) Ignaz Nagel
aus, oder läfst fie Tinte fallen, fo ift fie für den Schreibenden zu elaftifch, oft
auch zu ftumpf. Es liegt ferner viel daran, ob die Feder fehr horizontal oder
{ehr aufrecht gehalten wird in welch’ erfterem Falle eine Feder mit abwärts
gebogenen, in letzterem eine Feder mit geradftehenden Spitzen gewählt werden
a ebenfo verhält es fich, ob an einem horizontalen Tifche oder an einem
fchrägen Pulte gefchrieben wird. Federn mit aufwärts ftehenden Spitzen taugen
in der Regel nicht viel.
Wie aus Obigem erfichtlich, erfordert die fragliche Fabrication viel Sorg
falt, tüchtig gefchulte Arbeiter und ganz befonders gut conftruirte Hilfsma ‚fchinen.
Diefs mag Auch die Urfache fein, wefshalb fich die Stahlfedern-Fabrication faft
nur auf Frankreich und England, und auch hier nur auf Birmingham befchränkt.
Deutfchland hat nur eine, Oefterreich ebenfalls eine, die übrigen europäifchen
Staaten haben unferes W iffens gar keine, Amerika foll zwei Stahl-Schreibfeder-
Fabriken haben.
Schwierig wie die Herftellung ift die Befriedigung der Anfprüche des
Publicums in diefem Artikel. Es exiftiren mindeftens taufend diverfe Nummern
derfelben, und auch diefe Zahl genügt noch nicht, um alle Wünfche zu erfüllen.
Als Fortfchritt mufs es bezeichnet werden, dafs die Fabrication diefen Wünfchen
Rechnung trägt. Federn für zarte und fchwere Hände, für fehr dünne, feine, wie
für rauhe, ftarke Papiere, fowie für Pappendeckel, für ee und Buch-
führung, für Rond und Schnellfchriften, für autograp hhifche und kalligr "aphifch
Arbeiten, für die feine, faft aller Schattenftriche entbehrende englifche und
amerikanifche , wie für die hebräifche und griechifche Scl hrift werden nun in allen
Härtegraden he ergeftellt.
Ebenfo irrige Meinungen wie über die Fabrication beftehen über die
Erfindung der Stahl-Schreibfedern. Sicher ift, dafs fie eine Erfindung unferes
Jahrhunderts, und dafs England ihre Urfprungftätte ift. Dafs James Perry, wie
bisher häufig behauptet worden, ihr Erfinder fei, wird nun allgemein beftritten.
Sorgfältige Recherchen, die wir in Birmingham ange eftellt, ergaben, dafs ein
Meffingarbeiter in Sheffield der Erfte war, w elcher auf dieIdee kam, Schreibfedern
aus Stahl zu machen, und dafs ein Spängler, Nemens Skipper in Sheffield, folche
Federn nachher in gröfseren Mengen verfertigte. Sein Sohn führte diefe Idee
weiter aus, und zwar, wie es in der L Quelle heifst, vor nahezu fünfzig
Jahren. Ein in Birmingham befchäftigter Stahlfeder-Arbeiter erinnert fich genau,
im Jahre ı816 in einer Hauptftrafse erksie: an einem Fenfter die Anzeige
gelefen zu haben: „Hier werden Stahlfedern zu fechs Pence das Stück reparirt.*“
In Birmingham war es ein gewiffer Spittle, der Stahlfedern, aber mit der Hand,
verfertigte. Nach ihm waren es die Brüder John & William Mitchell, die vor circa
fünfundvierzig Jahren Stahlfedern im Grofsen, d. h. mittelft Mafchinen fabricirten.
Später trat dann Perry, der 1830 ein an für die erfte Stahlfeder erhielt, und
dann Guillot auf, welch’ Letzterer die Fabrication bei Mitchell gelernt hatte.
Seit diefer Zeit haben fich in Basheken II Ban Fabriken etablirt,
die wochentlich circa 140.000 Grofs Stahlfedern erzeu . Eine der gröfsten und
leiftungsfähigften Fabriken ift jene von Jofef Gillo 2 Sons, deren Erzeug-
niffe der Lefer auf der Ausftellung gefehen , und wegen ihres höchft gefchmack-
vollen Arrangements, fowie wegen ihrer glänzenden Polituren bewundert haben
dürfte. Gillot erzeugt fehr folide Waare, und find deffen Buch-, Lithographie-,
und Autographiefedern befonders beliebt. Die ausgeftellten bunten und damascirten
Federn zeugen von vielem Gefchmack und von der Kunft, welch’ reizende Form
man der kleinen Feder zu verleihen vermag; einen praktifchen Nutzen haben
diefelben nicht.
C. Brandauer war der zweite Repräfentant der englifchen Stahl-Schreib
federn-Fabrikation auf der Ausftellung. Ein Deutfcher von. Geburt, koftete es
Brandauer viele Anftrengungen, um fich einen Gefchäftsboden und einen
Kundenkreis in England zu erkämpfen. Heute zählt die Firma zu den geachtetften,
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