DIE EUROPÄISCHEN NAHRUNGSPFLANZEN.
(Gruppe II, Section 1.)
Bericht von
ANT. ADAM SCHMIED,
Profefor an der höheren landwirthfchaftlichen Landes-Lehranftalt in Liebwerd bei Tetfchen.
Die Bodencuvitur hat während des letzten Vierteljahrhundertes faft überall
einen wefentlichen Fortfchritt gemacht, ja in einzelnen Staaten und Ländern
in Folge rationeller Bewirthfchaftung einen hohen Grad von Vollkommenheit
erreicht. Die ausgeftellten Bodenerzeugniffe haben durch ihre Quantität und
Qualität diefen agricolen Fortfchritt in jeder Hinficht documentirt und zugleich
den Beweis geliefert, dafs durch eine intelligente Cultur in der Landwirthfchaft
im Grofsen und Ganzen noch unendlich Vieles erreicht werden kann und durch
zweckmäfsige Anwendung geeigneter Produdtionsmittel auch wirklich erzielt
werden wird.
Je nach derBefchaffenheit des Klimas und derFruchtbarkeit des Bodens, fowie
nach der Art der Bewirthfchaftung und der bereits ausgeführten Verbefferungs-
arbeiten waren die aus den verfchiedenen Gegenden Europas ausgeftellte Acker-
erzeugniffe oft in aufserordentlicher Menge ihrer Arten und Unterarten repräfen
tirt, welche, obgleich fie in botanifcher Hinficht nichts wirklich Neues darboten, a Il)!
doch die Folgerung erlaubten, dafs, wenn auch durch die Cultur viele neue für
die Pflanzenproduction oft vielbedeutfame Pflanzenvarietäten hervorgerufen werden,
diefe künftliche Bildung doch der Entftehung der verfchiedenen Sorten durch
äufsere, natürliche Einflüffe, hauptfächlich durch Boden und Klima, nicht gleich-
kommt, fo dafs durch diefe den Beftrebungen der Pflanzenproducenten, neue
einträgliche Abarten zu bilden, eine gewiffe Grenze gezogen wird.
Es haben fich zwar an der Ausftellung der Bodenprodudte alle ackerbau-
treibenden Länder Europas, ja der ganzen Erde, betheiligt, aber durch die in Folge
der Beobachtung des geographifchen Syftems bedingte Unterbringung ihrer
Expofitionen in beiden Agriculturhallen, mehreren Quergallerien und zahlreichen
Pavillons ging zumeift jeder gerechte Mafsftab für eine gewiffenhafte Beurtheilung
und ftrenge Vergleichung der Ausftellungsobjedte verloren, um fo mehr, als felbft
innerhalb einzelner Landesausftellungen das vorgeführte Material durch eine Un-
zahl von Collectivausftellungen, wie zum Beifpiel in der Expofition des deutfchen
Reiches und Oefterreich-Ungarns, zerfplittert wurde, wodurch natürlich gerade
diejenigen Eigenthümlichkeiten und Befonderheiten, welche eine fyftematifch
geordnete Einzelausftellung fo intereffant geftalten, im hohen Mafse verwifcht
worden find. Durch diefe beklagenswerthen Umftände, welche jede Ueberficht
erfchwerten und eine eingehende erfchöpfende Würdigung der ausgeftellten Ob-
jecte faft unmöglich machten, ift auch die den einzelnen Berichterftattern zu
Theil gewordene fchwierige Aufgabe noch mühfeliger geworden; aber diefelben
werden, wenigftens zum grofsen Theile, entfchuldigen, wenn wir uns im Nach-
folgenden, trotz des reichhaltigen und zumeift vortrefllichen ausgeftellten Materials,
mehr auf die Skizzirung des allgemeinen Verhältniffe, als auf die Hervorhebung
der einzelnen Details einlaffen werden.