Full text: Die Feldwirthschaft (Heft 71)

      
   
  
   
   
  
   
  
  
   
  
   
  
  
  
  
   
       
  
   
   
  
   
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
     
   
  
   
  
  
  
  
  
    
   
  
   
Fremdländifche Pflanzenftoffe zu induftriellem Gebrauche. 129 
weniger gleichgiltig, als bei dem Verkaufe vegetabilifcher Fafern auf die in den- 
felben enthaltenen Waffermengen keine Rückficht genommen wird. 
Der in den Colonialausftellungen reich vertretene Manillahanf (Mufa- 
oder Bananenfafer) und die Cocosnufsfafer (Coir) find unferen Induftriellen wohl 
[chon fo bekannt, dafs es nicht nothwendig erfcheint, auf diefelben nochmals 
aufmerkfam zu machen. Auch die Pite, die Fafer mehrerer Agaven, fälfchlich 
Aloefafer genannt, ift in den letzten Jahren als „Fibris“ in Wien bekannt und 
zur Herftellung von Bürften u. dgl. fchon vielfach benützt, fo dafs es genügen 
dürfte, die Länder namhaft zu machen, welche diefe Rohftoffe bei uns ausftellten, 
nämlich: Martinique (Agave mexicana), Guadeloupe (Agave americana und A. 
foetida), Guyana, Brafilien, Venezuela,* Indien, Mauritius, R&union, Algier etc. 
Central- und Südamerika find die bedeutendften Producenten diefes Faferftoffes. 
— Die bei uns fchon bekannte Piaffave. aus Brafilien war auch bei diefer Aus- 
ftellung gut vertreten. 
Ehe wir zur Betrachtung der zur Ausftellung gebrachten vegetabilifchen 
Seide, der Wolle der Wollbäume und des vegetabilifchen Rofshaares übergehen, 
wollen wir noch jene, gegenwärtig für den europäifchen Handel noch gänzlich 
belanglofen, vegetabilifchen Fafern hervorheben, die, in den Heimatländern mehr 
oder minder ftark benützt, vielleicht fpäter auch unferer Induftrie zugute 
kommen dürfte. 
Hieher find zu rechnen die Baftfafern von zahlreichen Hibiscusarten 
(H. cannabinus, tiliaceus, Sabdariffa etc.; hauptfächlich in Indien gewonnen und 
benützt); die echte Aloefafer, die echte Ananasfafer, die Vacoa oder Vacoua, befte- 
hend aus den Blattfafern von Panadneen, hauptfächlich auf Reunion, Mauritius 
und in Franzöfifch-Indien erzeugt und zur Herftellung grober Stücke verwen- 
det.etc. 
Die vegetabilifche Seide, die Samenhaare zahlreicher Asclepiadeen 
und mehrere Apocyneen, war diefsmal zum gröfsten Glücke nicht fo ftark vertre- 
ten, als auf der letzten Parifer Ausftellung. Die franzöfifchen Colonien brachten 
damals eine fo grofse Zahl von Sorten zur Ausftellung, dafs-man leicht auf den 
Gedanken hätte kommen können, man habe es hier mit irgend einer wichtigen 
Waare zu thun. So fchön und glänzend aber auch diefe Seidenarten der Pflanzen- 
welt ausfehen, fo wenig find fie werth. Die Fafer ift fehwach und dabei fpröde, 
zu Gefpinnften wenig geeignet.** Gerade diejenigen Sorten, welche maffenhaft in 
den Handel geftellt werden könnten, wie die Samenhaare von Asclepias gigantea 
und curaffavica fcheinen am wenigften werth zu fein, in die Textilinduftrie einge- 
führt zu werden. Die ziemlich unbeachteten Samenhaare von Baumontia (aus Oft- 
indien) dürften ihrer verhältnissmäfsig grofsen Feftigkeit halber hiefür fich als 
zweckmäfsiger erweifen. Zur Erzeugung von Kunftblumen und verwandten Kunt- 
gegenftänden ift die vegetabilifche Seide ungleich tauglicher, als für textileZwecke 
und wird hiefür auch fchon verwendet. Man hat fie auch als Polftermateriale, 
nämlich als Erfatzmittel für Eiderdunen empfohlen; allein die Brüchigkeit der 
Fafer läfst eine derartige Verwendung wohl nicht recht zu. Die vegetabilifche 
Seide war faft nur durch Proben der franzöfifchen Colonien vertreten. Der Kata- 
log der franzöfifchen Colonien gab fich fichtlich Mühe, den Werth der vegeta&ili- 
[chen Seide ins günftigfte Licht zu ftellen und diefen in der genannten Austtel- 
lungsgruppe reichlich vertretenen Rohftoff der europäifchen Induftrie wärmftens 
zu empfehlen. 
3efcheidener als die vegetabilifche Seide trat die Wolle der Woll- 
bäume auf; fie wollte nirgend mehr fcheinen als fie in der That ift, nämlich ein 
* Die von Venezuela ausgeftellte Fafer „Cocuifa‘“ gehört unter Pite; fie ffammt von 
Fourcroya gigantea. 
** Nach dem Kataloge der franzöfifchen Colonien foll die Firma Delebart Mallet in 
Lille aus „Fafetone“ (Samenhaare von Afclepias gigantea) vom Senegal fchöne Gewebe 
erzeugen. 
  
  
 
	        
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