Andrada (Familie) 83
ſilien, ſobald er das Land verließe, ſeine Unabhängigkeit proclamiren würde, ſeinen
Beſchluß, in Braſilien zu bleiben. Als nun der portugieſiſche General Georg
d’Avilez ihn durch Liſt und Gewalt (am 11. Jan.) zur Abreiſe zu nöthigen ver:
ſuchte, und der Prinz ſich von ſeinen Miniſtern, welche den Plan begünſtigten, ver-
laſſen ſah, indem blos der Marineminiſter Manuel Anton Farinha ihm treu blieb,
ſo rief er den Beiſtand des braſiliſchen Volks an und ernannte am 16, Jan. neue
Miniſter, an deren Spige er den Joſeph Bonifaz d’Andrada e Silva,
den älteſten der drei genannten Brüder, als Miniſter des Junern, der Juſtiz und
der auswärtigen Angelegenheiten ſtellte, Am 17. Jan. traf der Vater der drei
Brüder, Ignaz d’Andrada, als Práſident der Deputation von S.-Paolo in
Rio ein. Der Prinz empfing ihn mit Liebe und Achtung, die Prinzeſſin Leopoldine
von Oſtreich führte dem Greiſe ihre Tochter, Maria da Gloria, entgegen, und
ſagte, indem ſie das Kind ihm auf die Arme gab: „Sie ift Ihre Landsmännin; fie
bedarf Jhres Dienſtes; ih bedarf Jhres Raths ; Braſilien und mein Gatte nehs
men Jhre Einſichten, Jhre Vaterlandsliebe in Anſpruch.“ Der ehrwürdige An-
drada wollte dem Vaterlande umſonſt dienen. Er ſtrebte nah keiner Stelle in der
Berwaltung. Bonifaz nahm das Miniſterium an. Er hatte mit offenen und
geheimen Feinden zu kämpfen. Eine Partei handelte für Portugals Jntereſſe ;
eine andere ſtrebte ſelbſt an die Spige der Verwaltung oder in das Miniſterium zu
tommen. Einzelne Provinzen wollten fih von Rio Janeiro trennen und pflanz-
fen die Fahne der Empörung auf. Durch den Beiſtand des treuen und fugen
d’Andrada gelang es dem Prinzen, alle Parteien in den Schranken des Gehorſams
zu halten; aber die Trennung von Portugal lag in dem Jntereſſe Braſiliens und
ward von der Familie d’Andrada lebhaft befördert. Der Prinz-Regent ernannte
jegt den Martin Franz d’ Andrada zu ſeinem Finanzminiſter. Die Tren-
nung von Europa und Portugal ward entſchieden; doh nun kämpften Abſoluti-
ſten, Conſtitutionnelle und Demokraten, auch Republikaner, unter fi) um die Form
des neuen Staates. Don Pedro berief einen Generalcongreß (5. Jun. 1822); am
1. Auguſt erließ er das Manifeſt der Unabhängigkeit, und am 25. Sept. nahm er
den Titel eines conſtitutionnellen Kaiſers und Vertheidigers von Braſilien an.
Die feierliche Ausrufung erfolgte am 12. Oct. Jest, bei Entwerfung der neuen
Grundverfaſſung, begann der Kampf mit der republikaniſchen Partei, die ſich auf
die geheimen Geſellſchaften flügte. Die Andrada ſuchten die ſchroffen Gegenſätze
der Parteianſichten zu vermitteln, und eine der britiſchen nachgebildete freie Ver-
faſſung vorzubereiten. Durch kräftige Maßregeln wollten ſie die Leidenſchaften
zUgelnz es erfolgten viele Verhaftungen. Dies regte das Misvergnügen auf. Da
gelang es den Feinden der Familie Andrada, die öffentliche Meinung zu verfüh-
ven, die Brüder zu verleumden und das Vertrauen des jungen Herrſchers zu erſchlei-
chen. Hierauf baten die beiden Andrada um ihre Entlaſſung. Don Pedro gab
nach (25. Oct.)z aber das Volk war beſtúrzt, und als der Kaiſer am 30. Oct.
auf dem Conſtitutionsplabe erſchien, verſtand er den Ausdrud der öffentlichen Mei:
nung. Sogleich begab er ſih nach dem Landhauſe des ältern Andrada; das Volk
folgte ihmz aber ſhon führte ihm ein anderer Theil des Volkes Don Bonifaz im
Triumph entgegen. Don Pedro ſtürzt aus ſeinem Wagen in die Arme des Mini-
ſters. Er begleitet ihn in ſeine Wohnung und überreicht ihm ſelbſt die Bittſchrift
der Bürger und der Behörden, welche die Rückkehr der beiden Brüder ins Miniſte-
rium verlangen. Den Abend erſchien der Kaiſer im Theater mit ſeinen beiden Mi-
niſtern. Das Volk begrüßte ſie mit lautem Jubel. Auf die Nachricht von der Er-
richtung des Kaiſerreichs war Anton Karl, der Bruder der beiden Miniſter, aus
Liſſabon entflohen und hatte fich nah Rio Janeiro begeben. Hier wurde er zum
Mitgliede der conſtituirenden Verſammlung erwählt und entwarf im Auftrag der-
ſelben den Eid, welcher Don Pedro und ſeiner Dynaſtie die conſtitutionnelle Krone
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