Full text: A bis E (1. Band)

  
  
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Concordate der neuern Zeit 495 
ſind, ein Denkmal köóniglicher Weisheit. Nur das Papſithum, das darin eine dem 
Übermuthe und der Unduldſamkeit ſeiner ſtolzen Prieſter entgegenwirkende Anſtalt 
zu befürchten hatte, fonnte ſich damit nicht befreunden, ſondern ſuchte vielmehr dieſe 
in raſch fortſchreitender Entwickelung begriffene Jnſtitution als der Religion gefährz 
lich zu bezeihnen. Von nun an wütheten die franzóſiſchen Ultrajournale, die dama- 
lige „Etoile“ und nachmalige „Gazette de France”, auf die frechfte Weife gegen das 
Gouvernement, und man Elagte den Minifter des Cultus und Unterrichts in leiden- 
ſchaftlichen Anſchuldigungen wegen der Tendenz an, daß er Belgien proteſtantiſiren 
wolle, Intoleranz, Unmiffenheit, Profelytenmacherei, Alles vereinigte fich, um die 
Söhne einflußreicher Staatsbeamten gegen die Regierung aufzutwiegeln. Bei dies 
ſem Kampfe hätte die legtere ihren feften Weg fortgehen follen, allein unglü>licher- 
weiſe fam die unterbrochene Concordatsfrage jegt wieder zur Sprache. Die Unter- 
handlungen wurden 1826 durch den außerordentlichen Geſandten zu Nom, Grafen 
Fiacre Visher de Celles (ſ. d.), wieder angeknüpft, und dieſer Diplomat brachte das 
ſchwierige Geſchäft leider bald ins Reine. Die Convention wurde (18. Jun. 1827 
zu Rom unterzeichnet, und vom Könige (25. Jul.) im Gabinet ratificiet. Der 
Papſt bekräftigte ſie durch die Bulle: Quod jam diu maximis erat in votis (16. 
Sept.), welche darauf vom Könige unter Vorbehalten genehmigt ward (2. Des 
tober 1827). Das niederländiſche Concordat enthält nur drei Artikel: 1) die 
Anwendung des franzöſiſchen Concordats von 1801, welches im Süden galt, auch 
auf den Norden; 2) die Gründung von Capiteln und Seminarien z 3) die Art der 
Ernennung der Biſchôfe. Die neuen biſchöflichen Sige ſind: das Erzktisthum 
Mecheln und die Bisthümer Lüttich, Namur, Dornid, Gent, Amſterdam, Brügge, 
Herzogenbuſch. Die Verkündigung des abgeſchloſſenen Concordats erfüllte die apo= 
ſtoliſche Partei mit jubelnder Schadenfreude. Die Blätter, die in Namur, Gent 
und Lüttich erſchienen, konnten das glú>li< vollbrachte Werk nicht genug; ob» 
preiſenz dagegen ſahen es die Freigeſinnten im Lande und alle den Fortſchritten 
zum Beſſern Geneigten für eine wahrhaft betehbende, die Unabhängigkeit des 
Throns und die alten Freiheiten der Kirche gefährdende Erſcheinung an, deren Folge 
nichts Anderes fein Eönne, als aus der Geiſtlichkeit eine Macht im Staate zu bilden. 
Wie ſehr e8 dem römifchen Hofe darum zu thun war, bie Staatsgewalt zu Aber 
liſten, beweiſt die berühmte Allocution des Papſtes Leo XIL, im geheimen Eon= 
fiftorium vom 17. September. Ihr Inhalt, von dem man in Belgien bald Kennt: 
niß erhielt, rechtfertigte die Beſorgniſſe der Gegner des Concordats, und veranlaßte 
jenes vertrauliche Circular, welches der Miniſter der innern Angelegenheiten den 
Gouverneurs der Provinzen am 5. October 1827 mit dem Concordat zuſendete. 
Es wird darin die ſophiſtiſche Auslegung mehrer Punkte des Concordats von Sei- 
ten des Papſtes berichtigt, und das Recht der Regierung verwahrt. Dieſer Schritt, 
fo wohlgemeint er auch war, beſchleunigte doch den Sieg der Romaniſten. Sie be- 
\hwerten ſich in ihren Journalen über Unterdrückung des belgiſchen Katholicismus 
durch die holländiſchen Proteſtanten und klagten, daß man einen feierlich abgeſchloſz 
fenen Vertrag nicht halten wolle. Ihre Stimme fand einen Nachhall in den Ge- 
neralſkaaten, wo mehre ihrer angeſehenſten Häupter an der Spiße der belgiſchen Rez 
volutionspartei ſtanden. 
Die katholiſchen Cantone der ſ<hweizeriſchen Eidgenoſſen: 
\<aft. Um den Geiſt, welcher die leßten Concordatsverhandlungen der Schweiz ges 
leitet hat, Eennen zu lernen, ift es nöthig, aufdie fruhern Verhältniſſe Helvetiens zum 
päpſtlichen Stuhle in älterer und neuerer Zeit Rückbli>e zu werfen. Einſt waren die 
Bisthümer der Schweiz dur einen Metropolitanverband in ihrer Unabhängigkeit 
von Rom geſichert, Die wichtigſten derſelben, welche die eigentliche Schweiz befaßten, 
ſtanden entweder, wie Chur und Konſtanz, unter ber Metropolitangewalt von 
Mainz oder, wie Baſel und Lauſanne, unter dem Erzbiſchofe von Beſançon z die 
 
	        
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