320 Aegypten (Geographie)
Kleinen, nadten Schwanzftummel und den fchneflen Lauf zwar dem Haſen ähnelt, aber durch die
häutigen, nadten, runden Ohren, die nadten Sohlen, die breiten, Hufähnfichen Nägel, die gro-
ben, ſtraffen Haare und die Bezahnung eher in die Nähe der Meerſchweinchen, in die Familie
der ſogenannten Halbhufer gehört. Es ſind harmloſe, ſcheue Thiere, die von Pflanzen, aber
auch von Inſekten und kleinen Wirbelthieren leben, jung eingefangen ſih leiht zähmen laſſen,
ſonſt aber auf den Antillen und dem Feſtlande Südamerikas mit und ohne Hunde ganz ſo ge=
jagt werden wie unſere Haſen. Das Fleifch kommt jedoch bei weiten demjenigen des Hafen
nicht gleich; es ift weiß und hat oft einen widerlichen, fcharfen Mofchusgerud. Man hat
mehrere Arten unterſchieden, die aber alle in Lebensweiſe und Vaterland übereinſtimmen.
Aegypteit (lat. Aegyptus, franz. Egypte, engl. Egypt, ital, Egitto) wird das untere Nil
thal mit der zu beiden Seiten angrenzenden Wüſte von dem erſten Katarakt an bis zum Mittel-
meer genannt. Der Name iſt zunächſt grieh. Urſprungs. Die einheimiſhe Benennung war
Kème oder Kemi. So lautet die hieroglyphiſhe Gruppe und das kopt. Wort, welches im men-
phittfchen Dialekt afpirirt Khemt gefprochen wurde, und fo noch mehr an Cham, den Sohn
Noah's, erinnert, der durch ſeinen Namen als Stammvater des ägypt. Volks bezeichnet werden
ſollte. Die urſprüngliche Bedeutung von Kemi iſt hieroglyphiſh und koptiſch « ſ<hwarz ». Es
wurde demnach A. als das «Schwarze Land» bezeichnet, nicht wegen der dunkelfarbigen Ein-
wohner oder wegen der benachbarten Neger, fondern wegen des jchwarzen aufgeſhwemmten
Bodens im fruchtbaren Nilthale, im Gegenfage zur biendenden dürren Wüſte. Die Hebräer
nannten A. Maſor oder mit der Diralform Mifrajin, und hiernach einen Sohn des Cham
Miſrajim. Auch in den perf. Keilinfchriften bezeichnet Mudräya das Land A. Bei den Arabern
heißt A. noh jezt Maſr und Maſr-el-Qahira (d. i. die ſiegreiche Maſr) ſeine Hauptſtadt. Der
griech. Name Aigyptos findet ſich ſhon bei Homer, und zwar nicht nur für das Land, ſondern
noch öfter für den Nilfluß, der erſt bei Heſiod Neilos heißt. Nah Brugſch wurde der weſtl.
oder Kanopiſche Nilarm, der in älteſter Zeit der einzige war, in welchen fremde Schiffe ein-
laufen durften, von den Griechen nah Ha-ka-ptah (d. i. das Haus der Verehrung des Ptah),
dent heiligen Namen der Stadt Memphis (gräcifirt At-yu-rroc), benannt und dann der
Flußname auf den des Landes übertragen. Die Türken haben den grieh. Namen zu Dipt
verkürzt, und Qipti heißen no die Kopten, die ägypt. Chriften, welche am unzweifelhafteften
die Nachkommen der alten Aegypter find.
Geographie. Das Land A. (im engern Sinne, abgefehen von den Örenzen des heutigen
Bieefönigthums) liegt zrotichen 24° 5’ und 31° 35’ nördl. Br. und reicht von 40° 30 bis
52° 20° öftl. 2. (von Ferro). Im N. beſpült ſeine Küſte das Mittelmeer, im D. das Rothe
Meer, an deſſen nördl. Ende es mittels des Iſthmus von Suez mit der Halbinſel des Peträtſchen
Arabiens in Verbindung ſteht. Die Weſtgrenze zieht ſih in einem weiten Bogen durch die Libyſche
Wiiſte hin, ſodaß ſich das Gebiet nach S. verſhmälert. Die Südgrenze läuft von dem faſt unter
24° nördl. Br. ins Rothe Meer vorſpringenden Ras -el-Anf nahe dieſem Breitengrade hin
und fcheidet das Land von Nubien. Das Land bildet ſomit eins der räumlichen Vermittelungs-
glieder zwiſchen den alten Culturländern des ſüdl. Aſien und den neuen Culturländern Europas,
reicht aber mit ſeiner eigenen alten Cultur der Zeit nah weit über die erſtern hinaus.
A. iſt eine wüſte Felsplatte, in welche das ſhmale Nilthal wie eine Rinne eingeſchnitten
iſt; neben dieſem liegt weſtlich eine Reihe anderer Einſenkungen. Eng eingeſchloſſen zwiſchen
Granit- und Sandſteinfelſen, betritt der Nil (f. d.) bei Aſſuan Oberägypten, indem er den ſoge-
nannten erſten Katarakt bildet. Hügelzüge, ſelten ſteil aufſteigend, bilden zu ſeinen Seiten den
Nand der hohen Wüſte (Dſchebl), welche öſtlich die Arabiſche, weſtlich die Libyſche heißt, und
zwiſchen ihnen zieht ſich der Fluß in Krümmungen hin, ſodaß er ſich bei Kenneh der Küſte des
Rothen Meeres am meiſten nähert. Mit dem 30. Breitengrade treten die Hügelketten aus-
einander, und es beginnt das breite Deltagebiet, das ſogenannte Unterägypten. Den Flächen-
inhalt des Landes berechnet man zu 5500 — 6000 Q. -M. Davon find wol % 4 für immer
MWüfte; denn der Landſtrich, welcher dureh den Nil befruchtet werden kann, und die Oaſenſtelle
der Libyſchen Wüſte werden kaum mehr als /, 4 des Ganzen ausmachen.
Jm N. von Kairo findet ſich ein compacter Sandſtein, welcher ein flahhügeliges Plateau
bis Suez bildet. Den Nil aufwärts bis Siut reicht dann die tertiäre Formation des Num-
mulitenkalks. Darauf folgt bis Esne Kreide, endlich bis Afffuan Sandſtein, und zwar dieſelbe
Art, welche Nubien bildet. Dieſer Sandſtein iſt bei Aſſuan von mächtigen Maſſen von Gram!
und ähnlichen plutoniſchen, bis 1000 F. ſich erhebenden Gefteinen durchbrochen, welche quer
den Nil dur<ſetzen. Das Nilthal ſelbſt in Oberägypten iſt gut cultivirt, beſonders aber das