Condé 501
von Spanien, begleitete, ſcheint Frau von Feuchères ihre Bemühungen fortgefegt
zu haben, und am 30. Auguſt ſchrieb der Prinz mit eigner Hand ein Teſtament,
worin er den Herzog von Aumale, oder nach deſſen Tode den jüngſten Sohn des
Herzogs von Orleans, zum Univerſalerben einſetzte, der Frau von Feuchères aber,
außer den in der frühern-Verfügung von 1824 ihr beſtimmten Legaten, noch andere
bedeutende Befigungen und zwei Milfionen Francs vermachte. ¿Es iſt erwieſen, daß
der Prinz allein war, als er dieſes Teſtament ſchrieb, welches er darauf in Gegenwart
feines Generalintendanten, des Barons von Sutval, den er zum Vollzieher feines
legten Willens ernannte, verſiegelt ſeinem Notare zur Verwahrung übergab. Die
Sulinsrevolution und der Sturz der ältern bourboniſchen Linie machten einen tie-
fen Eindruck auf den Prinzen, der ſeitdem feinen Landaufenthalt nicht mehr verließ
und oft die trübe Stimmung und die Beſorgniſſe verrieth, worein die Ereigniſſe thn
festen. At am 27. Auguft 1830, früh um acht Uhr, auf den Ruf ſeines Dieners
die von Jnnen verriegelte Thüre ſeines Schlafzimmers nicht geöffnet ward, und end-
lih die Thüre geſprengt worden war, ſah man den Prinzen im Nachtkleide nicht
weit: von einem Stuhle an dem eiſernen Haken der innern Fenſterladen hangen,
wo ein Schnupftuch ihn trug, das mit einem andern Tuche verbunden war, welches
wie eine Schleife den Hals umfing. Jedes Lebenszeichen war verſchwunden. Bei
der Leichenſchau und der ſpäter vorgenommenen Unterſuchung und Offnung des
Leichnams zeigte ſich keine Spur einer erlittenen äußern Gewaltthätigkeit, und das
Urtheil der Kunſtverſtändigen erklärte, daß eine Erdroſſelung die Todesurſache geroe-
ſen ſei. Die Arzte, welche die erſte Beſichtigung vornahmen, beſchränkten ſich auf
dieſen allgemeinen Ausſpruch ; die drei aus Paris geſandten Arzte aber, welche die
Leiche öffneten, gaben die Erklärung, daß bie Erdroffelung nicht durch, eine fremde
Hand bewirkt worden fei. Das Gericht zu Pontoiſe, zu deſſen Sprengel das Schloß
St-.Leu gehört, that darauf den Ausſpruch, der Tod des Prinzen ſei das Ergebniß
eines Selbſtmordes, und es finde ſich kein Anlaß zu weitern gerichtlichen Unter:
fuchungen. Der Parteitampfbenugte alsbald dieſes Ereigniß, und die „Quotidienne“
behauptete ausdrülich, der Prinz ſei ermordet worden. Nach der Bekanntmachung
des Teſtaments verlangte der Prinz Louis von Rohan eine weitere gerichtliche Un-
terſuchung und ließ zu gleicher Zeit (im Dctober 1830) ein „Appel à Popinion
publique sur la mort de Louis Henri Joseph de Bourbon” druden, worin die
Perſonen, welche er des Mordes beſchuldigte, namentlich die Baronin von Feuchères,
angedeutet wurden. Die Baronin drang nun gleichfalls auf die Fortfegung der
Unterſuchung, welcher, wie fie ſagte, ſie als Vermächtnißerbin des Prinzen und als
Gegenſtand ſeiner Wohlthaten nicht fremd bleiben könne. Ihre Gegner benußten
indeß alle Mittel, auf-die öffentliche Meinung zu wirken, und die Redlichkeit der
drei Ärzte, welche den Leichnam des Prinzen unterſucht hatten, wurde durch die
Behauptung angegriffen, daß jeder derſelben 100,000 Francs erhalten habe. Der
königliche Gerichtshof zu Paris übernahm die Unterſuchung der Sache, und nach:
dem über 150 Zeugen waren abgehört worden, erfolgte der Ausſpruch, der Prinz
von Condé ſei nicht ermordet worden, Es iſt dabei nicht zu Überſehen, daß die
Mehrheit der Mitglieder des königlichen Gerichtshofes zu den Anhängern der alten
Ordnung der Dinge gehörte, welche an die Ermordung des Prinzen zu glauben
ſchienen, und von der Meinung ausgingen, daß der lebte Sprößling des berühmten
Hauſes Condé nicht durch Selbſtmord umgekommen fein Eönne. Die Prinzen von
Rohan hatten, während fie die Criminalunterſuchung betrieben, auch in einer Civil-
klage die Gültigkeit des Teſtaments angegriffen, und den Beweis übernommen,
daß es erſchlichen, eingegeben, ja abgedrungen ſei. Die Sache wurde ſeit dem 9.
December 1831 vor dem Tribunal erſter Inſtanz zu Paris unter Debelleyme's
Vorſig verhandelt. Für die’ Kläger ſprach Hennequin, für die Baronin von Feuchères
Lavaux, für den Herzog von Aumale Dupin der Jüngere, und beſonders die erſten