Full text: A bis E (1. Band)

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Dresden 719 
ah fättig durch ſtrenge Verpflichtungen bewachten Preſſen ſtattfand, gab indeß auch 
dep außer den ſtändiſchen Sälen leichter Gelegenheit, ſie fennen zu lernen, als früher 
I, die handfchriftlichen, mit welchen Schreiber handelten, wie es vor Guttenberg mit 
Aa, Büchern geſchah. So wurden die Verhandlungen des Landtags Gegenſtand viel 
liga LA fältiger Beſprechungen unter dem Volke, um ſo mehr, da die öffentlichen Blätter 
E "li dieſe Theilnahme zu we>en und zu nähren ſuchten. Man hörte mit Vergnügen, 
an |“ daß die Stände wieder, wie früher, die Regierung um Vorlegung einer vollſtändi- 
u, ah gen Überficht des Staatsbedarfs dringend gebeten hatten, und bedauerte, daß dieſes 
N Wg Gefuch war abgelehnt worden; man freute fich, daß einzelne Stimmen laut über 
das Bedürfniß einer verbeſſerten ſtändiſchen Verfaſſung und für die Einführung 
einer Städteordnung geſprochen hatten, und vernahm ungern, daß dagegen die | 
Regierung die Abſicht, die Ständeverfaſſung unverändert zu laſſen, angekündigt 
hatte; man gab lauten Beifall, als die Stände in ihrer lezten Schrift am 19. Jun. 
das Geſuch um Veröffentlichung des Staatshaushalts wiederholend, die unter dem 
Volke erwachte Theilnahme am öffentlichen Leben anerkannten und auf das Beiz 
ſpiel anderer im Staatsleben vorangeſchrittenen Völker hinwieſen, welches der öf- 
fentlichen Meinung in Sachfen ald Stügpunft diene. AU Diefes mußte auf die 
Stimmung des Volks wirken, die ecwachte Hoffnung wie der Aufſchub der Er- 
füllung. Daß die Zeit eingreifender Verbeſſerungen gekommen war, ſprach ein 
allgemeines Gefühl aus. 
Depeche | Noch hatten die Stände ſich nicht getrennt, als die Ruhe der Stadt durch ein 
Rorıny zu Ereigniß geſtôrt wurde, das der Vorläufer größerer Bewegungen war. Das Volk, 
Richt marke, dem Glauben feiner Väter treu ergeben, erwartete mit Theilnahme die Jubelfeier 
wol Rieman der augsburgiſchen Confeſſion, und war um ſo eifriger bedacht, bei dieſer Gelegen- 
der Yeung heit ſeine Geſinnung laut auszuſprechen, da feit 1827 die ſelbſt von den Ständen 
  
    
  
Candtagèmar: gerügten Eingriffe der katholiſchen Kirchenpartei in die Rechte der evangeliſchen eine 
m Varfaflng Verſtimmung erzeugt hatten, welche durch, dumpfe Gerüchte von jefuitifchen Anfied- 
1d voraus, dij lungen in Dresden noch vermehrt wurde. Während in andern Städten des Lan- 
joſen Reh ge des die Behörden verſtändig der öffentlichen Meinung entgegenkamen, wurde in 
Niſhunz ue Dresden durch die Gleichgültigkeit der ſtädtiſchen Behörde, ja durch mittelbar hem- 
ec Redner, dn mende Einwirkung das Feſt nicht ſo würdig gefeiert, als e8 die Bewohner wünfd 
m Evangelium ten, und was geſchah, war meiſt das Verdienſt waerer Bürgervereine. Es war 
it dom Auf ein unglüclicher, fehwer gebüßter Fehler, daß Diejenigen, welchen es oblag, die 
Leitung des Feſtes nicht in die Hand genommen, und zwar, wie die öffentliche Mei- 
nung argwöhnte, aus Eleinlichen Nüdfichten auf den Hof. Bei der gereizten 
Stimmung unter dem Volke, bedurfte .es nur eines geringen Anlaſſes, unruhige 
0 Bewegungen hervorzurufen. Der auf dem erleuchteten Markte verſammelte Volks- 
x uit, weldhe haufen, der zu den dunkeln Fenſtern des Rathhauſes mit-bittern Bemerkungen 
  
  
y 15 Month binauffah, wurde durch ein Misverſtändniß auf den Argwohn gebracht, mah habe 
vn wide did die in den Fenſtern eines Hauſes ausgeſtellten Bildniſſe Luthers und Melanch- 
to Dir int: thon’s beſchimpft, und die Melodie eines profanen Liedes, die aus einem andern 
sem Der aut Stockwerke ertônte, reizte noch mehr die Erbitterung. Die wachſende Maſſe wollte 
in Jia un die Thüre des Nachbarhauſes ſprengen, in welches ein Katholik, der das Misver- 
   
Et bi ftändniß aufklären wollte, fich vor dem verfolgenden Haufen geflüchtet hafte. Die 
zeiten, Polizeiwächter waren zu fehwach gegen die Maffe. Ein Theil der Beſatzung, die 
leichte Infanterie, vıdte hevan. Die Ruhe wurde bald hergeftellt. Am Abend 
des zweiten Feſttages zeigte ſich kein Anlaß zu Beforgniffen. Einige Gruppen 
auf dem Markte ſangen geiſtliche Lieder und brachten den Beſchüßern des Proteſtan- 
tismus ein Lebehoch, andere fammelten fich, um vor die Wohnung eines beliebten 
Predigers zu ziehen und ihm einen Achtungsbeweis:zu geben. Starke Streifwachen 
zogen beobachtend durch die Stadt.  Nirgend gab es eine unruhige Bewegung. 
Je weniger unter den Bewohnern Beforgniffe vor neuen Ruheflörungen herrſchten, 
  
LEHEL 
 
	        
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