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ſeine kühne Kriegsthat auf ſi gezogen, dazu aufgefodert, vorzüglich durch die
Schnelligkeit und Geſchi>lichkeit ſeiner Bewegungen, die unter Correa in die The:
ler von Cucuta eingedrungene ſpaniſche Diviſion: Darauf von dem Congreſſe
von Neugranada zum Marescal del Campo ( Brigadier) ernannt, faßte er den
kühnen Entſchluß, mit ſeiner kleinen, aber erprobten und von ausgezeichneten
Offizieren, wie Ribas, Urdaneta, Girardot, d'Eluyar, geführten Schar in Be:
nezuela einzudringen und es von Monteverde zu befreien. Bald waren Merida
und Truxillo, ‘die weſtlichen Provinzen von Venezuela, in der Getwalt der Patrio-
ten; aber ein Corps, welches B. nach der reichen Provinz Varinas abſchi>te,
wurde geſchlagen, der Führer gefangen und mit 17 Waffengefährten und vielen
patriotiſchen Einwohnern von Varinas erſchoſſen. Zugleich mit dieſer Schre>ens-
nachricht erhielt B. zahlreiche Berichte úber die unmenſhli<ſten und ſhamloſeſten
Greuelthaten und Bedrüctungen, welche der ſpaniſche General Monteverde und
feine Offiziere und Soldaten in Venezuela verübten. Darüber entrüſtet, erließ er
am 13. San. 1813 die bekannte Proclamation, worin er den Spaniern den Ver-
nichtungsfrieg auf Leben und Tod (guerra á muerte) erflârt und jeden im Kam:
pfe gefangenen Spanier zu tödten befiehlt. Nachdem feine Armee, durch die Na:
trioten täglich verftärkt, den Feinden mehre glückliche Treffen geliefert und Monte:
verde” genöthigt hatte, ſich in Puerto Cabello einzuſchließen, hielt B. am 4. Aug.
1813 ſeinen Einzug in die Hauptſtadt Caracas. Als Befehlshaber der Befreiungs-
armee vereinigte er unter dem Titei: Befreier von Venezuela, alle Civil: und Mi:
litairgewalt, vernachläſſigte die Zuſammenberufung eines Congreſſes der Reprä-
ſentanten des Volkes, die Einführung einer feſten geſeblichen Ordnung, und einige
ſeiner Offiziere erlaubten ſich ſogar arge Bedrü>kungen. Am 2 Jan. 1814 wurde
B. durch einen Convent der zu Caracas verſammelten Civil- und Militairbeamten
zum Dictator mit unumſchränkter Gewalt ernannt. Unterdeſſen hatte Monte-
verde in Puerto Cabello aus Spanien Verſtärkung erhalten, und der wilde Royaliſt
Boves in den Llanos feine „Höllenfchar“ geſammelt und verwüſtete mit dieſer auf
eine furchtbare Weiſe das Land, indem er weder wehrloſe Männer und Greiſe
noch Weiber und Kinder fchonte, A Repreſſalie befahl B. die Verhaftung aller
Spanier und Jsleños (Canarier), und machte in cinem Manifeſte vom 8. Febr.
1814 bekannt, daß er zur Vergeltung dieſe Wehrloſen wie die ſpaniſchen Kriegs-
gefangenen tôdten laſſen werde. Und wirklich iſt dieſes furchtbare Urtheil, das nur
in der Entrüſtung über die von den Spaniern verübten Greuel einen ſchwachen
Entſchuldigungsgrund finden mag, an 1253 dieſer Unglücklichen vollzogen wor-
“den. Mit wechſelndem Glücke kämpften die Jndependenten mit Boves und den
Spaniérnz aber am 11. Jul. 1814 erlitt B. bei la Puerta, einem Andenpaß,
eine völlige Niederlage und ganz Venezuela gerieth wieder in die Gewalt der Spa-
nier. DB. hatte ſich mit einem kleinen Gefolge nah Cumana geflüchtet und
begab fich wieder nah Cartagena. Der Eongreß von Neugranada übertrug ihm
die Anführung des Heeres, welches er ausgeruſtet hatte, die Hauptſtadt Bogota
und die Provinz Cundinamarca mit Gewalt zu ber allgemeinen Union von Neu-
Granada zu bringen. B. führte ſeinen Auftrag {nell und glü>lich aus, und der
Congreß erließ eine Dankadreſſe an ihn; bald darauf wurde er beauftragt, die
Spanier aus der Hafenſtadt Santa-Marta zu, vertreiben; die nothwendigen
Kriegsbedürfniſſe ſollten ihm zu diejem Undernehmen aus Gartagena geliefert wer=
den; aber der Befehlshaber dieſer Stadt, Caſtillo, verweigerte es aus Neid und
Eiferſucht, und B., ſtatt Santa-Marta anzugreifen, unternahm eine vergebliche
Belagerung des feſten Cartagena und verlor dabri durch Krankheit den größten
Theil ſeiner Truppen. Während dieſer Fehde unter den Judependenten felbit, war
Morillo mit der großen ſpaniſchen Expedition auf der Jnſel Marguerita (15. März
1815) gelandet und bedrohte das Land. B. legte ſein Commando nieder und
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