Full text: A bis E (1. Band)

  
80 Anderloni (Pietro — Fauſtino) 
pöfition im Nitterhaufe, feit diefe aber einen gehäffigen, Alles tadelnden, Alles auf 
die Spige ſtellenden Charakter angenommen hatte, zog et ſich zurü>, und ſeit 1823 
iſt A. als Führer der adeligen Dppoſition zu betrachten. Man darf ſich dieſe Oppoſi- 
tion nicht als eine eng geſchloſſene, in ſich einige Partei denken, wie z. B. die engliſche, 
und ſtimmen auch beide darin überein, daß ſie Alles, was von der Regierung ausgeht, 
für verkehrt und verderblich halten, ſich ſelbſt aber weit mehr Geſchiklichkeit zu- 
trauen, ſo verfolgt doch die Oppofition in Schweden Eeineswegs einen feſten Plan 
und ſchlägt oft verſchiedene Richtungen ein. So hat A. zuweilen, und zwar in wich: 
tigen Angelegenheiten, mit den Miniſtern geſtimmt und dafür von ſeinen Partei- 
genoſſen bittern Tadel erhalten. Dies geſchah unter andern, als A. der Meinung 
der Miniſter über die Freiheit des Branntweinbrennens beitrat, worüber die Zei: 
tung „Argus“ ihm den Vorwurf machte, daß er als Gutsbeſizer von eigennügi: 
gen Rükſichten ſich leiten laſſe. Während dagegen der Oberfſtlieutenant Hjerta 
mit der Regierung für die Vollendung des Göthacanals ſprach, wollten A. und 
„Argus“ das faſt ſchon ganz ausgeführte Werk liegen laſſen und ſchilderten es als 
äußerſt verderblich und unheilvoll. Wie es der Oppoſition überhaupt an Syſtem 
und Einigkeit fehlt, ſo gebricht es A. dazu noch an Ausdauer und Beharrung. Als 
er beim Anfange der lezten Reichstages ſeinen Wunſch, Vorſtand des Conſtitu: 
tionsausſchuſſes zu werden, nicht erreichen konnte, und dagegen an die Spige eines 
andern, minder angeſehenen, aber doch wichtigen Ausſchuſſes geſtellt ward, entſagte 
er dieſer Stelle und wurde wieder vom „Argus“ ſcharf getadelt ; aber der Sturm 
brach erſt recht gegen ihn aus, als er mitten in den Reichstagsverhandlungen ſich 
entfernte und erklärte, jeder Widerſtand wäre unnüg und vergeblich. Eine noh 
auffallendere Erſcheinung war es, als 1831 eine Schrift unter dem Titel: „Über 
das Miniſterium und die Oppoſition“, erſchien, worin der Beweis verſucht wurde, 
daß ſämmtliche Häupter der Nitterhaus-Oppoſition nur verkappte Ariſtokraten und 
mit dem Miniſterium einverſtanden wären, die öffentliche Freiheit zu untergraben. 
Der „Argus ſpann den Faden weiter aus und ſuchte in langen Artikeln Beweiſe 
jener Beſchuldigungen zu liefern, wobei beſonders auch der Umſtand herausgehoben 
wurde, daß A. zu Ende jenes Reichstages die Abendgeſellſchaften des Grafen 
Brahe (. d.) beſucht habe, und es wurde darauf der Argwohn gegründet, A. 
habe die Sache der Freiheit aufgegeben und trachte nach einer Stelle im Staats- 
rathe. A. und die andern adeligen Mitglieder der Oppoſition antworteten, die Zeits 
ſchriften nahmen Partei, Alle geriethen in Zwiſt, und ſo entſtand ſowol unter der 
Oppoſition der Adeligen als der Zeitungsſchreibder cine allgemeine Verwirrung, ein 
Krieg Aller gegen Alle. Der Streit wird ſeitdem immer heftiger und bitterer. A, 
hat verſprochen, ſein politiſches Glaubensbekenntniß und eine Darſtellung ſeines 
ganzen öffentlichen Lebens dem Publicum vorzulegen, und „Argus“ hat ihn aufge 
fodert, darin ſeine Verbindungen mit dem Grafen Brahe nicht zu vergeſſen. Vergl. 
Schweden. (6) 
Anderloni (Pietro), geb. 12, Oct. 1784 zu Sta.-Eufemia im Bre- 
ſcianiſchen, ward durch das Beiſpiel ſeines ältern Bruders Fauſtino, gegenwärtig 
in Pavia lebend, einer Kunſt gewonnen, die ihn zu ihren ehrenwertheſten Zierden 
rechnet. Schon als zwölfjähriger Knabe entſchloſſen, der bildenden Kunſt fich zu 
widmen, machte er alledie Studien durch, welche die Sicherheit in jeder Kunſt: 
weiſe verbürgen. Unter Paolo Palazzi trieb er zuerſt gründlich das architektoni- 
ſche Zeichnen; genoß dann den Unterricht ſeines Bruders Fauſtino , der ſeiner 
zwiſchen Malerei und Kupferſtehkunſt noh ſ{<wankenden Neigung die beſtimmte 
Nichtung für die leßtere gab, und dadurch, daß er den jungen Künſtler an den Plat- 
ten zu Scarpa’s „Trattato dell’ enevrisma“ theilnehmen ließ, die große Frei: 
heit begründete, mit welcher A. jet den Grabſtichel führt. Als zwanzigjähriger 
Jüngling trat A., ſchon höher ſtehend als mancher der aufhört, in Longhi's 
  
  
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