656 Deutſche Zoll - und Handelsvereine
Darmſtadt wih den Stürmen der Zeit. (Madame Vetter , waere Tragikerin).
Karlsruhe, Manheim, einſt die zweite Wiege deutſcher Kunſt, wiegen keine
Hoffnungen mehr. Nur in Frankfurt thront eine ehrenwerthe Autorität,
die Lindner; Weidner und neuerdings Beer (zulegt aus Dresden), ein wa:
der ausgebildeter Künfkler, als Held und in tragiſchen Charakterrollen , ftügen
dies mit reichen Mitteln verſehene, aber planlos und ordnungslos verwaltete Thea-
ter. — Ein Univerſitätsprofeſſor fragte einen Theaterintendanten, woher die
vielen ſchlechten und ungebildeten Schauſpieler jezt kämen? „Weil die Univerſità:
ten jebt ſo gut ſind“, war die Antwort. „Es werden zu wenig Studenten rele-
girt, die vordem ihre halbe Bildung mit auf das Theater, wohin fie flüchteten,
brachten.”
Deutfche Zoll und Handelövereine. Die Völker der den
deutfchen Bund bildenden Staaten, namentlich die, welche nicht, wie die Be-
wohner der deutſchen Gebietstheile Öſtreihs und Preußens, zugleich den größern
europäiſchen Nationen angehören, hatten bereits mehre Jahre der Erfüllung der,
durch die Beſtimmungen des Artikels 19 der deutſchen Bundesacte *) erwe>ten
Hoffnungen mit Sehnſucht, aber vergebens entgegengeſehen, und der Bundestag
zu Frankfurt, ſowie einzelne deutſche Regierungen wurden durch die Organe der
indeß in mehren Theilen Deutſchlands entſtandenen ſogenannten Handels- und
Gewerbsvereine deshalb mit immer dringendecn Geſuchen angegangen, als end-
lich, bei Gelegenheit der Miniſterialconferenzen zu Wien 1820, der großherzoglich
heſſiſhe Bevollmächtigte, Freiherr du Bos du Thil, zuerſt den bevollmächtigten
Miniſtern von Baden und Naſſau den Vorſchlag machte, zum Behufe einer Vers
einbarung über ihre wechſelſeitigen Handelsverhältniſſe zuſammenzutreten. Die-
ſer Vorſchlag wurde bereitwillig aufgenommen; zur Theilnahme an den, zu jenem
Zwe>>e in Darmſtadt zu eröffnenden Congreßverhandlungen aber wurden auch noh
andere Bundesregierungen eingeladen. Zwar hielt dieſer Congreß erſt am 13. Sept.
1820 ſeine erfte ordentliche Sigung; allein in Wien war bereits unter dem 19.
Mai ein Staatsvertrag abgefchloffen worden, an welchem gleich anfangs Baiern,
Würtemberg, Baden, Heſſen-Darmſtadt, Naſſau, die großherzoglich und herzog-
lih ſächſiſchen und die fürſtlich reußiſchen Häuſer Theil nahmen, dem fpäter aber
noch Kurheſſen, Walde> und Hohenzollern beitraten und denen eine Punctation
beigefügt war, die den darmſtädter Congreßverhandlungen zur Grundlage diente.
Außerdem kann man dieſe Punctation noch als den Typus aller in ſpäterer Zeit
zwiſchen den verſchiedenen Regierungen zu Stande gekommenen Handels - und
Zollvereine, oder doch als einen Maßſtab für deren Zweckmäßigkeit betrachten,
weshalb wir die weſentlichſten Beſtimmungen derſelben hier mittheilen. Diefe was
ven: 1) Innerhalb der wechfeitigen Grenzen der vertragfchließenden Staaten wer:
den alle Land» und Binnenzölle aufgehoben und dagegen an den äußern Grenzen
derſelben ſowol gegen die nicht zum deutſchen Bunde gehörigen Staaten als gegen
die dem beſondern Vereine nicht beigetretenen Bundesſtaaten, mit gemeinſchaftli-
chem Ermeſſen der vereinten Staaten, ſolche Zölle angeordnet, welche einerſeits
dem ſtaatswirthſchaftlichen Zwecke des Vereins und andererſeits den finanziellen
Bedürfniſſen der betheiligten Staaten entſprechen. 2) Auch über die Weg- und
Waſſerzölle ſollen gemeinſchaftliche und ſo viel möglich gleichförmige Beſchlüſſe ge-
faßt werden. 3) Jedem vereinten Staate bleibt unbenommen, in ſeinem Jnnern
beſondere Conſumtionsſteuern anzuordnen und zur Erhebung und Sicherſtellung
*) „„Die Bundesglieder — heißt es in dieſem Artikel — behalten fich vor, bei der
erſten Zuſammenkunft der Bundesverſammlung in Frankfurt wegen- des Handels und
Verkehrs zwiſchen den verſchiedenen Bundesſtaaten, ſowie wegen der Schifffahrt,
nah Anleitung der auf dem Congreß zu Wien angenommenen Grundſäßbe in Bera-
thung zu treten.“