682 Anagramur Anahuac
der einſtigen Verklärung verſtanden, der Liebhaber und die Geliebte des Hohenliedes auf Chri-
ſtum und ſeine Kirche, der 45. Pſalm, anſtatt auf einen irdiſhen König, auf den Meſſias als
einen himmliſchen König bezogen. Die jüdiſh-alexandriniſhe Schule, Philo als Repräſentant
an der Spitze, ift der vornehmlichfte Sit dieſer Auslegung geweſen. Doch kennen ſie auch die
Heiden ſowie das Neue Teſtament und die ſpäter chriſtl. (beſonders alexandriniſche) Theologie.
Anägramm nennt man das Rü>wärtsleſen der Buchſtaben eines oder mehrerer Worte,
Sp ift «Sarg» ein A. von «Gras», und «Nebel» von «Leben». Im weitern Sinne verſteht
man darunter eine Buchftabenverfegung, um dadurch ein oder mehrere neue Wörter zu bilden,
wie z. B. «Dame» und «Made». Calvinus nannte ſih auf dem Titel ſeiner Inſtitutionen,
vermöge eines A., «Alcuinus». Auf ähnliche Weiſe geben die Worte «Révolution frangaise»
das A.: «Vn Corse:la finira» und das bedeutungsvolle «Veto»; dann auch ein anderes A.:
«La France veut son roi». Vorzüglich liebten die myſtiſchen Ausleger der heiligen Schriften
bei den Juden, die Kabbaliſten, dieſe Spielereien. Es gibt weitläufige Sammlungen ſolcher A.
Vgl. Wheatley, «0n Anagramms; a monograph treating of their history from the earliest
ages to the present time» (VYond. 1862).
Anagzyris nannte Linné eine Sträuchergattung aus der Familie der Schmetterlingsblütler
und der 17. Klaſſe ſeines Syſtems, deren Arten die wärmere gemäßigte und Tropenzone der
nördl. Halbkugel bewohnen und der Mehrzahl nad) in Oſtindien und China zu Hauſe find.
Dieſe Sträucher haben dreizählige, dem Goldregen (Cytisus Laburnum) ähnliche Blätter und
bringen kurze Trauben goldgelber Blüten hervor, an denen die Flügel länger ſind als die Fahne
und kürzer als das Schiffchen. Die ziemlich große, flach zuſammengedrücte, vielſamige Hülſe
iſt kurz geſtielt und inwendig zwiſchen den Samen mit ſ<hwammigen, unregelmäßigen Scheide-
wänden verſchen. Eine Art dieſer Gattung, welche im ſüdlichſten Spanien und Portugal fo-
wie in Nordafrika wild wächſt und einen bis mannshohen Strauch bildet, beſitzt ein fehr übel-
riechendes Holz, das dieſem Strauch den Namen Stinkſtrau ch zugezogen hat. Daſſelbe iſt
als Brech- und Abführungsmittel benutzt worden.
Anahuac, der ſüdl. Theil des großen Tafellandes von Mexico oder Neuſpanien in Ame-
rifa, vor Ankunft der Europäer der Hauptſit der dort einheimiſchen Culturvölker, der Tolteken,
Chichimeken, Acolhuer und Azteken, noh jegt der Hauptbeſtandtheil des mexic. Staats, erhebt
fich unter 17° nördl. Br. aus den Ebenen von Tabasco und Tehuantepec, und erſtre>t ſich,
allmählich an Breite zunehmend, bis zum 21.° nördl. Br., wo es in der Sierra-Madre und
über die Hochebenen von Queretaro, San-Luis-de-Potoſi und Xaliſco hinaus mit dem Syſtem
der Felſengebirge in Verbindung tritt. Das A., den entſchiedenen Charakter eines zuſammen-
hängenden, nicht zergliederten Maſſengebirges tragend, ſteigt in O. aus den Tierras-Calien-
tes der Küſtenebene von Cuetlachtlan in ſteilen Stufen und Terraſſen plößlih auf, die öfter
faum 3 M. breit, nur an einer einzigen Stelle, bei Chalapa, einen fahrbaren Paß befigen.
Ein hohes Randgebirge, das in dem Citlaltepetl oder Pic von Drizaba (16302 F.), dem
Coffre de Perote oder Nauhcampatepetl (13400 F.), dem Popocatepetl (16626 F.), dem
Zztaccihuatl und dem Nevado de Toluca die hier 14000 F. hohe Schneegrenze überragt, um-
grenzt in D. da8 Hochland, welches bei einer Erhebung von 9—5000 F. im allgemeinen von
O, nah W. geneigt iſt und durch wenig erhobene Ketten mit einzelnen, Hoch emporragenden
Gipfeln in mehrere beſondere Hochebenen, wie die von Tlascala mit 6750, von Tenochtitlan
oder Mexico mit 7000, von Toluca mit 8330 und von Michoacan mit 5500—6000 F.
mittlerer Erhebung, geſchieden wird. Nah W. zu ſenkt ſich das Tafelland über die weiten, von
Thälern zerriſſenen Terraſſenlandſchaften, die herrlichen Tierras-Templadas von Mirtecapan
und Daraca (nod) 4500 3. hoc), allmählich zu der Küſtenebene von Colima ab. Außer den
Alpenfeen der Tafelländer zählt das A. nur wenige Gewäſſer, da die Flüſſe auf den Rand-
gebirgen entſpringen und nah meiſt kurzem und reißendem Laufe dem Meere zueilen. Viele
der kleinen Gewäſſer fließen in den oft in vollfommen ebenen Flächen plößlih auftretenden
und jede Communication unterbrehenden Barrancas oder von ſteilen Felswänden begrenzten
Schluchten, die zum Theil 1000 F. tief ſind. Die eigenthümliche Configuration des Landes
bedingt die wunderbarſte Verſchiedenheit in Klima und Erzeugniſſen. Während die Küſten-
ebenen echt tropiſhen Charakter haben, ſhmüd>t die weſtl. Abſenkungen ein ewiger Frühling;
während an den Ufern des Mexicaniſchen Golfs das Gelbe Fieber den Europäer hinrafft,
wird die Kühle auf der Hochebene von Toluca ſelbſt empfindlih und unangenehm. Die förm-
liche Zſolirung des Plateau von der Küſte, die theils dur<h den Mangel an ſchiffbaren Strö-
men, theils durch die Unzugänglichkeit der Randgebirge im D, bewirkt wird, ferner der Mangel