Full text: A bis E (1. Band)

  
140 Auſtralien 
als ein liebliches Lallen, das kaum eine Sprache genannt werden kann. Jm All 
gemeinen iſt die Sprache der Auſtralindier bei weitem ausgebildeter als die Pa- 
puasſprache. Ihre Sprachen ſcheinen von einer und derſelben Urſprache abge= 
leitet zu ſein, obgleich ſie jet ſchon ſo verſchieden läuten, daß kein Stamm den an: 
dern verſteht. Dies iſt durch die Jſolirung der verſchiedenen Völkerftamme erklär: 
Lich, da bei dem Zerſtreutleben beinahe ſhon ein Menſchenalter hinreicht, um eine 
Sprache zu verwirren. Péron vergleicht die Sprache der Eingeborenen von Van: 
diemensinſel mit einer Art von Rollen (roulement), bei dem fein beſtimmter Laut 
unterſchieden werden könne, und vermißt darin die Buchſtaben S und F. Die Spra- 
chen des Feſtlandes ſind im Verhältniß zu den Mundarten des nordweſtlichen Au- 
ſtraliens äußerſt roh und haben im Zahlenſyſteme nur Wörter, um bis fünf zu zäh- 
len, welches viel bedeutet, während die malaiiſche, tagaliſche und peljuaniſche Spraz 
che auf den nordweſtlichen Inſeln das Zehnthum, und die ſüdöſtlichen ſogar das 
Zwanzigthum haben, da ſie nach Chamiſſo immer paarweife zählen, eine Erſchei: 
nung, die bei barfuß gehenden Völkern, die ihre Zehen ſo gut wie ihre Singer immer: 
dar vor Augen haben, ſehr natürlich iſt. Der Raum geſtattet uns nicht, eine Schil- 
derung von ihrem Zuſammenleben, ihrer Häuslichkeit, ihren Gebräuchen, Sitten, 
Waffen, der abergläubig grauſamen Sitte, den Jünglingen, wenn dieſe in das 
Mannesalter treten, einen oder mehre Vorderzähne gewältſam auszubrechen, von 
den Gaukeléien ihrer Karrahdis oder Zauberer, von dem Lebendigbegraben der 
Kinder und dem auf einigen Jnſeln (z. B. Neucaledonia) herrſchenden gänzlichen 
Mangel an Gottesverehrung zu entwerfen, welches Alles dem Neuholländer ſo ſehr 
den Stempel roher Eigenthümlichkeit aufdrüdt. Hunter ſagt: „Sie widmen we- 
der der Sonne, noh dem Monde, noch den Sternen eine größere Aufmerkſamkeit 
als irgend ein Volk, das mit ihnen dies unermeßliche Land bewohnt.“ Dagegen 
hat Evans von den Bewohnern der Vandiemensinſel gehört, daß die Stämme der 
Oſtküſte den Sig ihrer Götter auf die blauen Berge verlegen. Dull fand 1793 
auf der Datnleyinfel faft in jeder Hütte, vechts vom Eingange zwei oder drei Men: 
ſchenſchädel um ein hölzernes Bildniß, das in ſeiner rohen Geſtalt bald einem Men- 
ſchen, bald einem Vogel glich, aufgehängt und mit Federn des Emu geziert. Bei 
einigen Stämmen hat man zwar einen abenteuerlichen Polytheismus, aber doh 
ſchwache Begriffe von Unſterblichkeit der Seele, von einem guten und böfen Zu- 
ſtande nach dem Tode vorgefunden. Die wenigen Religionsgebräuche ſind jedod) 
auf jeder Jnſel verſchieden. Anders verehrt der Neufi eeländer, anders der Tongaet, 
anders der Tahitier feinen Gott. Nicholas berichtet, daß die Mythologien der Neu- 
feeländer und der Battaer auf Sumatra eine auffallende Ahnlichkeit haben. Auf 
den Geſellſchaftsinſeln betet man drei höchſte Weſen an: Tane, te medua oder der 
Vater, Oromattow, tua ti te myde oder der Sohn, und Tarva, mannu te hua oder 
der Vogel und Geiſt; dann hat man noch eine große Menge Catnas und Tis, d, h. 
gute und böfe Hausgötter, Morais (Gott geweihte Pläge für alle heilige Ceremos 
nien, wo die Grabgerüſte der Erih, d. i. Adeligen, ſtehen) und das Tabuh (heilig), 
welches aber hier Raa heißt, eine Art von Jnterdict, welches nur die oberſten Prie- 
ſter ausfprechen durften. Seitdem aber der König Pomare ll. (f. Bd. 8) auf 2a: 
hiti mit dem größten Theile ſeiner Verwandten das Chriſtenthum angenommen und 
feit 1815 die engliſchen Miſſionare bei der Verbreitung deſſelben eifrig unterftüßte, 
find die Menſchenopfer und der Gögendienſt immer mehr und mehr verſchwunden, 
und fchon 1822 zählte man auf Tahiti 66, auf Eimeo 16 chriſtliche Gotteshäuſer. 
(S. Miffionsgefellfhaften.) Dagegen find nach Kosebue Heuchelei und 
Unduldfamkeit, Trägheit und Verfall der Schifffahrt und des Gewerbfleißes einge: 
treten, und die Bevölkerung iſt von 400,000 Seelen auf 200,000 herabgefunten, 
Auch Beech ey (. d.) ſpricht die Meinung aus, daß das Chriſtenthum auf Dtahiti 
nicht in dem Umfange fidy ausgebreitet habe, als man aus den Nachrichten ſchließen 
  
  
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