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96 Jakob Falke. Das deutfche, ruffifche und franzöfifche Glas.
ift hier eine ähnliche Uebertragung gefchehen, wie in der Goldfchmiedekunft,
Die Formen diefer Gefäfse find meift fteif und gradlinig, und auch dafür find die
Motive im Holz zu fuchen, in den hölzernen Gefäfsen, deren fich der ruffifche
Bauer bedient. Das Genre ift fomit wohl intereffant und beachtenswerth, aber
nicht allzu originell, noch befonders reizvoll.
Hat die ruffifche Fabrik von den alten orientalifchen Glasgefäfsen das
Motiv genommen, fo war das Intereffantefte, was Frankreich an Glas zur Wie-
ner Weltausftellung gefendet hatte, eine diredte, in den meiften Fällen ganz
genaue Copie derfelben. Diefe orientalifchen Glasgeräthe, meift Mofcheelampen,
feltener flafchenartige Gefäfse oder Schalen, find eine gefuchte, theuer bezahlte
Antiquität. Diefer Umftand hat einen Parifer Künftler, Brocard, veranlafst, fie
getreu nachzuahmen, und mit diefen Copien, die eine anfehnliche Vitrine füllten,
ift er auf unferer Weltausftellung erfchienen. Die Gegenftände find in verfchie-
dener Beziehung intereffant. Einmal bieten fie in der Genauigkeit des ftark erha-
benen Farbenauftrags technifche Schwierigkeit, welche von Brocard vortrefflich
überwunden erfcheint; fodann enthalten fie meift originelle und vorzügliche For-
men und Ornamentationen, die verwerthbar find, und drittens fieht der Kunft:
freund in ihnen genaue Copien feltener und zum Theil berühmter Gegenftände,
die ihm fonft, weil im Privatbefitz, nicht zu Geficht kommen würden. Augenblick-
lich ift das Hauptintereffe an diefen Gegenftänden noch das antiquarifche, aber
es’ift Ichon. öfter (z.B. bei den Fayencen) gefchehen, dafs das antiquarifche
Intereffe fich in ein eminent induftrielles verwandelt hat. Bei der Lebhaftigkeit,
mit welcher die Franzofen das Neue zu ergreifen pflegen, ift es auch hier
möglich.
Von den übrigen franzöfifchen Glasarbeiten wollen wir wenigftens noch
einer Specialität gedenken, der matt und farbig geätzten Glastafeln von J. Dop-
ter & Co. in Paris. Die Gefäfse in gefchliffenem Glafe der Verreries de la Loire
et du Rhöne zu Rive de Gien waren völlig unbedeutend, während St. Gobain
wenigftens gutes Kathedralglas für farbige Fenftergemälde gebracht hatte. Die
Luftres mit Kıyftallglas bei Barbedienne, deren wir fchon oben gedacht haben,
gehören m ehr in die Bronze-Induftrie, als in die Glasfabrikation, aber einige
Spiegel mit Rahmen erregten noch unfere Aufmerkfamkeit. Zwar gab es darunter
fehr Verfehltes, z. B. einen koloffalen Spiegel von Alexandre jeune in Paris,
deffen Rahmen ganz naturaliftifich von farbigem Glafe gebildet war, mit Palm-
zweigen, die frei heraustraten, und mit verfilberten Bronzefiguren dazwifchen, die
Luftres trugen.
Es war eine Monftrofität, wie fie zuweilen dem franzöfifchen Gefchmack
paffıiren kann. Dagegen hatte eine andere franzöfifche Firma, Loremy Gri-
fey & Co., einige Spiegel mit Glasrahmen ausgettellt, die, gleich ausgezeichnet
in Corftrudtion und Ornament, mit zu den reizendften Arbeiten auf der Austftel-
lung gehörten. In reiner Renaiffance gehalten, waren fie wieder ein Zeichen,
dafs auch auf diefem Gebiete die Franzofen zu einem edleren Gefchmack zurück-
kehren. Sie liefsen nur bedauern, dafs die franzöfifche Glasausftellung fo fehr
dürftig ausgefallen war und insbefondere im modernen Tafelgeräth auch gar
nichts geliefert hatte, was nur der Rede werth fich zeiste.
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