Full text: A bis E (1. Band)

  
812 Engliſche Kunſt 
All Dieſes ſind jedoch nur die Anfänge oder vielmehr nur Vorboten viel wei- 
terer und größerer Reformen, welche wahrſcheinlich nicht werden vermieden werden 
können und welche ſich bis in die tiefſten Grundlagen aller geſellſchaftlichen Ver: 
hâltniſſe Englands werden erſtreŒen müffen. Nicht Neuerungsfucht, nicht ein 
Hang zu Theorien, nicht Ehrgeiz und Eigennus find die aufregenden und bewegen- 
den Kräfte der öffentlichen Meinung, welche auf dieſe Reformen dringen wird, fon- 
dern dieſelben werden dadurch am meiſten herbeigeführt, daß die gegenwärtigen 
Verhältniſſe bis zur Unmöglichkeit eines fernern Beſtehens aus dem Maße und 
aus ihren Fugen gewichen ſind. Die beiden wichtigſten Schritte der Geſeßgebung, 
die bürgerliche Gleichſtellung der Katholiken (\. Emancipation) und die 
Parlamentsreform (f. d.) find davon der Beweis und ber Anfang. Der 
Eleine herrſchende Theil der Nation weiß ſehr wohl, daß zumal die neue Mahl: 
ordnung des Parlaments nur das Mittel zu viel größern Umänderungen iſ. Er 
würde gern Widerſtand geleiſtet haben, wenn er gekonnt hätte; er würde ſelbſt 
große Unruhen nicht gefcheut haben, wenn er die Möglichkeit eines auch nur ha: 
ben Sieges vor ſich geſehen hätte. Aber er hat es verſäumt, bei Zeiten nachzuge- 
ben und durch Aufopferungen eines Theils das Ganze zu erhalten. Wohin die 
nächften Reformen der Gefeggebung gehen werben, ift nicht wohl vorauszufehen, 
aber Das läßt fi mit einiger Wahrſcheinlichkeit beſtimmen, daß der Punkt, 
wohin fie führen und wo fie ſtehen bleiben werden, noh fehmwerer zu beſtim- 
men iſt. (3) 
Engliſche Kunſt. Die Engländer haben es bis jezt no in keinem 
Zweige der bildenden Künſte zu einem hohen Grade ron Vortrefflichkeit gebracht ; 
nur in der Portraitmalerei reiht ſich Thomas Latorence den berühmteſten Meiſtern 
der neuern Zeit an. Die Anregung, die durch Joſhua Reynolds (\. Bo. 9), Ben- 
jamin Weſt (ſ. Bd. 12) und John Flarman gegeben worden, blieb ohne die erwar- 
tete Wirkung, und die neuern Productionen des Pinſels und Meißels deuten eher 
aufRüdfchritte als auf ein Fortſchreiten in der Kun. Der geiſtige Funke, die Er: 
findungsgabe fehlt den Malern : es werden meiſt triviale Gegenſtände mit Vorliebe 
für die Darſtellung ‘gewählt, und man fieht in der Ausführung oft den Mangel 
eines gebildeten Gefchmads; man vermißt ſelbſt die techniſche Vollendung. Die 
Mehrzahl der neuern Vroductionen ſind Genregemälde und Portraits. Jene find 
in der Regel ohne Originalität angelegt; das Humoriſtiſche neigt ſich ſtets zum 
Doffenhaften, und das Sentimentale zum Affectirt-Pathetiſchen. Fn den Por- 
traits gewahrt man häufig Mangel an Fleiß und gutgeleitetem Studium, an Na- 
tur, Leben und Einfachheit. Die eigentliche Landſchaftmalerei, der poetiſche Styl, 
welcher die Natur in ihren tauſend reichen Nuancen der Schönheit darſtellt, iſt in 
den Hintergrund gedrängt worden und mußte den ſogenannten Views (Anſichten) 
weichen, in welchen der Mangel aller Phantaſie durch conventionnelle und loŒende 
Effecte erfegt werden foll. Wo ſich aber eine Landſchaft als etwas Jdeales darbie- 
tet, wo man nach Kraft, Größe und Erhabenheit in der Darſtellung ſtrebt, iſt oft 
nur ſceniſcher Prunk, glänzendes Farbengemiſch ſichtbar. Auch die Skulptur konnte 
ſich bei der Beſchränktheit der Sphäre der Darſtellung und bei der geringen Unter- 
ſtübung, welche ſie ſeither fand, nicht heben. Die Kupferftechkunft hingegen zählt 
noch immer treffliche Meiſter. 
Unter den ausgezeichnetern Künſtlern neuerer Zeit in England ragt beſonders 
der am 7. Jan. 1830 verſtorbene Präſident der Akademie der Künſte zu London, 
Sir Thomas Lawrence (ſ. Bd. 6) hervor, deſſen Ruf als Portraitmaler ein euro- 
pâiſcher iſt. Die treffendſte Ahnlichkeit, ein feiner Sinn für Schönheit, Anmuth, 
Dierlichkeit und Würde charakteriſiren ſeinen Styl. Erhat ſich Vandyk zum Vorbilde 
gewählt und ſeinen Meiſter durch Grazie und Mannichfaltigkeit der Attituden in ſei: 
nen weiblichen Portraits weit übertroffen ; an Reichthum der Farbengebung aber 
  
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