568 Alpenfalt Alpenroſe
Alpenkalk. Dieſe Bezeichnung hat man für die außerordentlich mächtigen Kalkſteinbil-
dungen der Alpen angewendet, deren geol. Alter lange Zeit ſehr in Dunkel gehüllt war. Erſt
in neuerer Zeit tft e8 namentlich den Geologen in Wien, München und der Schweiz gelungen
die Gliederung und wahre Stellung dieſer verſchiedenen Alpenkalkſteine zu erkennen. Dabei
hat ſich aber ergeben, daß in den Kalkſteinketten der Alpen nicht nur die Lagerungsverhältniſſe
der Schichten oft ganz außerordentlich geſtört und überſtürzt ſind, ſondern daß auch der petro-
graphiſche und paläontologiſche Charakter der alpinen Flögformation in vieler Beziehung von
dem in allen nördlichern Gegenden Europas abweicht. Hierdurch ift e8 nöthig geworden, den
einzelnen Formationen oder Abtheilungen der alpinifchen Sedimentärgebilde befondere Benen-
nungen zu geben, welche meiſt von einzelnen Localitäten oder charakteriſtiſhen Verſteinerungen
entlehnt worden find. Dieſe Abtheilungen, voran die geol. Periode, der ſie angehören, find
die folgenden: A. Kreideperiode: 1) Goſauformation, wenig Kalkſteine, aber ſehr viel Verſtei-
nerungen enthaltend, und Hippuritenkalkſtein; 2) Spatangerkalk, ſehr reich an Verſteinerungen;
3) Aptychenkalk mit Aptychus aptai und ditai, und Schrattenkalk; 4) Roßfelder Schichten,
mehr Mergel als Kalkſtein. B. Juraperiode: 5) Plaſſenkalk oder Nerineenkalk (Barmſtein-
fall); 6) Aptychenkalk mit Aptychus lamellosus; 7) Wilſer Kalk; 8) Fle>enmergel oder
Allgäuſchiefer; 9) Hirlabſchihten und Adneter Schichten, voll Crinoideen und Ammoniten,
C. Triasperiode: 10) Dachſteinkalk, ſehr mächtig, durch die ſogenannte Dachſteinbivalve harak-
teriſirt; 11) Köſſener Schichten, Gervilliaſchichten oder obere Raibler Schichten; 12) Haupt-
dolomit (Schleredolomit ?); 13) Carditaſchichten, Raibler öder Caſſianer Schichten; 14) Hall-
ſtätter Kalk oder Wetterſteinkalk; 15) Partnachſchiefer oder Bactvillierſchiefer, untere Caſſian-
ſchihten; 16) Guttenſteiner Kalk oder Virgloriakalk; 17) Steinſalz, Gips und Werfner Schich-
ten. In dieſer Schichtenreihe ſpielen die Kalkſteine durch ihre große Mächtigkeit und ihr felfiges
Hervorragen eine ganz überwiegende Rolle, und ebendeshalb bezeihnet man auh wol die
geſammte Reihe zuweilen als Alpenkalkſteinbildung.
Alpenpſlanzen heißen im ſtrengern Sinne des Worts diejenigen Pflanzen, deren natür-
licher Standort auf Bergen fich befindet, die zum Theil mit Schnee bede>t find, der auch unter
der Einwirkung der Sommerwärme nicht ganz wegſchmilzt, und welche ſih ſonach bis über die
Linie des ewigen Schnees erheben. Da nun aber, je nah der geogr. Breite und je nah ört-
lichen beſhränktern Verhältniſſen, dieſe Linie in verſchiedenen Ländern auf ſehr verſchiedenen
Höhen verläuft, ſo ergibt fich, daß der Begriff A. nicht ſowol auf der relativen Erhöhung des
Standorts als vielmehr auf den an dieſem herrſchenden mittlern Temperaturverhältniſſen
beruht. Wenn man von A. des mittlern Europa ſpricht, ſo meint man damit jene Formen,
die auf einer mittlern Höhe von 6000 F. wachſen und eine Zone im Sinne der Pflanzen-
geographie bilden, die an ihrer nördl. Grenze, dem Rieſengebirge, auf 4000 F. herabſinkt, in
den Alpen und Pyrenäen bis 9000 F. und hin und wieder noch etwas höher hinaufreicht, an
eigenthümlichen Formen zwar ſehr reich iſt, allein auh manche Pflanzen enthält, welche auf
viel niedrigern Bergen, zum Theil ſogar in den Ebenen noch ſih finden. Die leßtern miſchen
fich jedoch um ſo weniger ein, je höher das Gebirge ſih erhebt. Daher beſizen die kleinen
\hneefreien Räume der oberſten Region eine ſehr charakteriſtiſche Flora, deren Gewächſe durd)
niedrigen, gedrungenen Wuchs, die Neigung, dichte Raſen zu bilden, wollige Behaarung, halb
oder ganz holzigen Stengel und verhältnißmäßig große und lebhaft gefärbte, oft ſehr wohl-
riehende Blumen ſich auszeichnen, und als folche den Bewohnern der Ebene ungewöhnlich
erſcheinen und gefallen. In den Alpen Mitteleuropas feſſeln das Auge zumal die Gentianen,
Steinbreche, Alpenroſen (Rhododendron), verſchiedene Primeln u. |. w. Manche A. haben
einen ſehr beſchränkten Verbreitungsbezirk. So zeichnet ſih die Schweiz vor der Flora Deutſch-
lands, welche jest 3400 Phanerogamen zählt, dadurch aus, daß ihre Flora 2200 Phaneroga-
men enthält, unter welchen wieder beinahe 100 Arten find, die bisjegt num in den Schweizer
Alpen aufgefunden wurden. Ebenſo verhält e8 fi im allgemeinen mit den kryptogamiſchen
Gewächſen, die noch viel reicher in den Alpenregionen vertreten ſind. Auch gibt es einzelne U,
die bisjeßt nur an wenigen Orten gefunden wırden, wie 3. B. Hypericum Coris auf dem
Berge Wiggis im Canton Glarus und in Südtirol, Wulfenia Carinthiaca in Oberfürnten,
und viele andere, Die Verpflanzung der A. in Gärten hat große Schwierigkeiten und mislingt
bei der Mehrzahl. Die Zierlichkeit derfelben, au) im getrodneten Zuftande, macht fie zu Veb-
lingen der Dilettanten unter Pflanzenſammlern.
Alpenrebe, #. Atragene.
Alpeurvſe, f. Rhododendron.