. w.), für ſeine Güter Patrimonialgerichtsbarkeit, Patronatsrecht , Jagdrecht auf
fremder Flur, Gutspolizei, endlich Schutsherrlichfeit über ſeine Gutsunterthanen mit allen
den dazu gehörigen Rechten auf ſeiten des Herrn, Dienſten und Laſten auf ſeiten