Full text: Die Feldwirthschaft (Heft 71)

      
     
  
  
  
  
  
   
   
  
   
   
    
   
    
     
   
  
   
  
  
  
  
  
   
   
    
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
130 Dr. Julius Wiesner. 
erprobtes Erfatzmittel für Bettfedern. Diefes feine Materiale befteht aus den 
Samenhaaren mehrerer Bäume aus der Familie der Bombaceen. Wir bemerkten 
von diefem Rohtftoffe folgende Sorten: „Paina limpa“ von Brafilien (Samenhaare 
von Bombax heptaphyllum und B. ceiba), den „Kapok“ aus den holländifchen 
Colonien (von Eriodendron anfradtuosum), den „Edr&don vegetale“ aus den weft 
indifch-franzöhfehen Colonien, auch „Patte de lievre* genannt (von Ochroma 
Lagopus); Venezuela ftellte unter dem Namen „Lana vejetale“ theils die Wolle 
von Ochroma Lagopus, theils jene von Bombax cumanenfis aus. Die Wolle von 
Ochroma Lagopus ift braun, jene der Bombaxarten theils weifs, theils nur wenig 
gefärbt. Alle Arten diefer vegetabilifchen Wollen beftehen aus einer zarten, nicht 
fpröden Fafer und bilden ein weiches, elaftifches Polftermateriale. In Holland 
fteht der „Kapok“ fchon in ftarker Verwendung; auch in Deutfchland hat man 
die Samenhaare von Eriodendron anfradtuosum bereits eingeführt und der Waare 
den Namen Pflanzendunen gegeben. Die in Büchern nicht felten anzutreffende 
Angabe, dafs die Wolle der Wollbäume als folche und mit Baumwolle gemengt 
zu Geweben tauglich fei, worüber wir gelegentlich wegen der Schwäche des 
Fadens unferen Zweifel ausfprachen, fcheint doch auf einem Irrthume zu 
beruhen ; wenigftens hörten wir von keinem Austteller irgend etwas von einer 
derartigen Verwendung und auch die Ausftellungskataloge führten die vegeta- 
bilifche Wolle ftets nur als ein Polfterungsmaterial auf. 
Unter den groben Pflanzenfafern der warmen Länder verdienen alle 
jene Beachtung, welche als vegetabilifches Rofshaar (crin vegetal) bezeichnet 
werden. Das Beftreben, dem fo theueren Rofshaare ein Material zu fubftituiren, 
welches dem erfteren in den Eigenfchaften möglichft nahe kommt und wenigftens 
bei flüchtiger Betrachtung gleicht, ift lange vorhanden. Sehr ftark verwendet man 
bei uns und in Deutfchland als Rofshaarfurrogat die Blätter einer Segge, der 
Carex brizoides, welche von Oberöfterreich und aus einzelnen Gegenden des 
Grofsherzogthums Baden in grofser Menge in den Handel gefetzt werden. Das 
Material ift wenig elaftifch und auch nicht fehr dauerhaft, jedenfalls ein gering- 
werthiges Erfatzmittel für Rofshaar. Die Franzofen befitzen in ihrem Crin d’Afrique 
(auch als Crin Averfing bekannt), den zerfpaltenen Blättern der Zwergpalme 
(Chamaerops humilis), welches feit einigen Jahren in grofsen Mafsen aus Algier 
nach Europa gebracht wird, ein ungleich befferes Surrogat. Es ift nicht lange 
her, fo wurde diefe Sorte von vegetabilifchem Rofshaare auch in den Wiener 
Handel gebracht und von unferen Tapezirern als Polfterungsmaterial benützt. 
Gegenwärtig wird es bei uns namentlich im fchwarz gefärbten .Zuftande — die 
natürliche Farbe diefes Faferftoffes ift grünlich —- fehr ftark verwendet und ift 
unter dem Namen „Afrik“ faft allgemein bekannt. Zweifellos ift die Einführung 
desCrin d’Afrique bei uns als ein Fortfchritt anzufehen, da diefes Material dem 
Seegras injeder Beziehung vorzuziehen ift. Dennoch ift das zerfpaltene Blatt der 
Zwergpalme noch lange nicht das befte Surrogat für Rofshaar. Ungleich werth- 
voller, weil den natürlichen Eigenfchaften des Rofshaares näher kommend, find die 
drei Fafern: Ejoo, Kitool und Caragate. — Die Fafer Ejoo, auch Gomuti fibre 
genannt, ftammt von der in Indien häufig anzutreffenden Zuckerpalme (Arenga 
faccharifera) und findet fich in Form einer fchwarzen, rofshaarähnlichen Maffe an 
den Stämmen, und zwar an jenen Stellen vor, an welchen die Blätter auffaisen. 
Diefe Fafer bleibt nach dem Abfall der Blätter als Reft der Blattgefäfsbündel zurück. 
Aehnlichen Urfprungs ift die ebenfalls fehwarze Fafer Kitool. Sie ftammt von 
den Palmen Caryota mitis (Reunion) und C. urens (Indien, Ceylon). — Das befte 
vegetabilifche Rofshaar ift zweifellos die Fafer Caragate, auch Baumhaar genannt. 
Es ift diefs das Gefäfsbündel der Luftwurzeln, einer im tropifchen Amerika auf 
Bäumen fchmarotzenden, dafelbft häufig vorkommenden Bromelincea. Die Fafer 
erlangt eine Länge von 22 Centimeter. Im Ausfehen, ja felbft in der Elafticität und 
Feftigkeit kommt fie dem echten Rofshaar fo nahe, dafs der Laie fie von letzterem 
kaum zu unterfcheiden im Stande fein wird. Beim Verbrennen gibt fie fich jedoch
	        
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