Full text: Die Fettwaaren und die Producte der trockenen Destillation (Heft 4)

  
4 Dr. Heinrich Schwarz. 
il, 
zwei im Boden eingefenkte Refervoire zur Aufnahme des Schwefel-Kohlenftoffes, 
der durch eine Wailerfchichte vor Verdunftung gefchützt ift. Eine Mühle zerquetfcht 
den Samen; derfelbe wird in die Extractionscylinder eingefüllt, ein Deckel auf- 
gefetzt und dicht verfchloffen. Eine Pumpe hebt den Schwefel-Kohlenftoff in den 
Cylinder, und nachdem er fich genügend mit Oel gefättigt hat, zieht man die 
Löfung in die Deftillationsblafe ab, um den Schwefel-Kohlenftoff durch Dampf- 
fchlangen-Heizung abzutreiben. Auf gleiche Weife wird der im Extractionscylinder 
nach völliger Entfettung bleibende Reft übergetrieben und in der zweiten Kühl- 
fchlange condenfirt. Dampfkeffel- und Dampfmafchine find durch Mauerwerk 
gänzlich von der eigentlichen Fabrik ifolirt, um die Gefahr einer Entzündung zu 
vermeiden, und die Rohrleitungen fo eingerichtet, dafs die paarweife vorhandenen 
Apparate nach Belieben mit einander combinirt werden können. 
Die dritte Gruppe der vegetabilifchen Fettftoffe bilden Rüb- und Leinöl, die 
in Deutfchland, England, Frankreich, Oefterreich, zum Theil auch in Rufsland 
in der Production den erften Platz einnehmen. Es fanden fich diefelben auf der 
Ausftellung fowohl in rohem, als raffinirtem Zuftande nebft den gleichzeitig gewon- 
nenen Oelkuchen, von zahlreichen Producenten ausgeftellt. Da in der Qualität 
diefer Oele in Folge der überall uniformen Darfteilungsweife kaum ein wefent- 
licher Unterfchied exiftirt, genügt es, einige Ausfteller namhaft zu machen, die 
fich durch Grofsartigkeit des Betriebes auszeichnen. Wir erwähnen vor allen 
J. Herz in Berlin, der mit 85 Pferdekräften jährlich für 1,500.000 Thaler Oelfaaten 
verarbeitet, die vereinigten Breslauer Oelfabriken, die Amtsmühle zu 
Braunsberg bei Elbing (155.000 Thaler Oelfaaten), Oppenheimer zu Sportau, 
Weftphalen (243.000 Thaler Oelfaaten, Specialität entfäuertes Rüböl als Erfatz 
des Baumöles zum Mafchinenfchmieren), Th. Sievers in Kiel (227.000 Thaler 
Saaten), ferner die Wiener Oelinduftrie-Gefellfchaft (Specialität füfses 
Speife-, Leinöl, Klauenfett, helles Rüböl, Mafchinenöl), Pols & Sohn in England 
(Arachis-, Rüb-, Klauen- und Baumwoll-Samenöl), endlichK.Ch.Schmidtin Riga, 
der 39.000 Pud Lein- und Rüböl und 146.000 Pud Oelkuchen in den Handel bringt. 
Speciell neu in diefer Branche erfcheint nur das von Johann Friedrich 
Gärtner jun. in Rannersdorf (Niederöfterreich) neben rohem Rüböl, Mafchinenöl 
etc. ausgeftellte Maisöl. Der Mais ift als eine der fettreichften Getreide- 
arten bekannt. Das Korn enthält 6%, Fett, die fich in den verhältnifs- 
mäfsig grofsen Keimen (etwa 1/4, des Korngewichtes) concentriren. Die eigen- 
thümliche Feftigkeit des reinen Maisbrotes, die Verwendung als Polenta ohne 
weiteren Fettzufatz, die Fettfchichte, welche bei der Gährung der daraus bereiteten 
Maifche obenauf fchwimmt, find auf diefen Fettreichthum der Keime zurück- 
zuführen. Bei dem verbefferten Verfahren der öfterreichifchen Mehlbereitung 
gelingt es leicht, die Keime abzufondern und für fich, wie es hier gefchehen, 
auf Oel zu verarbeiten. Das Oel ift hellgelb gefärbt und klar. Die dabei abfal- 
lenden Oelkuchen bilden ein vorzügliches Futtermittel, da fie reich an ftickftoff- 
hältigen Beftandtheilen und Phosphaten find, fowie noch etwas anhängendes Fett 
und viel Stärkemehl enthalten. Da das Mehl durch die Entfernung der Keime 
zur Brotbereitung nur verbeffert wird, fo ift diefer Induftrie ein nicht unbedeu- 
tender Werth beizulegen, und dürfte bei allgemeiner Durchführung auch die zu 
erzielende Menge Fettfubftanz eine ganz beträchtliche fein. 
An diefer Stelle mufs auch die einzige auf der Ausftellung vorhandene Oel- 
preffe erwähnt werden,welche von Peter Sibree zuDriffieldin England eingefendet 
wurde. Esift eine fogenannteTiegelpreffe mit vier Prefsplatt-Formen, welche zungen- 
förmige Prefskuchen liefert. Sie ift äufserft kräftig aus Gufs- und Schmiedeeifen con- 
ftruirt, hat einen hydraulifchen Prefskolben von 12” Durchmeffer, der im Falle einer 
nöthigen Reparatur leicht herausgenommen werden kann, ohne die ganze Preffe 
demontiren zu müffen. Die Preffe ift auf 300 Tons Druck probirt, arbeitet indeffen 
nur mit etwa 130 Tons, was auf die ı13[_]” betragende Fläche der Prefskuchen 
cylinder, zwei Deftillationsblafen, zwei Kühlfäffer mit doppelten Kühlfchlangen 
    
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
   
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
	        
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