Full text: A bis E (1. Band)

  
  
Congregation 503 
dem Vorwand frommer Erbauung Verſammlungen hielt, und der unter dem Na: 
men der Eleinen Kirche Anhänger der Jeſuiten, die ſogenannten Väter des Glau- 
bens, und die dem Concordate mit dem Papſte abgeneigten Biſchöfe ſi anſchloſſen. 
Die mit dem bourboniſchen Hauſe zurückgekehrten Freunde des Ultramontanismus 
fanden den Boden vorbereitet, und die ſeit 1814 eingeleitete, durch die politiſchen 
Zeitverhältniſſe begünſtigte Reaction zu neuer Befeſtigung der Beroalt des Pap- 
ſes beförderte auc die Beſtrebungen der Verfechter und Beſchüger der Prieſter- 
macht in Frankreich. Ludwig XVII. unterftügte die Jeſuiten ſeit ihrer Wieder: 
herſtellung freigebig, und es gelang ihnen um fo leichter, ſich heimlich über ganz 
Frankreich zu verbreiten, da fie in dem Thronfolger und in ber bigotten Herzogin 
von Angoulème heimliche Stügen fanden, wenn die ſeit 1764 beftehenden Gefege 
gegen die Ausſchließung des Ordens offene Begünſtigungen noch nicht erlaubten. 
Sie bemächtigten ſich indeß unter verſchleiernden Namen des Sugendunterrichts, und 
gründeten mehre Collegien und Seminarien, 5. B. zu Paris, Montrouge, Dole, 
St.-Acheul, die mit den Jeſuiten in der Schweiz, Jtalien und Spanien und dem 
Ordensgeneral in Rom in genauer Verbindung ſtanden. Der Schuß der Eönig- 
lichen Familie erleichterte den Häuptern der Prieſterpartei, deren heimliche Verbin- 
dungen das ganze Reich umfaßten, eine wirkſame Einmiſchung in die öffentlichen 
Angelegenheiten, und als Ludwig XVII. in den lebten Jahren ſeiner Regierung 
fich fremden Einflüſſen immer mehr hingab, und eine Geheimregierung (gouver- 
nement occulte) unter der Leitung des Thronfolgèrs und der Herzogin von An- 
gouleme immer mächtiger wurde, durften die Rômlinge dreiſtere Verſuche wagen. 
Einer ihrer eifrigſten Freunde war der Beichtvater des Grafen von Artois, Abbé 
Latil. Es gelang ihnen, ſelbſt die pariſer Polizei in die Hände eines Eingeweihten 
zu bringen, und in der Deputirtenkammer hatte die Congregatibn, wie man die 
Partei nannte, bereits zahlreiche Anhänger. Die Jeſuiten waren die wirkſamſten 
Mitglieder dieſes theofratiſchen Vereins, der Frankreich unter das alte Joch rômi- 
ſcher Hierarchie zu bringen, und die einft fo eiferſüchtig bewachten Freiheiten der 
gallicaniſchen Kirche zu vernichten ſtrebte, und als Karl X. den Thron beſtiegen 
hatte, traten ſie, fros dem beſtehenden Geſese, immer fühner aus ihrer Verſchleierung 
hervor. Der Miniſter der Kirchenangelegenheiten, der Biſchof Frayſſinous, mußte 
48926 in der Deputirtenkammer geſtehen, daß viele der neugeſtifteten geiſtlichen Lehr- 
anſtalten, die ſogenannten Eleinen Seminavien, ſelbſt von den Biſchöfen der Lei- 
tung der Jeſuitén wären anvertraut worden. Mit dem ſteigenden Einfluſſe der 
Prieſterpartei wurden die alten Anmaßungen der Hierarchie gegen die Staats- 
gewalt immer dreiſter in biſchöflichen Hirtenbriefen, in Reden vor den Kammern 
und in Adreſſen an den König ausgeſprochen. Ein Beweis des mächtigen Ein- 
fluſſes der hierarchiſchen Partei war der Umſtand, daß neben dem Herzog von Ri- 
vière der Biſchof Tharin von Strasburg, ein erklärter Freund des Ultramontanis- 
mus und der Jeſuiten, zum Erzieher des Herzogs von Bordeaux gewählt wurde, 
und zu gleicher Zeit zwei Parteihäupter, der zum Erzbiſchof von Rhe«..4s erhobene 
Abbé Latil und der Erzbiſchof von Toulouſe, Clermont-Tonnère, in den geheimen 
Rath des Königs traten, Einer der eifrigſten Verfechter des Ultramontanismu$, 
der Abbé Lamennais (f. d.), ſprach zu gleicher Zeit in ſeiner Schrift: „De 
la religion dans ses rapports avec l’ordre civil et politique“ (Paris 1826), die 
Grundfäge der Partei unumwunden aus, indem er der Regierung alle Rechte gegen 
die unmittelbar von Gott eingefegten Prieſter abſprach, die Erziehung des Volkes 
als ein Recht für die Prieſter foderte, und die Charte verdammte, weil ſie Glaubens- 
freiheit verkünde. Dieſe fühnen Umtriebe bewogen 1826 einen alten Anhänger 
des Royalismus und der Ariſtokratie, den Grafen von Montloſier (\. Bd. 7) 
in ſeinem „Mémoire à consulter sur un système religieux et politique, tendant 
x renverser la religion, la societe et le trône“, die Geſchichte des neuen Ultra- 
 
	        
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