Full text: A bis Arad (Band 1)

  
588 Alter vom Berge Altes Land 
oder Antiquitäten. Während die Beſchreibung der alten Kunſtdenkmäler Gegenſtand einer be- 
ſondern Wiſſenſchaft, der Archäologie (f. d.), geworden iſt, erſtre>t ſich die Disciplin der 
Antiquitäten nur auf die Erforſchung der alten Verfaſſungen, Sitten und Einrichtungen. Die 
Antiquitäten zerfallen demnach in Staatsalterthümer und Privatalterthiimer. Die Staats- 
alterthümer behandeln die Verfaſſung, die Rechtspflege, das Polizeiweſen, das Finanzweſen, 
das Kriegsweſen, Cultus, Handel. Die Privatalterthümer dagegen beſchäftigen fich mit 
den phyſ. und geſelligen Verhältniſſen, mit der Familie, dem Sklaventhum, der Lebensweiſe, 
häuslichen Einrichtung u. |. w. Diefe Disciplin war namentlich im 17. und 18. Jahrh. zu 
einer ganz principloſen Anhäufung von Notizen ausgeartet, und erſt in jüngſter Zeit hat man 
begonnen, jene todte Vielwiſſerei geiſtig zu einer wirklichen Wiſſenſchaſt zu beleben, die ſth 
dann als ein Glied in die Alterthumswiſſenſchaſt oder Philologie einreiht. Daſſelbe gilt im 
allgemeinen auh von den Alterthümern der übrigen erloſchenen Culturvölker, wie der Aſſyrier 
und Babylonier, der Phönizier, Etrusker, Aegypter und Hebräer. Am meiſten iſt bisjegt, 
wenn auh meiſt nur im theol. Intereſſe, für die hebräiſchen Alterthümer oder biblif he 
Alterthumskunde geſchehen. Bei noh blühenden Culturvölkecn pflegt man den Ausdru> 
Alterthümer nicht blos auf die Denkmäler und Zuſtände aus borchriftl, und vorislamifcher Zeit 
zu beſchränken, ſondern viel weiter auf alles auszudehnen, was unſerer Zeit gegenüber veraltet 
iſt. Die deutſchen Alterthümer würden ſomit bis zur Reformation herabgreifen, oder alles 
das in Werken der Kunſt ſowie in den Zuſtänden der Cultur überhaupt umfaſſen, was man 
als «altdentſh» dem Modernen gegenüberſtellt. In dieſem Sinne hat z. B. Jakob Grimm 
ſeine Darſtellung der deutſchen Rechtsalterthümer aufgefaßt. Analog den Alterthümern noch 
beſtehender Völker hat ſih in neuerer Zeit die Lehre von den älteſten Einrichtungen, Sitten 
und Gebräuchen in der chriſtl. Kirche als eine beſondere Disciplin unter dem Namen der 
Chriſtlichen Alterthümer der Kirchengeſchichte zugeſellt. Ueber die Alterthümer der ein- 
zelnen Culturvölker ſowie über einzelne bedeutende Denkmale ſiehe die betreffenden Artikel des 
Werks, Ueber die Alterthumsvereine, ſt. Hiſtoriſche Vereine. 
Alter vom Berge (arab. Scheikh-el-Dſchebl) iſ der Titel, den ſich Haſſan ben-Sabbah, 
der Gründer der mohammed, Sekte der Affaſſinen, beilegte und den ſpäter ſtets die Häupter 
derſelben führten. (S. Aſſaſſinen.) 
Alterweiberſommer, aud Fliegender Sommer, Flugſommer, Sommerflug, Gras: 
webe u. f. w., heißen die weißen Fäden, welche im Herbft, bisweilen auch im Frühling, die 
Luft durchziehen. Sie ſind das Geſpinſt ſehr kleiner, noch nicht lange aus den Eiern geſlüpf- 
ter Spinnen von allen möglichen Arten, die entweder Fäden nach ſih ziehen, um damit einen 
* Halt zu haben, oder auch kleine Geſpinfte machen, die ſie nachher verlaſſen, wie zur Uebung, 
oder auh mittels langer Fäden, welche ſie bei einigem Luftzuge von einem erhöhten Orte 
in die Luft hineinfpinnen, fich vom Boden erheben und hwebend vom Winde forttragen laſſen, 
bis ſie einen günſtigen Ort zum Feſthalten finden. Faſt alle Spinnen machen fo in ihrer 
Jugend kleine Reiſen, ſodaß die fliegenden Fäden nicht einer einzelnen Art zugeſchrieben wer- 
den können, ſondern vielmehr denjenigen Arten, die gerade in einer Gegend am häufigſten 
find. Man ift ſehr lange über den Urſprung des Fliegenden Sommers in Zweifel geweſen. 
Im Volksglauben früherer Jahrhunderte brachte man ihn in Verbindung mit den Göttern; 
wie denn die heidniſchen Slawen das Geſpinſt von einem Gotte über die Erde gebreitet glaub- 
ten. Später, nah Einführung des Chriſtenthums, bezog man es auf Gott und Maria, wes- 
halb es in Frankreich Fils de Ia Vierge, im ſüdlichen Deutſchland Mariengarn, Marien- 
faden oder Frauenſommer, in England Gossamer (d. i. Gottes Schleppe) genannt wird. In 
Schweden heißt e8 Dvärgsnät (d. i. Ziwergsneb). 
Altes Land, eine fehe fruchtbare Marfchebene in der Hannov. Landdroftei Stade an der 
Elbe, zwiſchen Buxtehude und Stade, durchſtrömt von der ſchiffbaren Eſte, der Lühe und 
Schwinge, Dieſe Marſch wurde im 12. Zahrh. von Niederländern urbar gemacht, iſt etwa 
3/2 Q.-M. groß und bildet gegenwärtig das Amt Zork mit 18 Gemeinden und 19915 E,, 
die ſich noh jebt durch ihre der niederländiſchen ähnliche Tracht ſowie dur ihre Sitten und 
Gebräuche, ſelbſt dur die Bauart ihrer Häuſer von der frteftfchen und niederfächf. Bevölke- 
rung anderer Marſchen unterſcheiden, Der Flé>en Jork, mit 1800 E,, iſt der Hauptort der 
Marſch, deren übrige Bewohner nicht in zuſammenhängenden Dörfern, ſondern, wie faſt in 
allen Marſchen an der Elbe und Weſer, in meilenlangen Reihen ziemlich netter, einſtö>iger 
Hänfer wohnen. Die Erzeugniffe des Landes ſind Getreide und viel Obſt, beſonders Herz- 
kirſchen, mit denen nicht allein ganz Hamburg, ſondern auch ein großer Theil von Holſtein und 
   
   
   
    
     
      
   
    
    
     
   
   
   
   
    
     
   
   
   
   
     
   
    
   
   
    
    
    
   
    
  
  
  
  
  
   
  
    
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