232 Berlins Kunſtſammlungen
nachdem ſehs Jahre zuvor der Grund dazu gelegt worden war. Jn architekto-
niſcher Rückſicht gehört dieſes Gebäude zu den gelungenſten Werken neuerer Bau:
Eunft und dürfte vor Allem, was Schinkel (f. Bd.9) gebaut hat, den Preis ver-
dienen. Schon bei der Wahl des Plates zeigte er ſich als einen unternehmenden und
genialen Baumeiſter, indem er, aller Bedenklichkeiten ungeachtet, einen ſumpfigen
Arm der Spree dazu wählte, wobei er jedoch den Vortheil gewann, die Fronte des
Hauſes gegen einen freien Plas zu richten. Das ungeheure Gebäude ruht auf
einem Pfahlroſte von mehr als tauſend Fichtenſtämmen von 48 — 50 Fuß Höhe,
welche eingerammt werden mußten. Das Muſeum bildet ein Viere> von 276
Fuß Lange und 179 Fuß Tiefe. Die Höhe vom Fuß bis zur Oberkante des
Hauptgeſimſes beträgt 61 Fuß. Das Gebäude theilt ſich in einen Unterbau, ein
Hauptgeſchoß und ein zweites Geſchoß. Die Hauptfronte iſt dem Luſtgarten zu-
gekehrt und hat eine Länge von 276 Fuß. Eine Treppe von 21 Stufen führt zu
einer 16 Fuß tiefen Vorhalle, die von 18 freiſtehenden ioniſchen Säulen gebildet
wird. Das Mufeum enthält folgende Sammlungen: a) die Bildergalerie; b)
die antiken Bildhauerwerke; c) die Bafenfammlung; d) die Sammlung von
gefhnittenen Steinen; e) die Sammlung antiker und moderner Münzen; f) die
Sammlung antiker Bronzen; g) die Sammlung der Majoliken. Die der Bil:
dergalerie gewidmeten Räume beſtehen in einem Saale von 204 $. Länge, 30 8.
Breite, zwei Sälen, jeder von 123 F. Länge und 29 F. Breite, und mehren
Nebenzimmern. Um den erfoderlichen Raum und zugleich eine gute Beleuchtung _
für die Gemälde zu gewinnen, ſind zwiſchen den Fenſtern hölzerne Schirmwände
gezogen worden, welche an beiden Seiten mit Bildern behängt wurden, und man
hat dadurch einen Flächenraum von 38,000 Fuß erlangt. Die Wände, mo die
Bilder hängen, ſind mit dunkelrothen, geblümten Tapeten überzogen; ſämmt-
liche Gemälde haben neue, vergoldete Rahmen erhalten. Als der König 1824
den Bau eines Muſeums genehmigte, ertheilte er zugleich mit wahrhaft könig-
licher Freigebigkeit die Erlaubniß , aus ſämmtlichen königlichen Schlöſſern dieje-
nigen Gemälde und Kunſtwerke für die öffentliche Sammlung auszuwählen,
welche eine beſonders ernannte Commiſſion dazu geeignet finden würde. Dieſe
Erlaubniß beſchränkte ſich nicht blos auf die beiden königlichen Bildergalerien in
den Schlöſſern zu Berlin und zu Sansſouci, auch die königlichen Gemächer wurden
geöffnet und außerdem noch zwei bedeutende Sammlungen, die in Paris 1815 ge-
Eaufte Galerie Siuftiniani (f.Bd. 4) und Solly’s Sammlung, hinzugefügt. So
iſt es möglich geworden, einen für die Geſchichte der Kunſt, insbefondere der ita=
Kenifchen Malerei, einzigen Schag zu gewinnen; denn weder in Deutſchland,
noch in England, Frankreich und felbft nicht in Stalien findet man eine Samm-
lung, welche uns ſo vollſtändig über alle Perioden und alle Schulen der Malerei
unterrichten könnte, als die Galerie zu Berlin. Die Grundlage für die italieni-
ſhèn Meiſter des 13., 14. und 15.- Jahrhunderts bildet Solly's Sammlung,
welche dur< die Liebhaberei eines der ſonderbarſten Kunſtfreunde entſtand.
Solly, - früher Holzhändler in London, überließ ſein großes Geſchäft ſeinem
Bruder, zog nah Berlin und lernte als Gemäldeliebhaber den durch ſeine
Schriften über Kunſttheorie und Kunſtgeſchichte berühmten Hofrath Hirt ken-
nen, welcher bei feiner genauen Bekanntſchaft mit Ftaliens Kunſtſchäßen eine
große Anzahl von Bildern nachweiſen konnte, die ſich in Kirchen, Klöftern, öffent:
lichéèn und Privatgalerien befanden. Solly ſcheute feine Koſten, um alle ihm durch
Hirt namhaft gemachten Bilder zu erwerben. Er. befoldete in Bologna, Venedig
und Florenz Directoren und Profeſſoren der Akademien, welche ihm die bezeichnes
ten Gemälde um jeden Preis verſchaffen mußten, und bald waren die Räume ſeines
Hauſes in Berlin nicht groß genug , die Bilder darin aufzuſchichten. Auch in
Deutſchland und den Niederlanden machte er bedeutende Einkäufe, ohne im Min:
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