Franz Riedl.
Deutfchland.
Einen hervorragenden Platz nahm die Tabakinduftrie Deutfchlands ein,
welche fehr reich vertreten war, und lieferte die Expofition, an welcher fich gegen
60 Ausfteller aus den verfchiedenften Gegenden betheiliget haben, ein Bild von
der grofsen Ausdehnung, welche diefer Induftriezweig dafelbft erlangt hat.
Die Tabakfabrication Deutfchlands verwendet jährlich circa ı Million
Centner, darunter zwifchen 10—200/, mehr ausländifchen als inländifchen Tabak.
Während die eigene Production in Rohtabak in den letzten 10 Jahren durch-
fchnittlich (ohne Elfafs und Lothringen) auf 561.227 Zollcentner angegeben wird,
foll die Einfuhr an Rohftoff 700.761 Centner, dagegen die Ausfuhr 135.490
Centner Rohtabak betragen haben. Die Einfuhr befchränkt fich jedoch nicht durch-
gehends auf überfeeifche Tabake, da namentlich in den letzten Jahren auch fehr
nahmhafte Mengen ungarifchen Blättertabakes in Deutfchland Eingang und viel-
feitige Verwendung fanden.
Im Jahre 1871/1872 wurden 12.913 Zollcentner Cigarren eingeführt, dagegen
136.042 Centner Cigarren ausgeführt.
Diefer namhafte Export Deutfchlands, namentlich an Cigarren, findet nicht
blofs nach den europäifchen Plätzen, fondern auch nach aufsereuropäifchen Ländern
ftatt. Bezüglich der in diefem Induftriezweige engagirten Fabriken und der durch
diefelben befchäftigten Arbeiter find feit dem Jahre 1861 keine Ermittelungen
angeftellt worden.
Im Jahre 1867 beftanden in Deutfchland fchon an 4000 Tabakfabriken,
deren Zahl inzwifchen erheblich geftiegen ift, fo dafs diefelbe heute zwifchen
5000—6000 fchwanken dürfte.
Auf der Ausftellung waren aufser den verfchiedenften Sorten von Rauch-,
Schnupf- und Kautabaken die Cigarren der verfchiedenften Namen und Fagon’s
dargeftellt, welche gröfstentheils nach den gangbaren Havannasorten imitirt find. Die
Cigarren zeichnen fich in der Mehrheit durch eine reine Fabrication und elegante
Ausftattung aus, und find theils mit columbinifcher, theils mit Java- und Sumatra-
decke verfehen.
Einige Fabrikanten, namentlich aus Bremen und Hamburg, brachten auch
Cigarren aus feinften Havannablättern zur Darftellung, welche in der Qualität
ganz vorzüglich find.
Aufserdem find die Cigarretten, welche in neuefter Zeit in Deutfchland einen
[ehr grofsen Abfatz finden, von Seite mehrerer Fabrikanten in gröfserem Umfange
zur Ausftellung gebracht worden, welche durchgehends fehr reine Arbeit zeigten.
An Rohftoffen ift noch die Ausftellung von Elfäffer und Pfälzer Tabakblättern
befonders zu erwähnen, welche in gröfserem Umfange zur Anfchauung gebracht find.
Sämmtliche Tabake aus Elfafs, Heffen, Baden und der Pfalz zeichnen fich
durch rationelle Behandlung und firenge Sortirung in Cigarren-Deckblatt, Spinn-
blatt, Schnupf- und Kau-Tabakblatt, dann in Schneidgut befonders aus, und find
die Blätter theils im ungeftrichenen, theils im aufgeftreiften und auch entrippten
Zuftande dargettellt.
Die Preife find mit 20— 28 Gulden öfterreichifcher Währung per Zoll-Centner
im unfermentirten Zuftande angegeben. Die gefammte Production an Rohtabak
betrug in Deutfchland im Jahre 1871— 1872 auf22.509 Hektaren 713.945 Zoll-Centner.
Holland
war fehr gut vertreten, theils durch eine grofse Expofition von Rohtabaken aus
den oftindifchen Befitzungen, dann von in Holland gezogenen Tabaken, theils
durch eine reiche Ausftellung von Fabricaten.
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