Full text: A bis Arad (Band 1)

   
ER EEE FE 
504 Algerien (Colonie) 
oberung gern mit Ehren wieder aufgegeben, ſhon um mit England in freundlichem Ver- 
hältniß zu bleiben, aber fie wagte es nicht dem erregten VBolfsgeifte gegenüber. Das Regiment 
von Clauzel's Nachfolger, des Generals Berthezène, ward nur durch die Niederlage aus- 
gezeichnet, welche dieſer auf dem Rüclzuge von der Expedition nah Medeah 2. Juli 1831 
erlitt. Infolge mannichjaltiger Misgriffe, welche das Anſehen der Franzoſen compromittirten, 
ward Berthezène Ende 1831 dur Savary (Herzog von Novigo) erſet, deſſen Wirkſamkeit 
fi) nur in Härten, Willkür und Grauſamkeiten der einheimiſchen Bevölkerung gegenüber be- 
fundete. Unter ſeine Thaten gehören die wegen einer Räuberei vollzogene Vertilgung des arab, 
Stammes El=Uffia und die Hinrichtung zweier Araberhäuptlinge, die er treulog durch dag 
ſchriftliche Verſprechen ſichern Geleits in die Stadt Algier hatte lo>en laſſen. Durch ein 
ſolches Verfahren wurden auch die Stämme, die ſich bisher no< ruhig verhalten, zum Auf- 
ſtande gereizt, und bald ſahen ſi die Franzoſen in allen Theilen des Landes angegriffen, Dex 
gefährlichſte Feind erſtand ihnen jedoch in Abd-el-Kader (ſ. d.), der als das Haupt von 30 für 
den heiligen Krieg gewonnenen Araberſtämmen zum Emir von Maskara erwählt worden war, 
Nach hartnä>igen Kämpfen \{loß die franz. Regierung mit ihm den Frieden vom 26. Febr. 
1834, der ihm die Herrſchaft über alle arab. Stämme des Weſtens bis zum Fluſſe Schelif 
zuerkannte, Troß dieſes Vertrags bra doh, nachdem im Sept. 1834 General Drouet d'Erlon 
als erſter «Generalgouverneur» eingetroffen, der Kampf alsbald um ſo blutiger wieder aus, 
Im Juni 1835 unternahm der in der Provinz Oran befehligende General Trezel einen Zug 
gegen Abd-el-Kader, welcher mit der Niederlage der Franzoſen an der Makta (28. Juni) endete, 
Drouet d'Erlon, deſſen Schwäche man das Umſichgreifen Abd-el-Kader's hauptſächlich zuſchrieb, 
wurde zurü>berufen und der zum Marſchall ernannte Clauzel im Aug. 1835 wieder nach À, 
geſchi>t. Zwar gelang dieſem die Eroberung von Maskara (6. Dec. 1835), dem Mittelpunkte 
von Abd-el-Kader's Macht, allein der verfehlte Zug, den er von Tlemſen aus nach der Tafna 
unternahm, und die Niederlage, die General d'Arlenges 25, April 1836 an dieſem Fluſſe 
erlitt, brachten das Anſehen des Emirs auf den Gipfel und fachten den Auſſtand und einen 
hartnäigen kleinen Krieg auch in andern Theilen des Landes an. Während dieſes im Weſten 
von A. geſchah, hatte Clauzel im Nov. 1836 einen Zug zur Eroberung von Konſtantine unter- 
nommen, der jedoch vollſtändig mislang und deshalb die Abberufung des Marſchalls im Febr. 
1837 zur Folge hatte. Durch Clauzel's fehlerhafte Verwaltung war die Colonie in einen 
troſtloſen Zuſtand gerathen, der beſonders nah dem verfehlten Zuge nach Konſtantine hervor- 
trat. Unter dieſen Umſtänden erhielt General Damrémont die Stelle als Generalgouverneur, 
deſſen Auſgabe zunächſt die Eroberung von Konſtantine blieb, welche für die Granzoſen zu einer 
moraliſchen Nothwendigkeit geworden war. Um freie Hand zu gewinnen, fehlog Damremont 
mit Abd-el-Kader den Frieden an der Tafna (30. Mai 1837), durch welchen dem Emir der 
ganze Welten von W., mit Ausnahme einiger Küftenpläge, überlaffen wurde. Anfang Det. 
1837 bra er ſodann aus dem Lager von Medfchez- Ammar gegen Konftantine auf, das, 
nachdem Damrémont ſelbſt 12. Oct. gefallen, 13. Oct. unter dem Oberbefehle Valée's mit 
Sturm genommen wurde. Hiermit war niht nur der Grund zur völligen Unterwerfung der 
Provinz Konſtantine gelegt, ſondern auch die wirklihe Erwerbung des Binnenlandes der Co- 
lonie überhaupt begonnen. ; 
Während nun der zum Generalgouverneur und Marſchall ernannte Valée die franz. Herr- 
haſt im Oſten des Landes zu befeſtigen ſuchte, unterwarf ſich Abd-el-Kader im Weſten alle 
Stämme ſüdlich von ſeinem Gebiet bis an die Wüſte und führte ſogar cinen, obwol erfolg- 
loſen, Krieg mit dem Wüſtenfürſten Tedſchini von Ain-Mahdy. Als ſich endlich der Emir 
ftarf genug fühlte, benußte er eine angebliche Verlegung feines Gebiets, um den ſchon längſt 
zweifelhaften Frieden zu kündigen, und brah im Nov. 1838 mit überlegener Macht gegen die 
unvorbereiteten Franzoſen los. Wiewol Valée im ganzen über ein Heer von 70000 Mann 
verfügte, vermochte er ſich gegen Abd-el-Kader doch uur auf der Vertheidigungslinie zu behaup- 
ten, und tros einzelner glänzender Waffenthaten der Franzoſen ward ihre Herrſchaft in A. in 
der That noch einmal in Frage geſtellt. Ein günſtiger Wendepunkt für dieſelben trat erſt ein, als 
General Bugeaud 22. Febr. 1841 dag Generalgouvernement übernahm. Das neue Syſtem, 
das dieſer befolgte und zu deſſen Ausführung er in Lamoricieve, Cavaignac und Changarnier 
tüchtige Offiziere fand, beſtand darin, einestheils dur<h unaufhörlihe Razzias (Beutezüge) 
gegen die einzelnen Stämme und andere kleinere Unternehmungen dieſelben zu ermiiden, andern- 
theils in größern Expeditionen die regelmäßige Macht des Emirs aufzureiben. Nachdem das 
Heer auf mehr als 80000 Mann gebracht, operirte Bugeaud von drei Stützpunkten aus, von 
     
   
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
  
     
    
  
  
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