Full text: A bis E (1. Band)

  
908 Dampfwagen 
Wagen mit der Geſchwindigkeit von faſt einer deutſchen Meile in einer Stunde. 
Die Keſſel und Heizröhren der Stephenfon’fchen,. in neuern Zeiten vielfach ver- 
beſſerten Maſchinen beſtehen aus Blech, und der erſtere iſt mit hölzernen Faß- 
dauben umgeben, um die große Abkühlung des ſtets einem ſtarken Luftzug aus- 
gefegten Haupttheils der Mafchine zu vermindern. Das Wagengeſtell beſteht ganz 
aus Gußeiſen. Die raſche Verbrennung der Steinkohlen beförderte Stephenſon 
dadurch, daß er die benugten Däntpfe an den tiefiten Punkt des Kamins als einen 
Strom eintreten läßt, wodurch ein ſtarker Luftzug in demſelben bewirkt wird. 
Die großen Vortheile der Anwendung von Dampfwagen ſind demnach 
längſt entſchieden. Pferde ſind gar niht im Stande, mit ſo concentrirter Kraft 
große Laſten bei ausdauernder Geſchwindigkeit zu bewegen, als die von den Eng: 
Ländern mit dem Namen Dampfpferde bezeichneten Mafchinen, die nur Stein: 
kohlen verzehren und daher nicht den Plaz zum Anbau von Getreide, das zum 
Lebensunterhalt der Menſchen dient, rauben. Einen beſondern Aufihwung hat 
aber die Benugung der Dümpfiwagen in der neueſten Zeit, nach Vollendung der 
großen Eiſenbahn zwiſchen Liverpool und Mancheſter *), und durch den Wettlauf 
erhalten, den die Directoren dieſes großen Werks veranſtaltet hatten, indem ſie 
eine Prämie von 500 Pf. St. demjenigen Dampfwagen zahlen wollten, wel: 
her bei einem anzuftelenden öffentlichen Berfuch auf der Eiſenbahn ein ge: 
gebenes Gewicht mit der größten Geſchwindigkeit und den wenigſten Koſten fort- 
ziehen würde. Dieſes erregte einen gewaltigen Eifer unter den Mechanikern. 
Faſt in jedem Theile des Landes gingen die Maſchinenbauer ans Werk, um den 
Preis zu gewinnen. Fünf Dampfwagen wurden dargeboten, den Wettlauf ein- 
zugehen. Die Bedingungen der Preisbewerbung waren , daß jede Maſchine nicht 
mehr als 120 Gentner wiegen und auf einer geraden Ebene ein Gewicht, das 
‚ihrem eignen Gewichte drei Mal gleich ſei, nicht weniger als 10 engliſche (21 
deutſche) Meilen in der Stunde fortziehe. Es kamen folgende ausgezeichnete Maſchiz 
nen am 6. Det. 1829 zue Mitbewerbung: Die Rocket von Stephenſon in New- 
caſtle, eine große und ſtark gebaute Maſchine, die eine Laſt von ungefähr 250 
Eentnern über 27 deutſche Meilen in der Stunde fortzog, aber den Fehler einer 
zu ungleichen Geſchwindigkeit hatte. Ohne Laſt durchlief ſie faſt 4 Meilen in 
einer Stunde. Die zweite Maſchine war die Novelty von Braithwaite und 
Ericsſon in London. Sie war ſehr fhön und leicht gebaut und hatte die eigen= 
thümliche Einrichtung, daß ein mächtiges Gebläſe die Wirkung des aus Coaks 
entwi>elten Feuers verſtärête, und daß der Waſſerbehälter unter dem Wagen 
angebracht war, wodurch der Schwerpunkt unter die Linie der Centralbewegung 
gebracht wurde. Sie durchlief ohne Laſt, nur ihren Bedarf än Coaëks und Waſſer 
mit fich führend, 6 deutſche Meilen in einer Stunde; mit einer Laſt von 225 
Eentnern durchlief ſie 47 Meilen in einer Stunde. Der Sanspareil von Yad- 
worth wog freilich mehr als jene beiden Maſchinen, zog aber auc eine Laſt von 
360 Eentnern mit einer Geſchwindigkeit von 3 Meilen in der Stunde. Die 
Zuerkennung des Preiſes ſhwankte zwiſchen der Rocket und der Novelty / lé6:- 
tere wurde aber bei zwei Verſuchen ſchadhaft und zog ſich von der Preisbewerbung 
zurüd; der Sanspareil war zu fehwer, weshalb Stephenſon, deſſen Maſchine 
nicht nur allen Foderungen genügt , ſondern dieſelben übertroffen hatte, der Preis 
zuerkannt wurde. Er hat ſeine Maſchine ſpäter ſo ſehr verbeſſert, daß er im 
Stande iſt, 400 Centner mit einer Geſchwindigkeit von 42 deutſchen Meilen in 
einer Stunde fortzuſchaffen. Auch die Erbauer der Novelty haben ihren 
Dampfwagen ſeit der Wettfahrt ſehr vervollkommnet. Aber auch zum Herauf: 
“)- Sie wurde angelegt, um die beſhwerliche, langwierige und koſtbare Fortſchaf- 
fung von Gütern auf dem Bridgewatercanal oder dem Merſey-Irwell-Canale zu 
vermeiden. D. Red. 
  
  
  
  
  
  
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