Full text: Die Chemie der Hölzer (1. Hälfte,1. Abteilung)

Die Fichte (Picea excelsa). Der Holzkörper ; 241 
Atomgruppen 
Aus den Einzelbeschreibungen der Ligninpräparate ist ersichtlich, 
welche Atomgruppen in den Ligninpräparaten vermutet worden sind. 
Aus diesen Darlegungen läßt sich auch erkennen, daß über die Existenz 
gewisser Atomgruppen scharfe Meinungsverschiedenheiten bestehen. 
Nachstehend sollen die einzelnen Atomgruppen kurz zusammen- 
fassend besprochen werden: Die Äthylengruppe ist heiß umstritten. 
Während zum Beispiel Rassow aus der Untersuchung des Salzsäure- 
lignins die Nichtexistenz der Äthylenbindung ableitet, behauptet Hibbert 
im Glykollignin auf Grund von Bromierungsversuchen die Existenz einer 
Doppelbindung. Freudenberg nimmt gegenüber der Existenzfrage der 
Äthylengruppe eine zweifelnde Stellung ein. Er hat sie zunächst abgelehnt, 
hält es aber doch für möglich, daß während der Herstellung der Präparate 
und während ihrer Untersuchung durch Abspaltung von Hydroxyl doppelte 
Bindung entstanden sein könnte. Die Doppelbindung hat deshalb eine 
so große Rolle in der Erörterung der Ligninkonstitution gespielt, weil sie 
eine bequeme Erklärung für die charakteristische Anlagerung der schwef- 
ligeen Säure bot. — Ähnlich umstritten ist die Carbonvlgruppe. 
Während die älteren Atomgruppenformeln, zum Beispiel diejenige von 
Powell und Whittacker noch Garbonylgruppen enthalten, sind solche 
aus den neueren aufgelösten Bruttoformeln verschwunden. Ihre Existenz 
wurde abgeleitet einmal aus dem Reduktionsvermögen, dann aus der 
Bildung von Hydrazonen. Gegen die Beweisführung durch Reduktions- 
vermögen ist eingewendet worden, daß nicht nur Aldehyde Reduktions- 
vermögen besitzen und sehr wohl, ja sogar wahrscheinlich, verunreinigende 
Zuckerreste das Reduktionsvermögen hervorrufen. Gegen die Beweiskraft 
der Hydrazonbildung ist geltend gemacht worden, daß die Existenz 
solcher Hydrazone nicht ganz einwandfrei bewiesen werden kann. Immer- 
hin muß betont werden, daß die Kondensationsreaktion von Lignin mit 
Aminen und Phenolen auf die Existenz einer Aldehydgruppe deutet!). 
Besonders aber ist beweiskräftig die tatsächliche Abspaltung eines Al- 
dehydkomplexes, nämlich des Vanilins aus sorgfältig gereinigten Lieno- 
sulfosäuren?). In diesem Zusammenhang muß auch nochmals auf die 
Methylendioxygruppe Freudenbergs hingewiesen werden. Ihre Exi- 
stenz ist verschiedentlich bezweifelt worden, doch hat Freudenberg 
neuerdings?) wieder Beweise für ihr Dasein erbracht. Sowohl bei der 
Vanilinabspaltung als auch bei derjenigen von Formaldehyd aus der 
Methylendioxygruppe handelt es sich um verhältnismäßig kleine prozen- 
tuale Anteile des jeweils angenommenen Moleküls oder Bausteins.. — 
Das Vorhandensein einer CGarboxylgruppe war zunächst aus der Existenz 
von sogenannten Ligninsäuren abgeleitet worden. Nachdem man deren 
saure Natur aus der sauren Natur von Phenolgruppen gedeutet hat, wird 
!) Auch Wright und Hibbert, Journ. Americ. Chem. Soc. 59, 125 (1937), 
nahmen Carboxylgruppen, wenn auch in kleiner Menge an. 
®) Tomlinson II und Hibbert, Journ. Americ. Chem. Soc. 58, 345 (1936). 
®) Freudenberg, Annalen 518, 62 (1935). 
Schwalbe, Chemie der Cellulose. 2. Auflage 16 
  
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.