Papierinduftrie, 9
Locale ftehend, verfehen find und zum Theil gleichfam unbegrenzte Wafferkräfte
befitzen, während jene fchwedifchen Fabriken je über circa 1000 Pferde farke
Wafferkräfte disponiren.
Ein weiterer Fortfchritt in der Holzftoff-Fabrication, den Völter in die
Praxis eingeführt, it dasvon Oswald Meyh in Zwickau erfundene und ihm patentirte
Verfahren, das Holz vor dem Schleifen auf eine fehr einfache und wenig koft-
fpielige Weife zu präpariren, dafs es einen zwar braun gefärbten, aber viel fafer-
reicheren Stoff gibt, als der aus nicht präparirtem Holze ift, so dafs man daraus
ohne allen Zufatz von Hadern ein Papier von bemerkenswerther Zähigkeit erhält.
Seiner braunen Farbe wegen ift diefer Stoff jedoch nur zu Pappen, Einfchlag- und
ordinären Tapetenpapieren verwendbar. Das den Herren C. A. Specker und
Waisnix patentirte Holzftoff-Sortirungsverfahren,, mittelft gelochter, blecherner
Schüttelfiebe und mit Weglaffung des Raffineurs zu fortiren, war auf der Aus-
ftellung nicht vertreten und hat bisher nur wenig Anklang gefunden.
Die zur Erzeugung des Holzftoffes nöthigen Schleif- und Raffineurfteine
fpielen in diefer Induftrie eine wichtige Rolle, und erft feit kurzer Zeit befaffen
fich mehrere Mühlftein-Fabriken mit der Herftellung auch diefer Sorten. Die eigen-
thümliche Structur des hiezu nöthigen Materiales fand fich nicht überall, wo fonft
ganz brauchbare Mühlfteine gewonnen wurden. Sächfifche und fchweizer Steine
werden fogar noch heute nach Schweden und Norwegen exportirt.
Gebrüder Ifrael, Währing bei Wien, Wienerftrafse 3, hatten einige fehr
fchöne Exemplare von Defibreurs und Raffineurs exponirt.
Wir fchliefsen die Betrachtung der Holzftoff-Induftrie mit dem Ausdrucke
der Ueberzeugung, dafs diefer Papier-Rohftoff wegen feiner einfachen Erzeugung,
dem maffenhaften Vorkommen des Rohmateriales. und feiner Billigkeit einen
bleibenden Werth in der Reihe der Hadernfurrogate behaupten wird. Der Vorwurf,
dafs gefchliffener Holzftoff nur zu Mittelpapieren Verwendung finden kann, ift
allerdings unwiderlegbar, nichtsdeftoweniger ift er das einzige Hadern-Erfatz-
mittel, um diefe Gattung Papiere, welchen eine fo wichtige volkswirtfchaftliche
Bedeutung innewohnt, billig zu geftalten. Wir erinnern hiereinfach an das Zeitungs-
und Bücherpapier, deffen Billigkeit fo wefentlich zur allgemeinen Zugänglichkeit
wichtiger Bildungsmittel beiträgt.
Das Stroh. In den reifen Stengeln der Getreidearten ift nebft den
parallelen Fafern, woraus fie beftehen. hauptfächlich fogenannter Extradivftoff
und eine wachs- oder harzartige Subftanz enthalten. Wird das Stroh mit alkalifchen
Laugen auskocht, fo löfen fich jene fremden Stoffe auf, und die Halme erfcheinen
dann leicht in biegfame, feine Fafern zertheilbar, wonach fie zur Papierbereitung
tauglich find. Strohpapier wird in der That vielfach. theils mit, theils ohne Zufatz
von Hadern verfertigt; ganz dünnes und feines Strohpapier ift, als fehr durch-
[cheinend, zu Copirpapier tauglich, fteht aber an Haltbarkeit dem aus Flachs
bereiteten fehr nach.
Strohpapier und Papier, aus Hadern unterfcheiden fich in ihrer Textur und
[onftigen Befchaffenheit fehr wefentlich von einander. In dem zur Papierbereitung
erforderlichen Grade gemahlen, find nämlich, wie mikrofkopifche Unterfuchungen
n, die Strohfafern dünn, kurz und glatt, dagegen die Leinenfafern länger,
dicker und flockig. Leinen gibt ein weiches, nicht leicht brechendes, wenig
Feftigkeit gegen Zerreifsen durch Anfpannen, und wenig Klang befitzendes, im
Riffe faferiges Papier, während Strohpapier, ungerechnet feine ftark hellgelbe oder
bräunlich gelbe, felbft einer kräftigen Chlorbleiche nicht völlig weichende Farbe
ne.
die Eigenthümlichkeit zeigt, dafs es zwar fett, fteif, hart und klingend ift, aber beim
o°-
ammenfalten leicht bricht. und an geriffenen Rändern nicht faferig erfcheint.
Hadernpapier ift, wenn es nicht geleimt worden, mehr oder weniger
walfereinfaugend, Strohpapier aber dicht, fo dafs man ziemlich gut
chreiben kann, 2 [ ’apierforten können
als es geleimt ıft.