Full text: A bis Arad (Band 1)

   
  
614 Amazonenftrom 
chen Dcean und Strom, der beſonders zur Zeit der Springfluten die Schiffe gefährdet. Als 
Tropenſtrom iſt der A. das Gegentheil vom Nil, indem er nicht dur< verſchiedene Zonen, 
ſondern faft in feiner ganzen Länge dem Aequator zur Seite hinfließt und daher ſeine, alles 
Aehnliche überbietende, Anſchwellung durh Regen in der ganzen Ausdehnung gleichzeitig erhält. 
In der Ueberſhwemmungszeit, vom Jan. bis März, ſteigt der Strom 40, ja 50 F., verwandelt 
das Land meilenweit in eine Waſſerwüſte und gießt ſein Gewäſſer oft dur Seitenkanäle in die 
Betten der Nebenflüſſe aus, um ſie weiter unten wieder zu erhalten. Auf ähuliche Weiſe theilen 
ſich die Nebenflüſſe ihr Waſſer mit und fo entſtehen auf dem faſt wagerehten Niveau der Tief- 
ebene viele periodiſche Vifurcationen. Das Steigen des Waſſers dauert etwa 120 Tage. Sechs 
bis aht Wochen nah dem höchſten Waſſerſtande treten die mit Schlamm überzogenen Wald- 
flächen wieder hervor und die geflohenen Thiere kehren zurü>. Erſt wenn die Hochflut des 
Stromes ſinkt, beginnt das Waſſer am Hauptſtrom wie in den Nebenflüſſen ſein großartiges 
Vernichtungswerk gegen die Ufer. Die aufgeweichten Lehmwände, von dichtem Urwald belaſtet, 
ſenken fi. Ganze Waldpartien {hweben über dem Waſſer und ſtürzen bei irgendeiner Er- 
ſhütterung mit Getöſe in das Waſſerchaos. Ungeheuere Maſſen von Treibholz werden in den 
Nebenflüſſen herabgeführt; doh gelangt nicht alles bis zum Meere. Vieles ſtrandet an den 
Sandbänken und den zahlreichen Inſeln; anderes häuft ſih an dem Uferrande zu mächtigen 
Holzbollwerken zuſammen; zahlloſe Stämme ſinken nieder und bilden bei der trüben Beſchaffen- 
heit des Waſſers eine große Gefahr für die Schiffahrt. Der die Stromufer begleitende Ur- 
wald bietet in Vegetation und Thierwelt die ganze Mannichfaltigfeit der Tropenländer. Der 
A. ſelbſt iſt überaus reih an Waſſerthieren, Kaimans, Waſſerpflanzen, Delphinen und andern 
Walthieren, namentlih au< an Fiſchen und den ſhmachafteſten Schildkröten. In größter 
Menge wird die Pira-rucu oder der Rothſiſch, welher 6 —8 F. lang und 150-—200 Pfd. Ichmwer 
wird, mit Bogen und Pfeil erlegt. Sein Fleiſch wird geſalzen, gedorrt und in ganzen La: 
dungen nah Para verſchifft, wo er ſelbſt den nordiſchen Stockfiſh vom Markte verdrängt hat. 
Noch bedeutender ift die Jagd auf Schildkröten, deren Fleiſch die Hauptſpeiſe der Anwohner 
bildet. Die aus den Eiern bereitete Schildkrötenbutter oder - Oel (Manteca) iſt ein wichtiger 
Handelsartifel, von dem früher jährlih 60000 Töpfe (von je 4000 Eiern) den Strom hinab- 
gingen. Ein hohwichtiges Jagdwild iſt auh der Lamantin oder Manati (ſ. d.), eine eigen- 
thümliche Cetacee, die im A. weit verbreitet iſt. 
Der A. wurde an ſeiner Mündung 1500 von Vicente Yañez Pinzon, an ſeiner Quelle 
1535 von den Spaniern entde>t. Befahren ward der Strom zuerſt, und zwar vom Napo 
abwärts, durch Pizarro's Gefährten Franzisco de Orellana (1540— 41), der auch die Fabel 
von einem Lande der Amazonen und dem Goldlande oder Eldorado aufbrachte. Unter denen, 
welche ſi in der Folgezeit um die Erforſchung des Stromlaufs verdient machten, find befon- 
ders Pedro Texeira (1637 — 39), der Jeſuitenpater Samuel Frit («der Apoſtel des A.»), 
Condamine (1743—44), ſpäter Spix und Martius (1820), Maw (1829), Pöppig (1831— 
32), der Prinz Adalbert von Preußen (1842), der Graf Caſtelnau (1846) zu nennen. Von 
beſonderer Wichtigkeit wurde jedoch die im Auftrage der nordamerik, Union unternommene Ex- 
pedition von Herndon und Gibbon (1850— 52). Der Culturbau der Spanier ‘und Portu- 
gieſen_an den Ufern des A. und ſeinen Nebenflüſſen ſtürzte zum großen Theil Ichon bei Ber- 
treibung der Jeſuiten und dann ſpäter, als ſi< Braſilien von Portugal losrif, zuſammen. 
Doch erhob ſi aus dieſen jeſuitiſh-portug. Nuinen bereits wiedér, wenn auh nur langſam, 
eine freiere Entwidelung. Wenn auch die braſilian. Regierung noh immer das ungeheuere 
Stromgebiet den Flaggen auswärtiger Nationen verfchloffen Hält und nur bis zur Stadt Para 
und mit derſelben freien Verkehr duldet, hat dieſelbe doh dur< zwei Maßregeln ein ganz neues 
Leben hervorgerufen, indem ſie den weſtl. Theil der rieſigen Provinz Para 1851 zu einer 
eigenen Provinz Alto- Amazonas (f. Amazonas), mit einem befondern Berwaltungsetat zu 
Barra de Rio- Negro oder Manoas, erhob und dieſer Einrichtung als Belebungsmittel die 
Dampfſchiffahrt hinzufügte. Zweimal monatlich läuft ein großer Stromdampfer von Para 
aufwärts über die Hauptftationen Santaren, Obido8 und Serpa nad) Manoas. Von hier 
aus ging anfänglich zweimonatlich ein Dampfer weiter ſtromaufwärts über Tabatinga nach 
Nauta an der Mündung des Ucayali, von wo aus ein peruaniſcher Dampfer den Ucayali auf- 
wärts ging! Das peruaniſche Unternehmen ward jedoh vernachläſſigt, ſodaß die Braſilianer 
ihre Dampferfahrten auf Tabatinga beſchränkten. Seit 1861 indeſſen fahren die braſilian. 
Dampfer über Nauta hinauf bis zur Mündung des Huallaga, dieſen aufwärts bis zum Stapel- 
pla Yurimaguas am Paranapura, und aus dieſem weiter in den Cachiyacu bis zum Orte 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
  
  
	        
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