18 Dr. Wilhelm Friedrich Gintl.
Wenn auch keineswegs behauptet werden kann, dafs das Schwarzpulver
für die Sprengarbeit völlig entbehrlich geworden fei. fo ift es doch erklärlich, dafs
der Verbrauch und mit ihm die Production von Schwarzpulver namentlich der
geringeren Qualitäten desfelben, in den letzten Jahren wefentlich abgenommen
hat, und fo fehr fich auch die Anhänger des Schwarzpulvers gegen die Anwendung
neuer Sprengmittel fträuben mögen, fo wird die Production des Schwarzpulvers
wohl kaum mehr jene Höhe erreichen, auf der fie vor Einführung der Nitroglyce-
rin-Präparate in der Sprengtechnik ftand, es wäre denn, dafs für die Verwendung
des Pulvers ein neues Feld eröffnet würde, wozu allerdings durch die in neuefter
Zeit von Th. Shaw mit Erfolg durchgeführte Einführung des Schwarzpulvers
als Kraftquelle für den Betrieb von Fallhämmern und Rammmafchinen® der An-
fang gemacht ift.
An der Ausftellung haben fich nur wenige Schwarzpulver - Fabrikanten
betheiliget und dürfte auch hieran wieder der Umftand, dafs nur Imitationen
zugelaffen wurden, wefentliche Schuld getragen haben.
Die Ausftellung von Pulver hätte übrigens felbft für den Fall, dafs das
Originalprodudt hätte vorliegen können, nur einen untergeordneten Werth gehabt,
denn es läfst fich, wie begreiflich, weder nach dem Anfehen, noch felbft bei einer
oberflächlichen Unterfuchung ein Urtheil über die relative Qualität verfchiedener
Pulverproben gewinnen.
Eine der älteften Pulverfabriken, welche die Ausftellung mit ihrem Produdte
befchickthat,dürfte wohl jene von W.(Güttler zu Reichenftein (preuffifch Schlefien)
fein, deren Betrieb vom 18. Juni 1695 datirt. Diefes Etabliffement, welches Jagd-
und Sprengpulver (Imitation) ausgeftellt hatte, befchäftigt 88 Arbeiter, während
aer Betrieb der Mechanismen von 13 Wafferrädern beforgt wird, die eine Gefammt-
leiftung von 106 Pferdekräften haben. Im Jahre 1871 hatte diefes Etabliffement
10.000 Centner Pulver im Werthe von 160.000 Thalern producirt, während fich
die Production des Jahres 1872 auf 12.260 Centner Pulver belief, das nur im
Inlande verbraucht wurde.
Aus Deutfchland hatten fich übrigens noch drei andere Pulverfabriken an
der Ausftellung betheiligt. Von diefen erzeugt dieRöhnfaler Pulverfabrik (Adtien-
Gefellfchaft Röhnfal in Weftphalen), deren Errichtung in das Jahr 1784 fällt,
vornehmlich feine Jagd- und Scheiben-Pulver, von welchen fie imitirte Proben,
fowie Mufter der Rohmaterialien zur Ausftellung gebracht hatte. Sie arbeitet mit
56 Arbeitern und 24 Wafferrädern von 200 Pferdekräften Leiftung in I9 gefon-
derten Etabliffements und producirt jährlich ı2- bis 13.000 Centner Pulver fat
ausfchliefslich für Deutfchland.
Die im Jahre 1793 gegründete Pulverfabrik von L. Ritter in Hamm (Wett-
phalen), welche faft alle gangbaren Pulverforten erzeugt, producirte im Jahre
1871: 11.800 Centner Pulver und arbeitet mit 82 Arbeitern, 2 Dampfmafchinen
von 40 und ıı Wafferrädern von 42 Pferdekraft-Leiftung, während die im Jahre
1814 gegründete Pulverfabrik von A. Wolff zu Walsrode (Hannover), welche vor-
nehmlich für den überfeeifchen Export arbeitet, 74 Arbeiter befchäftigt und für
die Bewegung der Mechanismen I Dampfmafchine, 5 Turbinen und 5 Wafferräder
benützt, derenLeiftung 312 Pferdekraft beträgt. Sie hatte neben recht pradtifchen
Blechdofen für den Pulverexport, ebenfo wie erftere, Imitationen ihres Schiefs- und
Sprengpulvers ausgeftellt, wovon fie im Jahre 1872: 12.500 Centner producirt hat.
Bemerkenswerth war auch die Ausftellung der rühmlichft bekannten könig-
lichen Pulverfabrik von Cooppal & Comp. zu Wetteren bei Gand in Belgien.
Diefelbe brachte eine vollftändige Collection von Muftern der verwendeten Roh-
materialien, als: raffinirten Salpeter, Schwefel und Proben der (mit überhitztem
* Eine Rammmafchine mit Pulverbetrieb, nachdem Shaw’fchen Principe ift beim
3au des Landungsquais zu Leagne Island mit fo gutem Erfolge verwendet worden, dafs die prak-
tifche Anwendbarkeit der Pulverramme keinem Zweifel mehr unterliegt.